SdG 07 - Das Haus der Ketten
ab, und er konnte spüren, wie sein Herz im Gleichklang mit dieser Kadenz schlug. Ebbe und Flut. Die Raraku hat mehr Tränen verschlungen als man sich vorstellen kann. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Heilige Wüste weint. Ebbe und Flut, das Lied seines Blutes, und es lebte weiter.
Es lebt weiter.
Sie waren in die falsche Richtung geflohen. Das war verhängnisvoll, aber nicht überraschend. Die Nacht war ein einziges Schlachtfeld gewesen. Fayelle, die letzte Überlebende von Korbolo Doms Magier-Kader, ritt auf einem schäumenden Pferd in Begleitung von dreizehn Hundeschlächtern durch das Bett eines schon lange ausgetrockneten Flusses. Felsen und Uferböschungen ragten an beiden Seiten steil in die Höhe.
Sie und dreizehn übel zugerichtete, blutende Soldaten. Das war alles, was noch übrig war.
Der Zusammenprall mit Leoman hatte sich hervorragend angelassen, ein perfekter Hinterhalt. Und er wäre auch perfekt zu Ende gegangen.
Wenn die verdammten Geister nicht gewesen wären.
So hatte sich der Hinterhalt ins Gegenteil verkehrt und war zur Todesfalle geworden. Sie hatten noch Glück gehabt, dass sie mit dem Leben davongekommen waren, diese paar. Diese Letzten.
Fayelle wusste, was mit dem Rest von Korbolo Doms Armee geschehen war. Sie hatte gespürt, wie Henaras gestorben war. Und Kamist Reloe.
Und die Raraku war noch nicht mit ihnen fertig. Oh nein. Ganz und gar nicht.
Sie kamen an einen Hang, der aus dem Hohlweg herausführte.
Sie verspürte kaum Reue -
Armbrustbolzen surrten heran. Pferde wieherten, Soldaten schrien auf. Leichen fielen zu Boden. Ihr Pferd stolperte und rollte dann zur Seite. Sie hatte keine Zeit mehr, aus den Steigbügeln zu schlüpfen, und als das sterbende Tier sie unter sich begrub, riss das Gewicht ihr das Gelenk aus der Hüfte. Schmerzwogen durchbrandeten sie. Ihr linker Arm war unbeholfen unter ihr festgeklemmt, als ihr eigenes, nicht unbeträchtliches Gewicht auf den Boden prallte – und Knochen brachen.
Dann krachte sie mit der Seite ihres Kopfs gegen einen Felsen.
Fayelle versuchte mühsam, sich zu konzentrieren. Die Schmerzen flauten ab, entfernten sich. Sie hörte leise jemanden um Gnade betteln, hörte die Schreie verwundeter Soldaten, die erledigt wurden.
Dann fiel ein Schatten auf sie.
»Ich habe nach dir gesucht.«
Fayelle runzelte die Stirn. Das Gesicht, das über ihr schwebte, gehörte zu ihrer Vergangenheit. Die Wüste hatte es altern lassen, aber nichtsdestotrotz erinnerte es an das Gesicht eines Kindes. Oh, ihr Geister hienieden. Das Mädchen. Sünd. Meine alte … Schülerin …
Sie schaute zu, wie das Mädchen ein Messer hob, mit der Spitze nach unten, und es an ihren Hals setzte.
Fayelle lachte. »Na, mach schon, du kleines Scheusal. Ich werde am Tor des Vermummten auf dich warten … und ich werde nicht lange warten müssen – «
Das Messer durchtrennte Haut und Knorpel.
Fayelle starb.
Sünd richtete sich auf und drehte sich zu ihren Begleitern um, die alle damit beschäftigt waren, die noch lebenden Pferde einzufangen.
Sie waren nur noch sechzehn. Das Ashok-Regiment hatte harte Zeiten hinter sich. Durst und Hunger. Räuberische Stammeskrieger. Diese verdammte Wüste.
Sie betrachtete sie einen Augenblick, dann zog etwas anderes ihren Blick auf sich.
Im Norden.
Sie richtete sich langsam auf. »Strang.«
Der Sergeant drehte sich um. »Was – oh, Beru schütze uns!«
Der Horizont im Westen hatte sich verändert. Er war jetzt weiß eingefasst, und er wuchs in die Höhe.
»Jeweils zwei Mann auf ein Pferd!«, brüllte Strang. »Sofort!«
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Scherbe beugte sich zu ihr. »Du reitest mit mir.«
»Ebron!«
»Ich hab’s gehört«, erwiderte der Magier auf Strangs Gebrüll. »Und ich werde tun, was ich kann. Aber ich kann für nichts garantieren – diese Pferde sind völlig erschöpft – «
»Mach schon! Glocke, hilf Humpel auf das Pferd – er hat sich schon wieder das Knie ruiniert!«
Sünd warf einen letzten Blick auf Fayelles Leichnam. Sie hatte es also gewusst. Was kommen würde.
Ich sollte tanzen. Das blutige Messer fiel ihr aus der Hand.
Dann wurde sie grob gepackt und hinter Scherbe auf den Pferderücken gehoben.
Das Pferd riss den Kopf hoch; es erbebte unter ihnen.
»Hol uns die Königin«, zischte Scherbe. »Ebron hat diese Tiere mit Feuer erfüllt.«
Wir werden es brauchen.
Und jetzt konnten sie es hören – ein Tosen, das selbst die Mauer des Wirbelwinds in seiner höchsten Wut mit
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