SdG 07 - Das Haus der Ketten
am äußersten westlichen Rand der Senke in Bewegung setzte. »Sie werden nicht versuchen, uns von diesen Inseln zu vertreiben«, sagte er. »Warum sollten sie sich auch die Mühe machen, wo doch offensichtlich ist, dass die Mandata vorhat, uns genau in den Schoß des Feindes zu führen?«
Gamet konnte die Kritik und den Zweifel, die in Kenebs Worten mitschwangen, sehr wohl hören, und er wünschte, er könnte dem Mann etwas sagen, um ihn zu ermutigen und sein Vertrauen in Tavores Fähigkeiten, eine brauchbare Taktik zu entwickeln und umzusetzen, zu stärken. Doch selbst die Faust war unsicher. Auf dem Marsch von Aren hierher hatten sich keinerlei überraschende Beweise irgendeiner Genialität gezeigt. Tatsächlich waren sie so gerade wie ein Lanzenschaft nordwärts marschiert. Und worauf genau deutet das hin? Auf eine beispielhafte Zielstrebigkeit oder einen Mangel an Vorstellungskraft? Besteht dazwischen wirklich ein Unterschied, oder sind beide nur verschiedene Arten der Annäherung an die gleiche Sache? Und jetzt wurden die Soldaten aufgestellt, so unerschütterlich wie immer, um – wahrscheinlich bei Anbruch der Morgendämmerung des nächsten Tages – gegen den Feind und seine Bollwerke vorzurücken. Einen Feind, der klug genug gewesen war, für vereinzelte und schwierige Zugänge zu seinen Stellungen zu sorgen.
»Wir werden alle auf den Rampen da drüben sterben«, murmelte Keneb. »Korbolo Dom ist hierauf vorbereitet, wie es jeder fähige, im malazanischen Imperium ausgebildete Befehlshaber sein würde. Er will, dass wir dicht gedrängt und hangaufwärts kämpfen, unter einem endlosen Hagel von Pfeilen, Armbrustbolzen und anderen Geschossen, ganz zu schweigen von Zauberei. Seht doch nur, wie glatt die Oberfläche dieser Rampen ist, Faust. Wenn die Pflastersteine erst mal blutverschmiert sind, werden sie wie Schmiere unter unseren Füßen sein. Wir werden keinen Halt finden – «
»Ich bin nicht blind«, knurrte Gamet. »Und wir müssen davon ausgehen, dass die Mandata es auch nicht ist.«
Keneb warf dem älteren Mann einen Blick zu. »Es wäre einfacher, wenn wir in dieser Hinsicht eine kleine Bestätigung bekämen, Faust.«
»Heute Abend wird es eine Zusammenkunft der Offiziere geben«, erwiderte Gamet. »Und einen Glockenschlag vor der Morgendämmerung eine weitere.«
»Sie hat bereits über die Position unserer Legion entschieden«, sagte Keneb knirschend, lehnte sich im Sattel zur Seite und spuckte aus wie ein Einheimischer.
»Ja, das hat sie, Hauptmann.« Sie sollten die Rückzugswege bewachen – nicht die ihrer eigenen Streitkräfte, sondern diejenigen, die der Feind vielleicht benutzen würde. Eine voreilige Siegesgewissheit, die an Wahnsinn denken ließ. Sie waren zahlenmäßig unterlegen. Alle Vorteile lagen auf Sha’iks Seite, doch beinahe ein Drittel der Armee der Mandata würde nicht an der Schlacht teilnehmen. »Und die Mandata erwartet von uns, ihre Befehle unseren Fähigkeiten gemäß zu befolgen«, fügte Gamet hinzu.
»Wie sie befiehlt«, knurrte Keneb.
Staubwolken stiegen auf, während die Sappeure und Ingenieure an den Befestigungen und Rampen arbeiteten. Der Tag war glühend heiß, der Wind kaum mehr als ein sporadischer Hauch. Die Reiterkrieger der Khundryl, Seti und Wickaner blieben südlich der Koralleninseln, warteten darauf, dass eine Straße gebaut wurde, die ihnen Zugang zur Senke verschaffen würde. Selbst dann würde es nur wenig Raum für taktische Bewegungen geben. Gamet vermutete, dass Tavore die meisten von ihnen zurückhalten würde – die Senke war nicht groß genug für massive Kavallerie-Angriffe, und das galt für beide Seiten. Sha’iks eigene Wüstenkrieger würden höchstwahrscheinlich in Reserve gehalten werden, eine frische Truppe, um die Malazaner zu verfolgen, sollte der Angriff in sich zusammenbrechen. Die Khundryl wiederum können ihrerseits einen solchen Rückzug decken … oder auch eine wilde Flucht. Das wäre ein ziemlich schmachvolles Ende – die Überreste der malazanischen Armee jeweils zu zweit auf einem Khundryl-Pferd. Gamet verzog bei diesem Bild das Gesicht und verbannte es ärgerlich aus seinen Gedanken. »Die Mandata weiß, was sie tut«, erklärte er mit Nachdruck.
Keneb sagte nichts.
Ein Bote näherte sich zu Fuß. »Faust Gamet«, rief der Mann, »die Mandata wünscht Eure Anwesenheit.«
»Ich werde derweil ein Auge auf die Legion haben«, sagte Keneb.
Gamet nickte und wendete sein Pferd. Die Bewegung sorgte dafür, dass sich
Weitere Kostenlose Bücher