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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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sei, so sagte sie mit einem schwachen Lächeln, ein Gebet an den Flüsterer der Illusionen. Was dem einen gegeben wurde, wurde schließlich immer einem anderen genommen. Ein Spiel, das mit zwei Händen gespielt wurde.
    »Hunh, hunh, hunh, hunh …«
    Er schüttelte sich. Seine nass geschwitzte Tunika brachte ihn zum Frösteln.
    Ein Ruf vom Meer her. Die K’orthan-Langboote kehrten zurück. Udinaas schritt über den Hof, auf das Haus der Sengars zu. Er sah Tomad Sengar und seine Frau Uruth herauskommen und fiel auf die Knie, presste die Stirn auf den Boden, bis sie vorüber waren. Dann stand er wieder auf und eilte in das Langhaus.
    Der kupferummantelte Leichnam würde in den ausgehöhlten Stamm eines Schwarzholzbaums gelegt, und die Enden würden mit Zedernholzscheiben versiegelt werden. In sechs Tagen – von heute an – würde der Stamm im Wald vergraben werden, in einem der geweihten Haine, von denen es ein gutes Dutzend gab. Bis zu jenem Augenblick würde die Totenklage nicht abreißen, bei der die Witwen sich darin abwechselten, die schrecklichen, dumpfen Laute hervorzubringen.
    Er begab sich zu der kleinen Nische, in der sein Lager auf ihn wartete. Die Langboote würden eines nach dem anderen im körnigen Dämmerlicht in den Kanal einfahren. Sie würden nicht versagt haben. Das taten sie nie. Die Mannschaften von neunzehn Letherii- Schiffen waren jetzt tot – dieses Mal brachten die Krieger keine Sklaven mit. Und auf beiden Seiten des Kanals standen die adligen Frauen und Väter und begrüßten die Heimkehrenden schweigend.
    Schweigend.
    Weil etwas Schreckliches geschehen ist.
    Er legte sich auf den Rücken, starrte zur schrägen Decke hoch und spürte, wie ihm etwas auf seltsame, zermürbende Weise die Kehle zuschnürte. Und während ihm das Blut in den Ohren rauschte, konnte er hinter seinem Herzschlag ein schwaches Echo hören. Einen doppelten Schlag. Hunh, Hunh, huh, huh. Hunh, hunh, huh, huh …
    Wer bist du? Worauf wartest du? Was hast du mit mir vor?
     
    Trull kletterte, den kalten Schaft seines Speers in der Rechten, auf die Anlegestelle; das mit Eisen ummantelte hintere Ende schlug Funken aus den Pflastersteinen, als er sich vom Rand des Kanals entfernte, um neben Forcht stehen zu bleiben. Ihnen gegenüber, aber immer noch fünf Schritte entfernt, standen Tomad und Uruth. Rhulad war nirgendwo zu sehen.
    Genauso wenig wie Mayen, wie ihm einen Moment später klar wurde.
    Ein Blick aus dem Augenwinkel verriet ihm, dass Forcht die Menge musterte, die ihnen ihr Willkommen entbot. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, doch er schritt auf Tomad zu.
    »Mayen ist mit den anderen Maiden im Wald«, sagte Tomad. »Sie sammeln Morok. Theradas und Midik und Rhulad sind zu ihrem Schutz mitgegangen.«
    »Mein Sohn.« Uruth trat näher an ihn heran, ihre Blicke glitten forschend über Forchts Gesicht. »Was hat er getan?«
    Forcht schüttelte den Kopf.
    »Sie sind ohne Ehre gestorben«, sagte Trull. »Wir konnten die Hand nicht sehen, die ihnen den Tod brachte, aber es war … ungeheuerlich.«
    »Und was ist mit ihrer Beute?«, fragte Tomad.
    »Die wurde mitgenommen, Vater. Von der gleichen Hand.«
    Uruths Augen blitzten ärgerlich auf. »Das war kein vollständiges Enthüllen von Emurlahn. Das war eine dämonische Beschwörung.«
    Trull runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, Mutter. Da waren Schatten …«
    »Und eine Dunkelheit«, unterbrach ihn Forcht. »Aus den Tiefen … Dunkelheit.«
    Sie verschränkte die Arme und wandte den Blick ab. Trull hatte Uruth noch niemals so beunruhigt gesehen.
    Und im Innern spürte er sein eigenes wachsendes Unbehagen. Volle drei Fünftel der Tiste Edur gebrauchten Zauberei, benutzten eines der unzähligen Bruchstücke des zerrissenen Gewirrs Kurald Emurlahn. Die Macht des Schattens entfaltete sich auf vielfältige Weise – und jede davon hatte einen eigenen Geschmack. Von Uruths Söhnen folgte nur Binadas dem Pfad der Zauberei. Dennoch hatten Forchts Worte Trull etwas erkennen lassen. Jeder Tiste Edur verstand schließlich die Seinen. Ganz egal, ob er selbst Magie gebrauchte oder nicht.
    »Mutter, Hannan Mosag hat für seine Zauberei nicht auf Kurald Emurlahn zurückgegriffen.« Er musste nicht in ihre Gesichter blicken, um zu begreifen, dass er der Letzte war, dem diese Tatsache klar geworden war. Er schnitt eine Grimasse. »Vergib mir meine dummen Worte …«
    »Dumm sind sie nur, wenn man sie laut ausspricht«, sagte Uruth. »Forcht, nimm Trull und Rhulad. Geht

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