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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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denken. Wir waren einander bei der Jagd nach einem antiken Papyrus begegnet. Leider stellte sich heraus, dass sie nicht nur für die Gegenseite, sondern auch noch auf eigene Rechnung arbeitete. Als wäre Liebe nicht so schon kompliziert genug. Schließlich hatte sie mich reingelegt und ich sie. Der Papyrus war uns dann beiden durch die Lappen gegangen. Wer zu viel will, steht zum Schluss mit leeren Händen da und einem gebrochenen Herzen.
    Mir fehlten nicht nur eine Wohnung, eine Dusche und ein Bett, nein, mir fehlte Laura.

Kapitel 2

I
    Mit einem wehmütigen Sehnen in der Brust kam ich in meinem Büro an, setzte Wasser für einen Tee auf und bereitete mich darauf vor, meinen Luxuskörper auf der Institutstoilette zu waschen. Alle romantischen Empfindungen waren verflogen, als ich nackt vor dem Waschbecken stand, das etwa die Größe einer Briefmarke aufwies, und versuchte, meine Füße zu waschen. Einen Fuß im Waschbecken, stand ich nackt da, als mir plötzlich die Möglichkeit in den Kopf schoss, dass irgendjemand den Raum betreten könnte. Ich hatte nicht abgeschlossen. Zwar war ich allein am Institut, aber gib dem Schicksal eine Chance und es nützt sie. Nackt auf der Toilette erwischt. Meine Karriere wäre beendet, bevor sie noch begonnen hatte. Ich drehte mich um, der schon gewaschene und darob nasse rechte Fuß glitt aus, und um ein Haar hätte ich mir den Kopf an den Fliesen aufgeschlagen. Ab morgen, so beschloss ich, auf dem Rücken liegend, würde ich mir ein Tröpferlbad suchen.
    Ein paar Minuten später stand ich, noch nass von meiner Katzenwäsche, in meinem Büro. Ich hielt eine Tasse Tee in der Hand, es handelte sich um die dritte, und war glücklich. Nichts spült einen heißen Tag so aus dem Organismus wie grüner Tee. Doch dann war mein Glück vorbei, denn es läutete das Telefon.
    »Grüß Gott.«
    »Servus, Erich.«
    »Ich wollte nachfragen, ob bei deinen Erkundigungen schon was rausgeschaut hat. Die hohen Herren sind neugierig. Wir könnten uns irgendwo treffen. Mutter Kirche hat die Spendierhosen an.«
    Eine Armenspeisung wäre jetzt zwar genau im Sinne meines Magens gelegen, aber ich war fix und fertig.
    »Nein, Erich, ich bin total erledigt. Ich geh heute nicht mehr aus dem Haus.«
    »Am Telefon will ich das alles nicht besprechen.«
    »Komm doch vorbei.«
    »Bis Rudolfsheim Fünfhaus ist es mir zu weit.«
    »Nein, ich bin auf der Uni. Im Büro.«
    »Warum …«
    »Erzähl ich dir, wenn du da bist.«
    »Gut, bis in einer halben Stunde.«
    »Klopfe und dir soll aufgetan werden, denn mein ist der Schlüssel.«
    »Lass die Lästereien.«
    »Gut. Kannst du mir noch einen Gefallen tun? Bring ein Bild des vorigen Pontifex mit, so mit Autogramm, wenn möglich.«
    »Arno, wir haben dich engagiert, nicht du uns.«
    »Ist mir schon klar, wäre wirklich ein Freundschaftsdienst.«
    »Soll sein.«
    Wir legten auf. Dann zog ich mir eine Boxershorts an, schnappte mir meinen uralten iPod und ging in die Bibliothek. Ich kam mir vor wie ein Kind, das über Nacht in einem Süßigkeitenladen eingesperrt wurde. Nur ich und 15.000 Bücher. Was für eine Nacht, nur schade, dass Erich kommen würde. Meine nackten Füße klackten auf dem staubigen dunkelgrünen Linoleumboden. Neben mir Stellagen mit Büchern, die bis an die Decke reichten. Alte Bände in Leder, noch mit handgeschriebenen Signaturen, moderne mit fantasievoller Covergestaltung auf billigem Papier. Über allem der Geruch von Büchern. Pfeffer, Moder und Leim. Ich schaltete den iPod ein und hörte ein bisschen Mozart. Das 20. Klavierkonzert in d-Moll, in der Aufnahme von Keith Jarrett. In dieser Musik schwingt für mich eine ernste Sehnsucht mit, die von naiver Freude kontrastiert wird. Ganz genau meine momentane Stimmung. Leider sind die Augenblicke im Elysium kurz und flüchtig. Nachdem ich ein paar Bände herausgezogen, ein paar Zeilen gelesen und der Musik gelauscht hatte, war es so weit daran zu denken, Erich hereinzulassen.
    Er stand schon vor der geschlossenen Tür. Schwer schnaufend, also konnte er noch nicht lange dastehen. Als er mich so in Boxershorts sah, mit einem schweren Lederband unter dem Arm, machte er große Augen. In der Linken hielt er einen schwarzen Lederkoffer, in der Rechten einen Plastiksack, fest an die Brust gedrückt. Da war sicher das Abendessen drin.
    »Hast du das Bild von Johannes Paul?«
    »Sicher, aber was willst ausgerechnet du mit dem Bild anfangen? Da steckt sich wieder eine von deinen Verbrechen dahinter, ich komm

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