SdG 07 - Das Haus der Ketten
gebrochen habt.«
»Weder Monok Ochem noch Ibra Gholan werden dir auf diese wahre Feststellung antworten«, sagte Onrack. »Du hast allerdings Recht. Wir sind die ersten Gesetzesbrecher, und dass wir so lange überlebt haben, ist eine angemessene Strafe. Und daher bleibt uns nur die Hoffnung, dass die Beschwörerin uns die Absolution erteilen wird.«
»Glaube ist gefährlich«, seufzte Trull Sengar. »Und? Werden wir jetzt das Tor benutzen?«
Monok Ochem gestikulierte, und die Szenerie um sie herum verschwamm, das Licht verblasste.
Einen Augenblick, bevor vollkommene Dunkelheit herrschte, erregte ein leiser Schrei des Tiste Edur Onracks Aufmerksamkeit. Der Krieger drehte sich um und sah ein Dutzend Schritt entfernt eine Gestalt stehen. Groß, mit geschmeidigen Muskeln, mit einem schönen dunkelbraunen Fell und langen zottigen Haaren, die bis über die Schultern reichten. Eine Frau. Ihre Brüste waren groß und hängend, ihre Hüften breit und voll. Vorspringende Wangenknochen, ein breiter Mund mit vollen Lippen. All dies nahm er binnen eines Herzschlags wahr, während im gleichen Augenblick der Blick aus den dunkelbraunen Augen der Frau – die tief im Schatten der kräftigen Stirn lagen – über die drei T’lan Imass huschte und sich auf Trull Sengar richtete.
Sie machte einen Schritt auf den Tiste Edur zu; ihre Bewegung war dabei anmutig wie die eines Rehs -
Und dann verschwand das Licht ganz.
Onrack hörte einen weiteren überraschten Schrei Trull Sengars. Der T’lan Imass bewegte sich in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war, hielt dann inne, als seine Gedanken sich plötzlich zerstreuten und eine Flut von Bildern durch den Verstand des Kriegers wogte. Die Zeit faltete sich in sich selbst zusammen, sank weg, erhob sich erneut – Funken tanzten knapp über dem Boden, Zunder fing Feuer, Flammen flackerten auf.
Sie waren in der tiefen Spalte, standen auf ihrem verdreckten Grund. Onrack schaute sich nach Trull Sengar um und entdeckte den Tiste Edur ein halbes Dutzend Schritt entfernt mit dem Gesicht nach unten auf dem feuchten Felsen liegend.
Der T’lan Imass trat näher.
Der Sterbliche war bewusstlos. Sein Schoß war voller Blut, das in seinem Schritt eine kleine Pfütze bildete. Onrack konnte sehen, dass es abkühlte, was darauf hindeutete, dass es nicht von Trull Sengar stammte, sondern von der Eres, die … seinen Samen genommen hatte.
Seinen ersten Samen. Aber sie hatte nichts an sich gehabt, was darauf hingedeutet hätte, dass sie Jungfrau war. Ihre Brüste waren in der Vergangenheit unter dem Milchdrang angeschwollen, ihre Brustwarzen hatten den Hunger eines Säuglings gekannt. Das Blut ergab keinen Sinn.
Onrack kauerte sich neben Trull Sengar hin.
Und sah die frische Wunde unter seinem Bauchnabel, wo die Haut geritzt worden war. Drei parallele Schnitte, diagonal ausgeführt, und die blutfleckigen Abdrücke dreier weiterer Schnitte – wahrscheinlich derjenigen, die die Frau sich selbst zugefügt hatte –, die in die entgegengesetzte Richtung verliefen.
»Die Eres-Hexe hat seinen Samen gestohlen«, sagte Monok Ochem, der zwei Schritt entfernt stand.
»Warum?«, fragte Onrack.
»Das weiß ich nicht, Onrack der Zerbrochene. Die Eres haben den Verstand von Tieren – «
»Nicht um den Preis von allem andern«, erwiderte Onrack, »wie du sehr wohl weißt.«
»Vielleicht.«
»Diese hier hat offensichtlich eine bestimmte Absicht verfolgt.«
Monok Ochem nickte. »So sieht es aus. Warum ist der Tiste Edur noch immer bewusstlos?«
»Sein Geist ist woanders – «
Der Knochenwerfer legte den Kopf leicht schräg. »Ja, diesen Zustand bezeichnet man als bewusstlos – «
»Nein, er ist woanders. Als ich an ihn herangetreten bin, bin ich in Kontakt mit Zauberei geraten. Die die Eres ausgesandt hat. Da mir kein anderer Begriff dafür einfällt, nenne ich es ein Gewirr, kaum ausgebildet, an der Grenze zum Vergessen. Es war …«, Onrack zögerte einen Moment, ehe er weitersprach, »wie die Eres selbst. Ein Schimmer von Licht hinter den Augen.«
Ibra Gholan zog plötzlich seine Waffe.
Onrack richtete sich auf.
Jetzt waren Geräusche zu hören, die von außerhalb ihres vom Feuer beleuchteten direkten Umfelds herüberdrangen, und der T’lan Imass konnte das Schimmern von Körpern aus Fleisch und Blut sehen, ein Dutzend, dann zwei. Und noch etwas anderes tauchte auf, kam mit ungleichmäßigen, schlurfenden Schritten heran.
Einen Augenblick später trat ein Aptorian-Dämon ins Licht, eine
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