Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless
Telefonrechnung geben lässt; Jula, die mir im Schatjor gegenübersitzt und mich traurig ansieht; Kondratow, der staunend ein Kinoplakat betrachtet, auf dem James Bond aus einer Pistole mit Schalldämpfer Maiskörner verballert; der kleine Mischa aus Petersburg in Kellnerkluft, der eine silberne Haube von einem Tablett hebt, auf dem ein Buch von Dostojewski liegt. Da sind die Promoter Sascha und Mischa, die einen Berg Geld zählen, und wieder ich, wie ich Jula auf einem Bahnhof treffe. Ich rauche nervös und sehe sie mit vom Wind tränenden Augen an, sie kommt mir entgegen, in irgendetwas Rotem, und lächelt. Jetzt erscheint der Flughafen Scheremetjewo-2, ich sitze auf einem roten Koffer, zwölf Jahre früher. Als hätte ich das Flugzeug verpasst und flöge nicht zum ersten Mal in meinem Leben nach Paris, sondern wollte einfach nur zu Hause anrufen.
Schließlich und endlich verschmilzt alles zu einem einzigen großen roten Fleck, der sich langsam auflöst, bis er sich in ein graues körniges Flimmern verwandelt hat, vergleichbar dem Rauschen auf einem Fernsehbildschirm, wenn der Empfang ausfällt.
Nach einiger Zeit schimmert es zart orangefarben durch meine Lider, als wenn man die geschlossenen Augen in die Sonne hält.
Vielleicht ist das mein Feuerzeug, vielleicht tatsächlich die Sonne, die weit weg, irgendwo hinter dem Wald, allmählich aufgeht. Jedenfalls möchte ich aus irgendeinem Grund daran glauben, dass dieses Feuer niemals erlöscht …
Die Originalausgabe DUCHLESS
erschien 2007 bei Ast, Moskau
Vollständige deutsche Ausgabe 02/2010
Copyright © 2007 by Sergej Minajew
Copyright © 2010 der deutschsprachigen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Redaktion: Stefan Raulf
Umschlagillustration: © shutterstock/TheSupe87
München – Zürich
eISBN : 978-3-641-04344-5
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