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Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Titel: Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann
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mich triumphierend an.
    »Versteh ich nicht«, sagte ich. »Was war das jetzt?«
    »Wienerisch. Urwienerisch, Qualtinger. Kennst du, oder?«
    Nein, kannte ich nicht. Ich kannte überhaupt wenig, ich war schlecht vorbereitet auf Wien. Ich wusste nichts über sächliches Cola und nichts über Qualtinger, aber ich wusste, dass das, was Hartmut da gesprochen hatte, irgendwas war, aber kein Wienerisch. Ich war erst kurz hier und hatte auch noch nicht bewusst Wiener oder Wienerinnen belauscht, meine rheinischen Ohren noch nicht auf die neue Frequenz eingestellt, trotzdem, das, was Hartmut da geredet hatte, schien mir eher Sächsisch als Wienerisch zu sein.
    »War das jetzt Sächsisch, Hartmut?«
    Sein Kinn pulsierte dunkelrot. »Was? Bist du bescheuert, oder was? Das war Wienerisch.«
    »Aha, das war Wienerisch. Entschuldigung« – ich tippte der Rothaarigen an die Schulter –, »entschuldige, kommst du aus Wien?«
    »Ja, wieso?« Sie trank Schnaps, das gefiel mir gut. Eine Frau mit einem Schnaps.
    »Kennst du einen gewissen Quartinger?«
    »Qualtinger, Mensch! Helmut Qualtinger! Das gibt’s doch nicht, den wirst du doch kennen, hast du bis jetzt im Keller gelebt, oder was? Ein Kabarettist ist das, so ein ganz Dicker mit Bart, hast du nicht diesen Mittelalterfilm gesehen? Da hat der mitgespielt, in der Rose, im Namen, da war der ein Mönch, musste doch kennen!«
    »Ja und?«
    Die Rothaarige machte einen sehr gelangweilten Eindruck. Sie trank den Schnaps aus und nahm sich vom Tisch einen zweiten. Weil ich ihr auf das Glas schaute, sagte sie: »Holunderschnaps. Aus dem Burgenland. Was ist jetzt mit dem Qualtinger?«
    »Mein Kollege hier kann den gut nachmachen. Hartmut, mach doch mal.«
    »Was soll das denn jetzt? Ich bin doch hier keine Nummer, oder was?«
    »Weißt du«, sagte ich an die Rothaarige gewandt, »er kann total toll Wienerisch. So von wegen Cola und Radio und Trabitschek.«
    »Travnicek?«, fragte sie.
    Ich sah, wie der Gastgeber drei neue Flaschen Rotwein auf den Getränketisch stellte.
    »Ja, kann der total gut, wart mal, ich hol mir nur schnell eine Flasche von der Rotwein.«
    Bis ich in dieser Riesenwohnung bei dem Tisch angelangt war, waren alle drei Flaschen bereits leer. Unglaublich, wie schnell die hier alle trinken können, dachte ich und nahm stattdessen eine schmale Flasche Birnenschnaps mit, die auch einen Korken hatte, also irgendwie mit dem Rotwein verwandt war. Als ich wieder bei Hartmut und der Rothaarigen angekommen war, goss ich ihr Glas voll. Mein leeres Weißweinglas füllte ich auch randvoll an.
    »Und? Hat er jetzt schon den Qualtinger gemacht? Er kann den wirklich unglaublich gut.«
    »Ich dachte, du kennst den überhaupt nicht? Woher weißt du dann, ob er den gut nachmachen kann?«
    »Das spür ich«, sagte ich und nahm einen Schluck. »Komm, Hartmut.«
    Hartmut lächelte. »Ich weiß nicht … ich bin ja jetzt kein Imitator oder so.«
    »Was ist jetzt, machst du’s jetzt oder net!« Die Rothaarige trank ihr Glas aus und hielt es mir hin. Schnaps war weiblich, so viel war klar.
    »Klar macht er das – Hartmut, los!«
    Die verschlafene Blonde und der Allen-Hüne sahen jetzt auch interessiert zu.
    Endlich begann Hartmut mit den Vorbereitungen. Erneut streckte er sein Kinn in die Höhe und stand da wie eine eitrige Abschussrampe. Er räusperte sich und legte los:
    »Was wollens trinken? – Ein Viertel. – Rot oder weiß? – Hams schon mal an roten Sliwowitz gsehen?«
    Die Pause, die nun entstand, war eigentlich für den Applaus oder das Gelächter vorgesehen. So hatte sich Hartmut das wahrscheinlich gedacht. Aber die Pause blieb Pause, bis der Woody-Allen-Hüne langsam zu sprechen begann.
    »Das war der gschissenste Qualtinger, den ich je ghört hab.«
    Weil er so langsam sprach, war die Wirkung seiner Kritik umso heftiger. Und er hatte recht. Es klang, als würde Willy Millowitsch André Heller nachmachen oder Didi Hallervorden Bruno Kreisky.
    Die Rothaarige nahm sich selber einen Nachschlag vom Birnenschnaps und trank ihr Glas sofort wieder leer, als ob sie das Gehörte runterspülen müsste. »Pfoah, wannst einen Rat willst, lass es, red, wies’d redst in Nordrhein-West-Bochum, aber vergiss es mit dem Wienerischen. Prost!« Und wieder goss sie sich ein. Sie hielt mir die Flasche hin, aber ich deutete auf mein Weinglas, das noch immer voll war.
    »A Viertel Sliwowitz? Du gfallst mer«, sagte sie und kippte nach hinten um. Ich kümmerte mich um sie, und jetzt war mir das

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