Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
beruhigen, wenn er tot ist! Selbst wenn ich aus meinem Grab auferstehen muss, um die Welt von ihm zu befreien!“
„Wen?“ Die Frage rutschte mir einfach so heraus.
Kanoon sah mich eindringlich an, seine grauen Augen waren ernst.
„Den machthungrigen und herzlosen Dämon Chraz. Ein Wesen, so stark wie zehn Vampire und so mächtig wie zehn Geister“, er machte eine Pause, bevor er fortfuhr, „er wird uns alle vernichten! Außer wir schließen uns ihm an. Er wird wie ein Sturm über Samalia hinwegfegen und nichts zurücklassen, was ihm im Weg steht und was ihn von seiner Herrschaft über das Land trennt.“
Kanoon verstummte. Seine Augen waren glasig und in die Ferne gerichtet. Er durchlebte die Vergangenheit aufs Neue. Seine Stimme zitterte, als er weitererzählte.
„Wenn es erst einmal begonnen hat, kann ihn nichts mehr aufhalten! Der Krieg steht vor der Tür, die Welt, wie wir sie kennen, beginnt sich zu verändern. Es wird bald Krieg geben, sehr bald. Dann werden die Völker aus Samalia sich verbünden und verraten! Bald werden wir Chraz’ Macht zu spüren bekommen!“
Rauchringe schwebten durch die Luft, Kanoon hustete ein paar Mal.
„Es hat bereits begonnen!“ Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
Zwei Augenpaare ruhten auf mir. Ich versuchte die bohrenden Blicke zu ignorieren und betrachtete die rotorangefarbenen Flammen, wie sie sich um das verkohlte Holz schmiegten und schlängelten.
Ich zog meine Beine an und schlang die Arme um sie. Dann legte ich meinen Kopf auf den Knien ab.
So saß ich da und leerte allmählich meinen Kopf, um meine Gedanken zu ordnen. Kanoon hatte von dem schrecklichsten Wesen in ganz Samalia gesprochen, Chraz, ein Dämon. Ich hatte schon vorher Geschichten über diesen Dämon gehört, ihnen jedoch nie Glauben geschenkt. Waren sie nun doch wahr? Waren alle Geschichten wahr? Könnte es sein, dass all die Sagen und Mythen über die verschiedensten Kreaturen der Wahrheit entsprachen? Wenn ja, dann würde die Welt, wie ich sie bisher kannte, aufhören zu existieren.
Das Knarren der aufschwingenden Tür riss mich aus meinen Gedanken.
Die Stimme von Wylon dröhnte mir in den Ohren.
„Du kannst bleiben, aber nur so lange, bis wir eine andere Bleibe für dich gefunden haben!“
Dann stapfte er mit schweren Schritten an mir vorbei und verschwand wieder im Nebenraum. Molly hingegen schien ganz aufgeregt, flitzte umher und bereitete mein Nachtlager vor.
Ich blieb, wo ich war. Simon musste seiner Mutter helfen, doch Kanoon starrte mich noch immer an. Ich wich seinem Blick aus und schaute ins Feuer.
Irgendwann erlöste mich Molly von Kanoons durchdringendem Blick. Sie half dem alten Mann in sein Bett und wies mir die mit Stroh und Decken ausgelegte Ecke neben dem Kamin zu.
Ich war froh, mich in die weichen Decken sinken lassen zu können und endlich zu entspannen. Ich war so müde, dass mir schon bald meine Augen zufielen. Ab und zu vernahm ich noch einen Wortwechsel zwischen Molly und Wylon, doch schließlich kehrte Ruhe in der Hütte ein.
Ich glitt in einen traumlosen Schlaf.
Schweißgebadet fuhr ich aus dem Schlaf hoch. Alles war ruhig im Haus, das Feuer war nur noch ein Häuflein Glut.
Ein wenig erleichtert ließ ich mich zurück ins Stroh sinken. Es ist niemand hier, dachte ich. Alle schlafen, ich bin allein.
Doch da hörte ich es schon wieder. Es klang wie eine Mischung aus dem Wimmern eines Kindes und dem Heulen eines Wolfes. Es war grauenvoll, mitanzuhören.
Ich setzte mich erneut auf und lauschte. Jetzt war es wieder verschwunden.
Vielleicht hatte ich mir das bloß eingebildet, überlegte ich. Oder es war tatsächlich ein heulender Wolf.
Da, schon wieder! Diesmal lauter. Was war das?
Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich kannte das Geräusch. Es war das entsetzliche Heulen der vermummten Gestalten, die mein Dorf angegriffen hatten.
Sofort war ich auf den Beinen und rannte zur Tür zum Nebenraum. Ich riss die Tür auf und rief in die Dunkelheit: „Aufwachen! Los, aufwachen! Sie sind hier! Sie töten uns alle!“
Simon war der Erste, den ich antworten hörte.
„Was redest du denn da?“
„Los, ihr müsst hier weg! Sie sind hier!“, schrie ich noch einmal.
Nun kam auch in die anderen Bewegung, Wylon sprang aus dem Bett, Molly stützte Kanoon. Dann rannten wir alle aus dem Haus. Ich vorneweg, Wylon, Simon und Molly dicht hinter mir. Nur Kanoon hinkte schwerfällig hinterher.
Als ich ins Freie trat, blieb ich wie angewurzelt
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