Seelenfinder
Rita H. Naumann
S EELENFINDER
Sciene-Fiction
„Ihr Name ist Fanny Bergholz, glaub’ nicht, dass ich sie abwimmeln kann. Sie tritt sehr selbstsicher auf.“ Die blonde Jana zwinkerte ihrem Chef zu. Es war ein kurzes, ziemlich hinterhältiges Zwinkern.
„Übrigens, Doktor Dornbusch, sie ist total Ihr Typ.“
Markus Dornbusch dachte, dass es sich bei der Frau wahrscheinlich um eine Neueinsteigerin handelte und als solche fiel sie in sein Ressort. Beim Xirk u la-Verlag musste sich Bert Drexel, sein Partner, mit den Autoren abplagen, während es Dornbuschs Aufgabe war, sich mit den Neuankömmlingen zu befassen. Seine Tätigkeit war bei Weitem die anstrengendere. Dazu gehörte auch, dass er immer glaubwürdige Antworten und Ausreden auf so blödsi n nige Fragen wie: ‚Wollen Sie mir bitte erklären, wieso Sie mein Skript nicht drucken wollen. Es ist nicht schlechter als das von dem und dem . `
„Also, gut, Jana, bringen Sie Frau Bergholz in den Konferenzraum.
Als die Tür sich öffnete, stand er auf, lächelte zuvorkommend, streckte seine Hand aus und sagte: „ Doktor Markus Dornbusch. Ich freue mich, Sie kennenzulernen . Es ist mir immer ein besonderes Vergnügen, eine neue A u torin hie r zu begrüßen. Was haben Sie auf dem Herzen?“
Fanny Bergholz ignorierte die ausgestreckte Hand. Sie ging an ihn vorbei direkt zum Fenster, starrte hinunter auf den Verkehr der Hauptstraße.
Jana hatte in einem Punkt recht. Fanny Bergholz war sein Typ. Sie hatte lockiges, rotbraunes Haar, das sie ein wenig länger trug und ihr gut zu G e sicht stand. Unter dem schwarzen Nappaledermantel trug sie eines jener raffiniert schlichten und eleganten schwarzen Kleider, wie sie nur auf den Seiten erstklassiger Modejournale erscheinen und eine Menge Geld kost e te n. Mehrere schwere silberne Armreifen dengelten an ihrem Handgelenk.
Fanny nahm eine Zigarette aus ihrer Handtasche, zündete sie an, und wä h rend sie halb auf dem Fensterbrett saß, wandte sie ihm endlich ihr Gesicht zu .
„Sie sind der Verlagsleiter ?"
Es begann ihm zu dämmern, dass sie wohl doch keine neue Autorin war.
„Ich möchte mit Ihnen über eine wissenschaftliche Arbeit sprechen.“
„Sie haben ein e wissenschaftliche Arbeit geschrieben?“
Er war nicht überrascht, denn die verrücktesten Leute forschten und schri e ben heutzutage.
„Ich habe ein Skript über eine wissenschaftliche Arbeit. Sie können es für einhunderttausend Euro haben."
Markus lachte . E in höfliches, nervöses Lachen.
„Bisschen hoch gegriffen, warum übrigens auf diese Art, Frau Bergholz? Warum reichen Sie Ihre Arbeit nicht in der üblichen Weise ein? Wenn es sich herausstellt, dass sie etwas taugt, nun, ich glaube bestimmt ..."
Er bemerkte, dass sie ihm überhaupt nicht zuhörte. Träumend blickte sie aus dem Fenster.
„Ich werde Ihnen eine Seite de r wissenschaftlichen Arbeit zeigen“, sagte sie einlenkend, „dann werden Sie begreifen, was hier zur Debatte steht . “
Sie öffnete die Handtasche, nahm ein zusammengelegtes gelbliches Blatt Papier hervor und gab es ihm. Er entfaltete es und prüfte es mit einiger Verwunderung. Es war die erste Seite eines wissenschaftlichen Berichts. Kein Titel. Auch der Name des Verfassers stand nicht darauf. Die Seite war unsauber getippt. Es waren viele Streichungen darauf, Korrekturen und Bleistiftkritzeleien am Rand.
Er blickte die junge Frau fragend an. Ihr Gesicht glich einer undurchdrin g lichen Maske.
Langsam begann er die S eite Zeile für Zeile zu lesen, prüfte die han d schriftlichen Einfügungen besonders sorgfältig. Als er endlich damit fertig war, brannte ihm die Frage auf der Zunge, was er da gelesen hatte.
„Woher haben Sie das? “, fragte er, bemüht, ruhig zu bleiben.
„Ich besitze noch neunundneunzig Seiten, die danach kommen. Der Preis ist einhunderttausend Euro."
Sie nahm ihm den Bogen aus der Hand, sehr liebevoll und doch sehr b e stimmt, faltete ihn wieder zusammen und ließ ihn in ihre Tasche verschwi n den.
„Nun, was sagen Sie, wollen Sie d ie Forschungsa rbeit haben?“
„ Sind Sie berechtigt ... ich meine, be sitzen Sie die Urheberrechte?“
Sie
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