SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
vereint.
»Wir können noch nicht alle Aspekte dieses Weges erkennen«, sagte die fünfte Priesterin, »und was das angeht, dürfen unsere abwesenden Verwandten in ihrem Bemühen nicht nachlassen. Schattenthron kann nicht – darf nicht – unterschätzt werden. Er weiß zu viel. Über die Azath. Und vielleicht auch über uns. Noch ist er nicht unser Feind, doch das allein macht ihn längst nicht zu unserem Verbündeten. Er … stört. Und ich hätte gerne, dass wir ihn bei der nächstbesten Gelegenheit auslöschen, obwohl mir klar ist, dass ich mit meiner Ansicht zur Minderheit in unserem Kult gehöre. Doch wer ist sich der Sphäre des Schattens und ihres neuen Herrn mehr bewusst als ich? Im Namen des Meanas-Gewirrs beschwöre ich das Ritual der Befreiung.«
Und so kam es, dass Dejim die Macht seiner Schatten verstand, sieben hervorgebrachte Täuscher, seine lauernden Helfer bei der Jagd, die ihn am Leben hielt, die ihm so viel Vergnügen bereitete – viel mehr als das Gefühl eines gefüllten Bauchs und frischen, warmen Bluts in den Adern. Die Jagd brachte ihm … Herrschaft, und Herrschaft war wundervoll.
Jetzt sprach die sechste Namenlose; ihr Akzent war merkwürdig, jenseitig: »Alles, was sich in der Sphäre der Sterblichen entfaltet, formt den Boden, auf dem die Götter wandeln. Und so sind sie sich ihrer Schritte niemals sicher. Uns fällt es zu, jene Stellen vorzubereiten, auf die sie ihre Füße setzen, die tiefen, tödlichen Gruben zu graben, die Fallen und Schlingen, die von den Namenlosen geformt werden, denn wir sind die Hände der Azath, wir sind diejenigen, die dem Willen der Azath Gestalt verleihen. Es ist unsere Aufgabe, alles zusammenzuhalten, zu heilen, was auseinandergerissen wurde, und unsere Feinde zur Vernichtung oder in die ewige Gefangenschaft zu führen. Wir werden nicht versagen. Ich berufe mich auf die Macht des Zerschmetterten Gewirrs Kurald Emurlahn und beschwöre das Ritual der Befreiung.«
Es gab bevorzugte Pfade durch die Welt, Splitterpfade, und Dejim hatte sie einst häufig benutzt. Er würde es wieder tun. Bald.
»Barghast, Trell, Tartheno Toblakai«, sagte der siebte Priester mit grollender Stimme, »in ihnen hat das Blut der Imass überlebt, gleichgültig, für wie rein sie sich halten. Solche Behauptungen sind Erfindungen, doch Erfindungen haben einen Zweck. Sie machen Unterscheidungen geltend, sie ändern den Pfad, der zuvor beschritten wurde, und den, der noch kommt. Sie formen in allen Kriegen die Symbole auf den Bannern und rechtfertigten das Gemetzel. Sie sollen zweckdienlichen Lügen Geltung verschaffen. Beim Tellann-Gewirr beschwöre ich das Ritual der Befreiung.«
Feuer im Herzen, ein plötzliches Summen von Leben. Kaltes Fleisch wurde warm.
»Gefrorene Welten verbergen sich in der Dunkelheit«, erklang die krächzende Stimme des achten Priesters, »und bewahren so das Geheimnis des Todes. Das Geheimnis ist außerordentlich. Der Tod kommt als Wissen. Erkenntnis, Verständnis, Akzeptanz. Das ist er, nicht mehr und nicht weniger. Es wird eine Zeit kommen, die vielleicht gar nicht mehr so fern liegt, da der Tod sein eigenes Antlitz in einer Vielzahl von Facetten erkennt, und etwas Neues wird geboren werden. Im Namen des Gewirrs des Vermummten beschwöre ich das Ritual der Befreiung.«
Der Tod. Er war ihm vom Herrn der Dunklen Hunde gestohlen worden. Er war vielleicht etwas, nach dem man sich sehnen konnte. Aber jetzt noch nicht.
Der neunte Priester lachte leise und fröhlich, ehe er sagte: »Wo alles begann, dorthin wird am Ende alles zurückkehren. Im Namen des Gewirrs der Wahren Dunkelheit, im Namen Kurald Galains beschwöre ich das Ritual der Befreiung.«
»Und bei der Macht von Rashan«, zischte der zehnte Namenlose ungeduldig, »beschwöre ich das Ritual der Befreiung.«
Der neunte Priester lachte erneut.
»Die Sterne kreisen«, sagte der elfte Namenlose, »und so keimt Spannung auf. Es hegt Gerechtigkeit in allem, was wir tun. Im Namen des Thyrllann-Gewirrs beschwöre ich das Ritual der Befreiung.«
Sie warteten. Darauf, dass die zwölfte Namenlose sprechen würde. Doch sie sagte nichts, streckte stattdessen eine schlanke, rostrot geschuppte Hand aus, die alles andere als menschlich war.
Und Dejim Nebrahl spürte eine Präsenz. Eine kalte, brutale Intelligenz sickerte von oben herab, und der Vielwandler bekam plötzlich Angst.
»Kannst du mich hören, T’rolbarahl?« Ja.
»Wir werden dich befreien, aber du musst für deine Befreiung bezahlen. Wenn
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