Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
Mal fühlte sie das zarte Band der Liebe zwischen sich und ihren Eltern.
Doch auch Mia fühlte eine Veränderung in sich. Ihr fehlte jegliche Lust zur Rebellion.
Nachdenklich stieg sie auf ihr Fahrrad und fuhr los. Es gab da noch etwas, das geklärt werden musste.
Aleksander…
Sie musste zu ihm!
Und sie hatte da so eine Ahnung, wo er zu finden sein könnte.
Nach einer kurzen Fahrt lenkte Mia ihr Fahrrad auf den Bürgersteig und ließ es über die breite Holzbrücke rollen. Die Lücken zwischen den einzelnen Bohlen ließen das Fahrrad ziemlich ruckeln und Mia wurde ordentlich durchgeschüttelt. Auf der anderen Seite angekommen, kettete Mia ihr Fahrrad an einen kleinen Baum und ging los. Vor ihr erstreckte sich der riesige Stadtpark. Es waren nicht viele Leute hier. Und als ein dunkles Grollen vom Himmel ertönte und die ersten Regentropfen fielen, suchten auch diese schnell das Weite. Ein kritischer Blick nach oben verriet ihr, dass sich die einzelnen Tröpfchen bald zu einem ausgewachsenen Regenschauer verdichten würden.
Mia ging einen Schritt schneller. Sie hoffte, es würde nicht bei dem Versuch bleiben, Aleksander zu finden. Sie kannte ihn zu kurz, um zu wissen, welche Orte er in Schwarzendorf sonst noch bevorzugte.
Wenn er überhaupt noch hier ist.
Doch bei ihrer zweiten Begegnung in der kleinen Bucht hier im Park hatte er ihr wahrscheinlich eher unfreiwillig erzählt, dass dies hier sein Rückzugsort sei. Und was, wenn nicht sich zurückziehen und in sich gehen, sollte er angesichts des Erlebten von gestern Nacht sonst vorhaben.
Rechts von Mia erhob sich das steinerne, heruntergekommene Häuschen, in dem sie die beiden Le Vrai Brüder entdeckt hatte, als sie eben im Begriff gewesen waren, die Seelen von unschuldigen Mädchen ihrem Vater zu opfern.
Automatisch begannen Mias Hände und Beine zu zittern. Eiskalt lief es ihr über den Rücken und ihr Puls schlug doppelt so schnell. Eine heftige Windböe fuhr ihr ins Gesicht und ließ ihr Haar fliegen. In der Nähe schrie ein Käuzchen. Gleißend helle Blitze zuckten am Himmel und malten schaurige Lichter auf die Erde.
Gehetzt schaute Mia um sich. Sollte tatsächlich noch einmal alles von vorne beginnen?
Die Angst verlieh ihr Flügel. Sie hetzte über den Sandweg in Richtung Bucht und hoffte von Herzen, dort auf Aleksander zu treffen.
Atemlos und erschöpft bog sie um die Büsche und sah den, auf den sie zu hoffen gewagt hatte.
Aleksander saß auf dem eingelassenen Brett der steinernen Mauer. Die Beine bis zum Kinn angezogen, starrte er auf das Wasser der Neisse. Die Regentropfen, die ihm auf Haar und Schulter fielen, schien er gar nicht zu bemerken.
Mia blieb schwer keuchend stehen, rang nach Atem und räusperte sich.
Aleksanders Kopf fuhr herum und er riss erstaunt die Augen auf.
Er schoss in die Höhe und kam mit eiligen Schritten auf sie zu.
»Mia.«
Seine Stimme schwankte zwischen Unsicherheit, Verwunderung und Freude.
Er hob die Hände und für einen kurzen Augenblick schien es so, als wolle er sie in seine Arme ziehen. Doch dann hielt er inne und ließ seine Arme sinken. Mia wusste nicht recht, was sie davon halten sollte. Ging es Aleksander genauso wie ihr? Ihr, die hin und hergerissen war zwischen dem, was ihr Herz ihr sagte und der Verstand ihr riet.
»Iiich mmmusste dddich einfach sehen«, stotterte Mia unbeholfen drauf los.
Aleksander presste die Lippen aufeinander. »Ich weiß nur nicht, ob ich mich nun darüber freuen kann oder nicht. Es kommt ganz drauf an, aus welchem Grund du hier bist.«
Mia seufzte, ging an dem Le Vrai Zwilling vorbei und setzte sich auf die Bank.
»Das Problem ist, ich weiß es selbst nicht so genau.«
Der Regen hatte sich mittlerweile verdichtet und fiel in feinen Fäden vom Himmel herab.
»Dann gehe ich jetzt einfach mal das Risiko ein und freue mich unvoreingenommen, dass du da bist«, sagte Aleksander und lächelte.
Aleksanders anziehendes Lächeln führte dazu, dass es Mia trotz des Regens mit einem Mal ziemlich warm wurde.
Doch in diesem Augenblick öffnete der Himmel seine Pforten und es begann wie aus Eimern zu gießen.
Als Mia sich dennoch nicht bewegte, ergriff Aleksander ihre Hand und zog sie mit sich.
»Komm, ich glaube, im Trockenen lässt es sich leichter reden. Außerdem will ich nicht dafür verantwortlich sein, wenn du morgen eine höllische Erkältung hast.«
Bei der Erwähnung des Wortes »höllisch« zuckte Mia leicht zusammen. Sofort waren die
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