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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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einem Müllsackoverall und mit dicker weißer Schminke im Gesicht. Die pupillenlosen Glupschaugen waren schwarz umrandet, und seine Stimme klang wie ein Messer, das durch Karton schneidet.
    »Setzen Sie sich nur, Fräuleinchen, setzen Sie sich nur«, schnarrte das Wesen. »Setzen Sie sich, und die Frau Hexe wird gleich bei Ihnen sein.«
    »Die Frau Hexe« war Madame Lupita, auch bekannt als Irene Lowe, und sobald Chess alles Nötige an Beweisen hätte, nämlich ihre eigene Aussage als Augenzeugin und die Aufnahme des versteckten Minirekorders in ihrem BH, durfte sich Madame auf eine Verabredung mit der Guillotine gefasst machen. Bei illegaler Geisterbeschwörung oder Seancen kannte die Kirche kein Pardon, selbst wenn es sich um einen Schwindel handelte, wie Lupita ihn hier Gerüchten zufolge aufführte.
    Verdammt, von Gerüchten konnte ja wohl kaum noch die Rede sein. Was sich hier abspielen würde, war sonnenklar, und es wurde vollends offensichtlich, als sich Chess gegenüber eine schwarz gestrichene Tür öffnete und eine gewaltige Frau ihre Körpermasse in den Raum schob.
    Ihr Gesicht war weiß, die Augen schwarz umrandet, eine abstoßende Nachahmung der Maske, die die Kirchenältesten anlegten. Damit hörte die Ähnlichkeit aber auch schon auf. Madame Lupita trug einen silberfarbenen Kaftan mit aufgedruckten Runen und magischen Symbolen. Auch kleine Eisenstücke hingen daran, die allerdings zu klein waren, um echten Schutz zu gewährleisten. Aber vermutlich wollte Madame damit nur Eindruck schinden, genau wie mit den schweren Ketten aus Eisen und Bernstein an ihrem kurzen, fetten Hals oder dem Silberturban.
    Wie auch immer, Lupitas Auftreten entsprach offenbar den Erwartungen der anderen am Tisch. Chess spürte die allgemeine Erleichterung, die sich mit der Überzeugung einstellte, hier an der richtigen Adresse zu sein. Den Leuten, die es sich nicht leisten konnten, eine Verbindungsperson der Kirche zu bezahlen, damit sie die Geister verstorbener Freunde und Angehöriger kontaktierte, erschienen Amateur-Seancen wie diese als einzige Lösung.
    Nur leider waren sie illegal, was der Grund für Chess Anwesenheit war. Wenn sie dem Black Squad behilflich war, Beweise gegen Lupita zu sammeln, brachte das ein bisschen Zusatzkohle.
    Und leider war auch die ganze Veranstaltung nur Hokuspokus. Denn wenn Leute wie Lupita wirklich die Kraft hätten, Geister zu beschwören, wäre die Kirche bei den Tests, die jeder mit vierzehn Jahren absolvieren musste, auf sie aufmerksam geworden, hätte sie ausgebildet und eingestellt. Viele solcher Scharlatane hatten tatsächlich ein Fünkchen Macht, sodass sie die Luft zum Flimmern bringen und ihren Kunden, die keine Ahnung hatten, wie sich echte Magie anfühlte, etwas vormachen konnten.
    Chess wusste es. Sie kannte das Gefühl und liebte es — beinahe so sehr wie die kühle Ruhe, die ihr die Pillen verliehen, wie die schummrige Seligkeit von Dream-Rauch oder die prickelnde Aufgedrehtheit nach einer gelegentlichen Line Speed. Sie liebte dieses ganze Zeug, weil alles, was sie der Realität entrückte, ein Segen war, vor allem in einer Welt, wo Segnungen gegen das Gesetz verstießen.
    Natürlich waren auch ihre Drogen illegal. Aber das hatte sie noch nie davon abgehalten, sie zu nehmen, und es hatte auch ihre Dealer Bump und Lex nicht davon abgehalten, sie zu verkaufen. Es bedeutete bloß, dass sie alle sehr vorsichtig sein mussten. Apropos vorsichtig ... Madame Lupita nahm am Tisch Platz und klatschte in die Hände. Hinter Chess klirrte es. Sie drehte sich nicht um, hörte es aber genau, das geschmeidige Flügelschlagen in der Luft. Ein Psychopomp. Madame Lupita wusste, wie man eine gute Show abzog.
    »Fasst euch bei den Händen«, befahl sie mit tiefer, öliger Stimme. »Schön aufmerksam, genau ... fasst euch bei den Händen, oder sie werden sich nicht zeigen.«
    Links von Chess saß ein klapperdürrer junger Mann. Seine Finger waren verschwitzt und sein Gesicht tränenüberströmt, während er das Foto vor sich auf dem Tisch anstarrte. Chess konnte es nicht genau erkennen.
    Rechts von ihr saß die weibliche Hälfte eines Paares im mittleren Alter, die ein billiges Kleid aus Kunstseide trug. Ihre Hand zitterte.
    Lupita reckte sich über den Tisch und griff nach dem Foto, das vor der Frau lag. »Wie heißt das Mädchen?«
    »A... Annabeth. Annabeth Whitman.«
    Lupita senkte den Kopf. Die anderen folgten ihrem Beispiel, Chess eingeschlossen, die die Gelegenheit nutzte, um sich verstohlen

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