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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Kaffee gekommen und ich nippte genüsslich an meiner Tasse.
    »Das läuft so ab, dass ich einfach hingegangen bin, mein Interesse bekundet habe und dann ein paar Stunden später den Vertrag unterzeichnet habe.« Ich nannte ihr die Konditionen.
    »Ist der Vertrag wasserdicht?«
    »Weiß ich noch nicht, aber ich habe jemanden, der mir das ganz genau sagen wird.«
    »Lassen Sie mich das Papier sehen?«
    »Eher nicht, vielleicht in ein paar Tagen.«
    Das schmeckte ihr nicht so, doch sie fragte weiter.
    »Warum haben Sie das gemacht?«
    »Weil ich Geld gebraucht habe und nicht an Seelen glaube. Für mich eine Win-win-Situation.«
    »Sie haben nicht vor, den Kredit zurückzuzahlen?«
    »Nein. Mir ist die Marie lieber.«
    »Glauben Sie nicht, dass Korkarian was dagegen haben könnte?«
    »Eigentlich schon, ich bin sehr gespannt, was passiert.«
    »Sie haben gesagt, dass mit ihm nicht zu spaßen ist. Warum so ein Risiko eingehen?«
    »Darauf lass ich es ankommen. Neugier bringt die Katze um, hat meine Großmutter immer gesagt.«
    »So ganz glaube ich Ihnen nicht. Da steckt doch mehr dahinter.«
    »Nein. Sicher nicht.«
    »Niemand riskiert wegen 500 Euro seine Gesundheit.«
    »Der Niemand sitzt direkt vor Ihnen«, ich hatte schon für weit weniger viel mehr riskiert, »und ihm schmeckt das Tiramisu.«
    »Ja, die Küche ist hier wirklich gut. Was mich viel mehr interessiert: Warum macht er das? Korkarian ist Geschäftsmann, was verspricht er sich dabei zu verdienen? Wer löst denn da seine Seele wieder aus?«
    »Ich glaube, dass er auf den Aberglauben der Leute vertraut. Ist leicht verdientes Geld, wahrscheinlich ohne viel Risiko.«
    »Die Leute sind heute nicht mehr so religiös.«
    »Ich habe bewusst abergläubisch gesagt. Diese ganze Esoteriksache boomt doch immens, Astrologie, Feng Shui, Ayurveda, bioenergetische Salzkristalle, Schamanenseminare im Waldviertel etc. 2500 Jahre Aufklärung durch Rationalität, und die Tünche der Zivilisation ist immer noch erst hauchdünn. Da gibt’s sicher genug, die zuerst das Geld sehen und dann, wenn die fünf Monate um sind, doch den Bammel um ihre Seele kriegen. Korkarian macht damit sicher ein gutes Geschäft.«
    »Gier und Aberglauben, darauf baut er, meinen Sie?«
    »Nicht nur er. Was, meinen Sie, hat die Finanzkrise verursacht? Ich will jetzt nicht zynisch klingen, aber das scheinen doch die großen Triebfedern menschlicher Entwicklung zu sein. Was mir bis jetzt so untergekommen ist, lässt sich damit erklären.«
    »In Ihrem persönlichen Umfeld?«
    »Da auch, doch ich dachte eher an größere Zusammenhänge. Weltgeschichtlich halt.« Ich zuckte mit den Achseln.
    »Gut. Lassen wir das. Sie wollen mir also nicht verraten, wer Ihre Auftraggeber sind?«
    »Doch, das habe ich Ihnen doch gerade erklärt: Gier und Aberglauben.«
    Ich grinste sie an, aber das beeindruckte sie nicht.
    »Warum hat Ihnen Korkarian einen Vertrag gegeben, Sie machen auf mich nicht gerade den Eindruck von jemandem, der vorhat, seine Seele wieder auszulösen?«
    »Wenn ich will, kann ich ganz schön klein und armselig wirken. Wie ein verängstigtes Rehlein.«
    »Darauf soll Korkarian reingefallen sein? Kann ich mir schlecht vorstellen.«
    Da musste ich ihr vollkommen recht geben. Irgendwas war da bei dem Armenier im Busch. Das jedoch wollte ich der Schauberger nicht auf die Nase binden. »Ach wo, der hat das sicher geschluckt«, behauptete ich mit Bestimmtheit.
    Sie versuchte, mich noch ein bisschen aus der Reserve zu locken, aber ich war auf der Hut. Schließlich zahlte sie und wir gingen. Ins Auto stieg sie allein, es war nicht weit bis zur nächsten U-Bahn-Station und ich wollte noch ein bisschen zu Fuß gehen. Die Hitze des Tages hatte sich in eine angenehme Wärme verwandelt, die Nacht spannte sich dunkelviolett über die Stadt. Autos, Straßenlaternen und Verkehrsbeleuchtung sorgten für die nötigen Lichtpunkte. Zwischen den Grünanlagen der Wohnblocks sah man hier und da Teenager verstohlen schmusen oder mit Drogen dealen. Es fühlte sich fast an wie im Urlaub.

V
    Das mit den Urlaubsgefühlen war vorbei, als ich die Haustüre öffnete. Beim Anblick eines Kleinlasters, der direkt vor dem Haus parkte, war ich schon misstrauisch geworden, aber meine schlimmsten Befürchtungen wurden durch die Realität, die ich im Haus antraf, noch in den Schatten gestellt. Es war stockdunkel. Die Mieter standen auf den Gängen und redeten aufgeregt durcheinander. Alle hatten Taschenlampen oder Kerzen in der Hand. Jeder

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