SdG 12 - Der Goldene Herrscher
einzigen Worte, die der Imperator hören sollte, sollten die des Kanzlers sein. Bereite eine Akte über die Erste Konkubine vor, Tanal.« Er blickte wieder auf. »Du begreifst doch wohl, dass die Gelegenheit, die Gelehrte freizulassen, die du da tief unten angekettet hast, verstrichen ist? Jetzt gibt es keine andere Wahl mehr - sie muss verschwinden.«
Tanal Yathvanar nickte nur. Er war unfähig, etwas zu sagen.
»Ich erwähne dies deswegen ausdrücklich - und zwar mit einer gewissen Dringlichkeit -, weil du ihrer mittlerweile zweifellos müde geworden bist, und wenn nicht, dann hättest du es werden sollen. Ich vertraue darauf, dass du mich verstanden hast. Würde es dir nicht gefallen, sie durch die Erste Konkubine zu ersetzen?« Karos lächelte.
Tanal leckte sich die trockenen Lippen. »So eine Akte wird schwierig werden, Herr …«
»Sei kein Idiot. Arbeite mit den Agenten des Kanzlers zusammen. Wir sind in diesem Falle nicht an Tatsachen interessiert. Denk dir was aus, das wir gebrauchen können, um sie zu beschuldigen. Das sollte nicht allzu schwierig sein. Beim Abtrünnigen, darin haben wir doch mittlerweile jede Menge Übung.«
»Dennoch … vergebt mir, Herr, aber sie ist die einzige Geliebte des Imperators.«
»Du verstehst überhaupt nichts, stimmt’s? Sie ist nicht Rhulads erste Liebe. Nein, jene Frau - eine Edur - hat sich selbst getötet. Oh, vergiss die offizielle Version, ich habe Augenzeugenberichte über den tragischen Vorfall. Sie hat das Kind des Imperators getragen. Folglich hat sie ihn in jeder vorstellbaren Hinsicht verraten. Tanal, für Rhulad ist der Regenschauer gerade erst vorübergezogen, und auch wenn der Lehm unter seinen Füßen sich fest anfühlt, ist er in Wirklichkeit so dünn wie Papyrus. Bei der ersten Andeutung eines Verdachts wird Rhulad außer sich sein und toben - und wir werden uns glücklich schätzen, wenn wir ihm die Frau dann noch entreißen können. Entsprechend muss die Verhaftung im Palast durchgeführt werden, nicht vor aller Augen, sondern wenn die Erste Konkubine allein ist. Und anschließend muss sie unverzüglich hierhergebracht werden.«
»Glaubt Ihr nicht, dass der Imperator ihre Rückkehr verlangen wird?«
»Der Kanzler wird ihm natürlich davon abraten. Bitte, Tanal Yathvanar, überlasse die schwierigen Einzelheiten der menschlichen Natur - und der der Edur - denjenigen von uns, die sie voll und ganz durchschauen. Keine Angst, du wirst die Frau bekommen. Und kannst dann mit ihr tun, was dir beliebt - wenn wir erst einmal ihr Geständnis haben, heißt das. Blutend und mit blauen Flecken übersät - hast du sie so nicht am liebsten? Und jetzt geh. Ich glaube, ich habe eine Lösung für dieses Ding gefunden.«
Tanal Yathvanar blieb einige Zeit vor der geschlossenen Tür stehen und versuchte, sein hämmerndes Herz zu beruhigen. Seine Gedanken rasten. Janath Anar umbringen? Sie verschwinden lassen wie all die anderen? Um die Krabben am Grund des Flusses zu mästen? Oh, beim Abtrünnigen, ich weiß nicht… ob … ich weiß nicht…
Durch die Tür von Karos Invictads Arbeitszimmer drang ein verärgertes und enttäuschtes Knurren.
Seltsamerweise erheiterte ihn das Geräusch. Ja, du gewaltiger Verstand, er hat dich wieder einmal besiegt. Dieser zweiköpfige Alptraum im Kleinformat. Trotz all deiner stolzen Träumereien über deine Genialität verwirrt dich dieses Rätsel. Vielleicht ist die Welt ja doch nicht so, wie du sie gerne hättest, Beaufsichtiger - nicht so klar, nicht so perfekt dazu entworfen, deine Vorherrschaft willkommen zu heißen.
Er zwang sich, loszugehen, den Weg durch die Halle zu nehmen. Nein, er würde Janath Anar nicht töten. Er liebte sie. Karos Invictad liebte nur sich selbst - das war vermutlich schon immer so gewesen, dachte Tanal, und würde sich auch nicht mehr ändern. Der Beaufsichtiger verstand nichts von der menschlichen Natur, ganz egal, wie sehr er sich in dieser Hinsicht selbst etwas vormachte. Tatsächlich hatte Karos sich durch den gleichgültig vorgetragenen Befehl, sie zu töten, verraten. Beaufsichtiger, das ist meine Offenbarung. Ich bin klüger als du. Ich bin dir in allen Dingen, die wirklich wichtig sind, überlegen. Du und deine Macht - das ist alles nur ein Ersatz für das, was du von der Welt nicht verstehst, für die Leere in deiner Seele, wo eigentlich Mitgefühl hingehört. Mitgefühl- und die Liebe, die man für einen anderen Menschen empfinden kann.
Er würde es ihr sagen. Jetzt gleich. Er würde ihr die
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