SdG 08 - Kinder des Schattens
unergründlich war. Dass es sich erhoben hatte, um die Ankunft jener Wesen zu erwarten, die es für alle Ewigkeit in seinem Innern gefangen halten würde. Geschöpfe von tödlicher Macht.
Geschöpfe wie Silchas Ruin, den Wechselgänger aus dem Volk der Tiste Andii, den dritten und letzten der drei Söhne von Mutter Dunkel.
Und auf diese Weise würde auch der letzte würdige Gegner Scabandari Blutauges unter den Tiste aus dem Weg von geräumt werden.
Die drei Kinder von Mutter Dunkel.
Drei Namen …
Andarist, der als Reaktion auf einen unstillbaren Kummer seine Macht schon vor langer Zeit aufgegeben hat. Ohne zu wissen, dass die Hand, die ihm diesen Kummer zugefügt hatte, die meine war …
Anomandaris Irake, der mit seiner Mutter und seiner Art gebrochen hat. Der dann verschwunden ist, bevor ich mich um ihn kümmern konnte. Der verschwunden ist und vermutlich nie wieder auftauchen wird.
Und nun Silchas Ruin, der schon bald das ewige Gefängnis des Azath kennen lernen wird.
Scabandari Blutauge war erfreut. Für sein Volk. Für sich. Er würde diese Welt erobern. Nur die ersten Andii-Siedler konnten sich seinem Herrschaftsanspruch entgegenstellen.
Ein Kämpe der Tiste Andii in dieser Sphäre? Mir fällt keiner ein, keiner, der die Macht hätte, sich mir entgegenzustellen …
Es kam Scabandari Blutauge nicht in den Sinn, sich zu fragen, wo denn derjenige der drei Söhne von Mutter Dunkel, der verschwunden war, hingegangen sein mochte.
Doch das war nicht einmal sein größter Fehler …
Auf einer Gletscherberme im Norden begann der einsame Jaghut die Zauberei von Omtose Phellack zu weben. Er war Zeuge der Verwüstung gewesen, die die beiden Wechselgänger-Eleint und ihre Armeen angerichtet hatten. Er hatte nur wenig für die K’Chain Che’Malle übrig. Sie waren ohnehin im Aussterben begriffen, aus Myriaden von Gründen, von denen keiner den Jaghut allzu sehr beunruhigte. Genauso wenig wie ihm die Eindringlinge Sorgen machten. Er hatte schon vor langer Zeit die Fähigkeit verloren, sich Sorgen zu machen. Zusammen mit seiner Furcht. Und – wie er zugeben musste – dem Staunen.
Er hatte den Verrat gespürt und auch gefühlt, wie sich magische Energien in der Ferne entfaltet hatten und das Blut eines Aufgestiegenen vergossen worden war. Und jetzt waren die beiden Drachen zu einem geworden.
Typisch.
Und dann, kurze Zeit später, während einer Ruhepause zwischen den einzelnen Schritten seines Rituals, spürte er, wie sich ihm jemand von hinten näherte. Ein Älterer Gott, den der gewaltsam erschaffene Riss zwischen den Sphären auf den Plan gerufen hatte. Wie er es erwartet hatte. Aber … welcher Gott war es? K’rul? Draconus? Die Schwester der Kalten Nächte? Osserc? Kilmandaros?
Sechul Lath? Trotz all seiner einstudierten Gleichgültigkeit zwang ihn die Neugier schließlich doch, sich nach dem Neuankömmling umzudrehen.
Oh, unerwartet … aber interessant.
Mael, der Ältere Gott der Meere, war breit und untersetzt gebaut, mit tiefblauer Haut, die an der Kehle und seinem nackten Bauch zu einem hellen Goldton verblasste. Glattes, blondes Haar hing offen von seinem breiten, beinah schon flachen Schädel herab. Und Maels bernsteinfarbene Augen loderten voller Wut.
»Gothos«, sagte Mael krächzend, »was für ein Ritual vollziehst du da?«
Der Jaghut warf ihm einen finsteren Blick zu. »Sie haben eine Sauerei angerichtet. Ich habe vor, diesen Ort wieder zu säubern.«
»Mit Eis«, schnaubte der Ältere Gott. »Die Antwort der Jaghut auf alles.«
»Und wie würde deine Antwort aussehen, Mael? Eine Flut, oder … eine Flut?«
Der Ältere Gott schaute gen Süden. Seine Kiefermuskeln traten hervor. »Ich werde eine Verbündete haben. Kilmandaros. Sie kommt von der anderen Seite des Spalts.«
»Es ist nur noch ein Wechselgänger der Tiste übrig«, sagte Gothos. »Anscheinend hat er seinen Kameraden niedergestreckt und übergibt ihn wohl genau in diesem Augenblick dem Gewahrsam des Azath inmitten seines überfüllten Hofs.«
»Er ist voreilig. Glaubt er, die K’Chain Che’Malle sind die Einzigen in dieser Sphäre, die ihm Widerstand leisten können?«
Der Jaghut zuckte die Schultern. »Vermutlich.«
Mael schwieg einige Zeit. Schließlich seufzte er und sagte: »Zerstöre nicht all das hier mit deinem Eis, Gothos. Stattdessen bitte ich dich, es zu … erhalten.«
»Warum?«
»Ich habe meine Gründe.«
»Das freut mich für dich. Wie sehen sie aus?«
Der Ältere Gott warf ihm einen düsteren
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