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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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gebracht. Diese Information wurde von den Palasttruppen sowie von einer gewissen Antaea Argyre, einem Mitglied des Heimatschutzes, bestätigt. Ob der Pilot und die Admiralität Fannings Gefangennahme
zu diesem Zeitpunkt öffentlich bekanntgeben, ist ungewiss, deshalb rate ich dringend, sofort Kontakt zu Ihren Verbindungsleuten im Palast aufzunehmen, um sich von der Richtigkeit meiner Mitteilung zu überzeugen.
    Martin war nicht einmal sicher, ob die Bankiers Verbindungsleute im Palast hatten – aber er war sich bewusst, dass seine Geheimorganisation nicht die einzige war, die in der Stadt operierte. Schon vor dem Zwischenfall mit der Trennung hatte er gewusst, dass es noch eine weitere Gruppe gab, allerdings nicht, für wen sie arbeitete, nur, dass sie nicht im Dienst der Regierung stand. Vor kurzem war er zu der Ansicht gelangt, dass diese Gruppe und die Bankiers ein und dieselbe Organisation waren. Martin selbst hatte Ohren an den Palastmauern; warum sollte es bei dieser Gruppe anders sein?
    Eines wusste er mit Sicherheit: Das Gerücht, dass Chaison Fanning auf dem Weg zurück nach Slipstream sei, wurde von den Bankiers verbreitet. Er würde zurückkehren , lautete das Gerücht, und er würde alles wieder in Ordnung bringen. Es war eine Messiasbotschaft, und sie wurde von geflüsterten Anweisungen und kleinen Papierstreifen – der Rechtewährung – begleitet, die jeden, der sie erhielt, mit seltsamen Privilegien ausstatteten.
    Die Bankiers arbeiteten weder für die Aristokratie noch für das Militär. Wenn es in Slipstream überhaupt eine Partei der einfachen Leute gab, dann wären sie es.
    Und für die einfachen Leute war nun die Zeit gekommen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
    Er war versucht, die Notiz mit »Ein Freund« zu unterzeichnen, aber dies war nicht der Moment, um sich zu verstecken.

    Ich weiß nicht, über welche Mittel Sie verfügen, deshalb biete ich meine Hilfe an. Ich heiße Martin Shambles und bin Inhaber des Rechenschieberladens an der Bower Lane. Ich könnte Ihnen einen Ort nennen, um Nachrichten für mein Netzwerk zu hinterlegen, aber die Zeit drängt. Ich bin bereit, meine Tarnung aufzugeben, denn ich rechne damit, dass sich in den nächsten vierundzwanzig Stunden alles entscheidet. Schicken Sie jemanden zu mir. Ich habe Leute, Geld, Waffen und andere Ausrüstung.
    Er überlas, was er geschrieben hatte, und ein Schauer überlief ihn. Er führte diesen kleinen Laden schon seit Jahren, verdiente sich damit seinen bescheidenen Lebensunterhalt, freute sich an der Arbeit und an den Kunden und koordinierte daneben die Zellen einer Organisation, die sich der Wiederherstellung der Nation Aerie widmete. Viele seiner Agenten waren gefangengenommen worden, aber das Netz hatte gehalten, und bisher hatte es niemand bis zu ihm zurückverfolgt.
    Er faltete den Brief zusammen, versiegelte ihn, warf den Morgenrock ab und strebte zur Tür.
    Wenn er einer der Streifen in die Hände lief, die das Ausgehverbot überwachten, wäre alles, wofür er gearbeitet hatte, mit einem Schlag zu Ende. Er zögerte, bevor er die Haustür öffnete, dann kehrte er seufzend zur Ladentheke zurück und suchte nach der Pistole, die er dahinter aufbewahrte. Sie war völlig verstaubt. Er schob sie in eine Außentasche seines Mantels und ging wieder zur Tür.
    Aus dem Durchgang zwischen den Häusern waren Stimmen zu hören. Der Gefangenenaustausch war offenbar eben erst abgeschlossen worden.

    Â»Richard Reiss! Ich fasse es nicht!«
    Martin Shambles spähte in die Schatten. Dort umarmte ein junger Bursche – offenbar der frisch ausgetauschte Gefangene – einen weißhaarigen Mann mit einem weinroten Feuermal auf der Wange. Die Soldaten des Piloten hatten den Durchgang verlassen; nur die Männer von der Admiralität standen noch dicht beieinander vor Martins Laden.
    Der junge Offizier trat zurück und sah Reiss fragend an. »Die Soldaten erzählten mir eben, der Admiral sei gefangengenommen worden. Ist das wahr?«
    Reiss wirkte erst schockiert, dann bestürzt. »Soso«, sagte er endlich. »Sehr wahrscheinlich ja. Wir hatten ihn, Travis. Wir waren tagelang mit ihm zusammen hierher unterwegs … Und dann hat diese Hexe vom Heimatschutz, diese Antaea Argyre, ihn uns weggenommen. Sicherlich hat sie ihn an den Piloten ausgeliefert, um die Belohnung zu kassieren.«
    Â»Das hat sie

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