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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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zugestimmt?
    Es hieß, dass bei den Letherii nur Gold allein zählte. Aber welches Wesen, das seine Sinne noch beisammen hatte, würde nach Reichtum streben, wenn das den sicheren Tod bedeutete? Die Letherii mussten gewusst haben, dass keine Flucht möglich sein würde. Andererseits – was wäre gewesen, wenn ich nicht zufällig über sie gestolpert wäre? Was, wenn ich mir nicht gerade den Calach-Strand ausgesucht hätte, um nach Jade zu suchen? Aber nein, jetzt war er derjenige, der arrogant war. Wenn nicht er, dann hätte ein anderer sie entdeckt. Die Tat wäre niemals unbemerkt geblieben. Das Verbrechen hatte niemals unbemerkt bleiben sollen.
    Er war ebenso verwirrt wie seine Kameraden. Etwas war hier … falsch. Sowohl mit den Letherii wie auch mit … uns. Mit Hannan Mosag. Unserem Hexenkönig.
    Unsere Schatten tanzen. Letherii und Edur tanzen sich durch ein Ritual – aber dies sind keine Tanzschritte, die ich kenne. Vater Schatten, vergib mir, aber ich habe Angst.
    Neunzehn Totenschiffe segelten gen Süden, während vier K’orthan-Langboote sich ostwärts bewegten. Vierhundert Edur-Krieger, die einmal mehr in unerbittlichem Schweigen durch das Wasser glitten.
     
    Es fiel den Sklaven zu, sich um die Vorbereitungen zu kümmern. Der Leichnam des Beneda wurde auf dem Fußboden eines großen, aus Stein erbauten Nebengebäudes der Zitadelle auf ein Bett aus Sand gelegt, damit er trocknen konnte.
    Die Augenhöhlen, die Ohren, die Nasenlöcher und der weit geöffnete Mund wurden gereinigt und mit flüssigem Wachs gefüllt. Die Stellen, an denen der Leichnam angenagt worden war, wurden mit einer Mischung aus Lehm und Öl verstopft.
    Unter der Aufsicht von sechs Edur-Witwen stellte man eine große flache Eisenschale in einen mit Kohlen gefüllten Graben, den man neben dem Leichnam ausgehoben hatte. Auf dieser Schale befanden sich Kupfermünzen, die knackten und pufften, als die Schwitzwassertröpfchen auf ihnen brodelten und zischten, um dann zu verschwinden.
    Udinaas kauerte neben dem Graben, weit genug entfernt, um sicherzustellen, dass sein Schweiß nicht auf die Münzen tropfte – eine Blasphemie, die augenblicklich den Tod des unachtsamen Sklaven zur Folge gehabt hätte –, und beobachtete die Münzen, schaute zu, wie sie immer dunkler wurden, bis sie schließlich rauchschwarz waren. Dann, als der erste glühende Punkt im Zentrum der Münzen auftauchte, benutzte er eine Zange, um sie von der Schale zu nehmen und auf eine Reihe von Platten aus gebranntem Ton zu legen, die – jeweils eine vor jeder Witwe – nebeneinander standen.
    Die Witwe, die vor der Platte kniete, nahm mit einer zierlicheren Zange die Münze auf, drehte sich um und beugte sich über den Leichnam.
    Die erste Münze kam in die linke Augenhöhle. Ein knisterndes Zischen war zu hören; Rauchfäden stiegen auf, als die Frau die Münze mit der Zange nach unten drückte, um sie an Ort und Stelle zu halten, bis sie sich mit dem Fleisch verbunden hatte und nicht mehr ohne weiteres wieder entfernt werden konnte. Dann folgte die rechte Augenhöhle. Danach die Nase, dann die Stirn und die Wangen, wobei jede Münze die angrenzenden berührte.
    Nachdem sie mit der Vorderseite und den Seiten des Leichnams einschließlich aller Gliedmaßen fertig waren, wurde flüssiges Wachs über den mit Münzen ummantelten Körper gegossen. Und nachdem das Wachs abgekühlt war, drehte man den Leichnam um. Noch mehr Münzen, bis der ganze Körper – mit Ausnahme der Fußsohlen und der Handteller – bedeckt war. Dann folgte eine weitere Schicht flüssiges Wachs.
    Das Ummanteln des Leichnams dauerte fast einen ganzen Tag, und die Abenddämmerung war nicht mehr fern, als Udinaas endlich aus dem Nebengebäude stolperte und mit gesenktem Kopf stehen blieb, während die kühle Luft an seiner schweißnassen Haut zupfte. Er spuckte aus, in dem Versuch, den fauligen Geschmack in seinem Mund loszuwerden. Die stickige Luft in den überhitzten Räumen des Nebengebäudes stank nach verbranntem, verwesendem Fleisch und verschmorten Haaren. Auch noch so viel Duftöl und langes Scheuern konnte nicht vertreiben, was in seine Poren gesickert war. Es würde Tage dauern, bis Udinaas diesen widerlichen, schrecklichen Geschmack los war.
    Er starrte auf den Boden zwischen seinen Füßen. Seine Schulter schmerzte noch immer von der Zwangsheilung, die Uruth an ihm vorgenommen hatte. Seit damals hatte er keine Gelegenheit mehr gehabt, mit Federhexe zu sprechen.
    Seinen Herren hatte er nichts

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