Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
Tiefe seiner Gefühle gestehen, und dann würde er sie von ihren Ketten befreien, und sie würden fliehen. Aus Letheras. Irgendwohin, außerhalb der Reichweite der Patriotisten. Gemeinsam würden sie ein neues Leben beginnen.
    Er hastete die feuchten, ausgetretenen Stufen hinunter, außer Sichtweite von allen, hinab in seine eigene, geheime Welt. Wo seine Liebe auf ihn wartete.
    Der Beaufsichtiger konnte nicht überallhin reichen - was Tanal in Kürze beweisen würde.
    Hinab durch die Dunkelheit, wo mittlerweile alles so vertraut war, dass er keine Laterne mehr brauchte. Wo er herrschte, und nicht Karos Invictad. Nein, hier nicht. Deswegen griff der Beaufsichtiger ihn wieder und wieder an, mit immer der gleichen Waffe, der stillschweigenden Drohung, ihn bloßzustellen, Tanal Yathvanars guten Namen zu verleumden. Aber alle diese Verbrechen hatte Karos Invictad begangen. Man stelle sich nur die Gegenklagen vor, die Tanal gegen ihn erheben könnte, sollte es notwendig werden - er hatte Abschriften von Berichten, er wusste, wo alle Geheimnisse vergraben waren. Die Listen der blutbefleckten Reichtümer, die der Beaufsichtiger von den Anwesen seiner Opfer zusammengerafft hatte - Tanal wusste, wo diese Aufzeichnungen aufbewahrt wurden. Und was die Leichen derjenigen anging, die verschwunden waren …
    Als er an der verriegelten Tür zur Folterkammer ankam, holte er die Laterne herunter, die er auf einem Sims zurückgelassen hatte, und nach einigen vergeblichen Versuchen gelang es ihm, den Docht zu entzünden. Er entfernte den schweren Riegel und stieß die dicke Tür mit einer Hand auf.
    »So schnell zurück?« Die Stimme war ein raues Krächzen.
    Tanal trat in den Raum. »Ihr habt Euch wieder besudelt. Aber das macht nichts - dies ist das letzte Mal, Janath Anar.«
    »Dann bist du also gekommen, um mich zu töten. So sei es. Du hättest es schon lange tun müssen. Ich freue mich darauf, diesen gebrochenen Körper zu verlassen. Du kannst keinen Geist in Ketten legen. Und so wird mein Tod dich zum Gefangenen machen. Du wirst derjenige sein, der gequält wird. Denn solange du lebst - und ich hoffe, das wird lange sein -, werde ich dir ins Ohr flüstern …« Ein Hustenanfall unterbrach sie.
    Er trat näher, fühlte sich innerlich leer, durch die Heftigkeit ihrer Worte all seiner Entschlossenheit beraubt.
    Die Fuß- und Handschellen schienen Blut zu weinen - sie hatte wieder gegen ihre Fesseln gekämpft. Sie träumt davon, mich zu quälen, mich zu vernichten. Inwiefern ist sie also anders? Wie konnte ich erwarten, dass sie anders sein würde? »Schaut Euch an«, sagte er leise. »An Euch ist nichts Menschliches mehr - achtet Ihr nicht auf Eure Erscheinung, darauf, wie Ihr von mir gesehen werden wollt, wenn ich herkomme?«
    »Du hast recht«, sagte sie heiser. »Ich hätte warten sollen, bis du da bist, bis du dicht bei mir bist. Um mich dann auf dich zu entleeren. Tunnit leid. Ich fürchte, meine Gedärme sind momentan in einem schlechten Zustand - die Muskeln werden unweigerlich schwächer.«
    »Ihr werdet mich nicht quälen, Frau, dazu ist Eure Seele zu nutzlos - der Abgrund wird sie fortreißen, dessen bin ich mir sicher. Außerdem habe ich gar nicht vor, Euch so bald zu töten …«
    »Ich glaube nicht, dass das jetzt noch von dir abhängt, Tanal Yathvanar.«
    »Alles hängt von mir ab!«, kreischte er. »Alles!«
    Er trat an sie heran und fing an, erst ihre Arme und dann ihre Beine loszumachen. Noch ehe er ihr zweites Handgelenk befreit hatte, verlor sie das Bewusstsein und sank auf eine Weise in sich zusammen, dass sie sich fast die Beine gebrochen hätte, bevor er ihre aufgescheuerten Knöchel von den Fesseln befreien konnte.
    Sie wog so gut wie nichts, daher konnte er sich rasch bewegen, etwa zwanzig Stufen nach oben, bis er zu einem Seitengang kam. Der glitschige, gepflasterte Fußboden, auf dem er nun breitbeinig dahinschritt - über einer Schulter die Frau, in der anderen Hand die Laterne - fiel leicht ab. Ratten huschten vor ihm davon, flohen an die Ränder, wo das unaufhörlich fließende Wasser sich tiefe, schmale Rinnen gegraben hatte.
    Schließlich wurden die dunklen Tropfen, die bislang von der geschwungenen Decke getröpfelt waren, zu einem echten Regen. Die Tröpfchen ließen Janath für kurze Zeit das Bewusstsein wiedererlangen - gerade lange genug für ein Stöhnen und einen Hustenanfall, der ein halbes Dutzend Schritte lang währte. Er war dankbar, als sie wieder in Ohnmacht fiel und das klägliche

Weitere Kostenlose Bücher