Seelenraub
Olympischen Spielen 1996 auszuschlachten. »Und wieso arbeiten die Dämonen plötzlich zusammen? Kommt mir so vor, als würde sich ein Krieg zusammenbrauen.«
»So ist es.« Stewart räusperte sich. »Bist du gläubig geworden, jetzt, wo du die Engel gesehen hast?«
Beck schloss kurz die Augen. Er hatte sich nie viel aus Gott gemacht und war immer davon ausgegangen, das beruhe auf Gegenseitigkeit. »Schon möglich«, gab er zu.
Stewart schnaubte zustimmend. »Die Stadt will sehen, dass wir etwas tun.«
»Meister Harper kümmert sich doch darum, oder?«, fragte Beck. Harper war der ranghöchste Dämonenfänger in Atlanta und Rileys Meister. Soweit Beck wusste, war er ein echt harter Brocken, aber ein guter Fänger, solange er nicht trank.
»
Nay
, nicht solange seine Rippen noch so lädiert sind«, sagte Stewart. »Ich muss die Leitung übernehmen. Jetzt, wo Ethan tot ist, brauche ich deine Hilfe.«
Ethan war einer der Lehrlinge des Meisters gewesen, aber er hatte es nicht lebend aus dem Tabernakel geschafft. »Was ist mit deinem anderen Lehrling? Rollins? Wo ist er?«
»Er hat gekündigt. Kommt mit so was nicht klar. Ich respektiere das.« Stewart schwieg einen Moment, dann fügte er hinzu: »Ich freue mich, dass der junge Simon durchkommen wird. Das sind gute Nachrichten für Riley.«
»Ja«, erwiderte Beck, unsicher, worauf der alte Meister mit seiner letzten Bemerkung hinauswollte.
»Sie und Simon haben einen Narren aneinander gefressen, wusstest du das? Vor dem Treffen haben sie Händchen gehalten und sich geküsst. Sie wussten nicht, dass ich sie gesehen habe.«
»Geküsst?« Beck spürte, wie sich etwas Schweres in seiner Brust ausdehnte, wie ein Stein, der auf sein Herz drückte. Das musste an der Dämonenwunde liegen, damit fühlte man sich immer krank. Es brachte ihm nichts, wenn er in Riley etwas anderes sah als Pauls Tochter.
»Wusstest du das nicht?«, fragte der Meister in aller Unschuld.
Beck schüttelte den Kopf. Er hatte gewusst, dass Riley und Simon sich oft sahen, sie waren schließlich beide Harpers Lehrlinge und jeden Tag zusammen. Aber er hatte nicht kapiert, dass ihre Beziehung schon so weit fortgeschritten war. Sie war erst siebzehn, und jetzt, wo ihre Eltern beide tot waren, fühlte er sich für sie verantwortlich. So wie ein großer Bruder. Oder sogar noch mehr.
»Du runzelst die Stirn«, stellte Stewart fest.
Beck verkrampfte sich, unter dem prüfenden Blick des alten Meisters fühlte er sich unbehaglich. »Simon ist besser als andere, mit denen sie zusammen sein könnte«, räumte er schließlich ein. »Aber im Moment sollte sie besser gar nicht an so was denken. Ich muss mit ihm reden, sobald es ihm bessergeht. Ihn warnen.«
Ihn wissen lassen, dass ich ihm seinen verdammten Kopf abreißen werde, wenn er zu weit geht.
Der Meister bedachte ihn mit einem väterlichen Lächeln. »Lass die beiden das unter sich ausmachen, Junge. Du kannst sie nicht für den Rest ihres Lebens in einer Seifenblase lassen.«
Wollen wir wetten?
Paul hätte es so gewollt, und wenn er ehrlich war, war das die einzige Möglichkeit, wie er selbst nachts schlafen konnte. Als er über die Mondlandschaft und das eingestürzte Gebäude starrte, stiegen unwillkürlich Bilder vom Vorabend in ihm auf. Von Dämonen und Fängern, die um ihr Leben kämpften. Von Riley inmitten der Flammen und davon, wie nahe dran er gewesen war, sie zu verlieren. Beck erschauderte, und das Blut in seinen Adern schien zu gefrieren.
Stewart legte ihm eine schwere Hand auf die Schulter und schüttelte ihn. »Ich weiß, dass du bis zum allerletzten Moment in diesem Glutofen warst. Dazu braucht es Mumm, und ich bin verdammt stolz auf dich.«
Beck konnte dem Meister nicht in die Augen blicken, ganz aufgewühlt von dem Lob.
Der Schotte zog seine Hand weg. »Du kannst nicht alles auf deinen Schultern tragen, so breit sie auch sein mögen.«
Er klang genau wie Paul, aber das lag auch nahe, denn Meister Stewart hatte Rileys Vater ausgebildet, der seinerseits Beck unterwiesen hatte. Nach dem, was Paul erzählt hatte, gehörten die Stewarts zu den besten Dämonenfängern der Welt.
Dieser Mann glaubte, er hätte letzte Nacht alles richtig gemacht.
Er will bloß nett sein
.
Als wüsste er, dass ein Themenwechsel angebracht war, fragte Stewart: »Irgendeine Idee, wer Paul aus seinem Grab geholt hat?«
Das war die andere Geschichte, die ihnen zu schaffen machte. Obwohl er seit zwei Wochen tot war, war Rileys Vater auf dem Treffen der
Weitere Kostenlose Bücher