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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Spannungen, die auf die Konstruktion wirkten, wurden erträglicher.
Ergez sah sich um. Er versuchte offenbar abzuschätzen, welche der schwereren Objekte man würde sichern müssen. »Kommt mit«, forderte Chaison seine Männer auf. »Wir bringen es am besten gleich hinter uns.«
    Oben packte er Richard am Arm, bevor der Botschafter in sein Zimmer verschwinden konnte. »Bleiben Sie hier. Wir müssen miteinander reden.«
    Darius kam herüber; Richard warf einen Blick zur Treppe, und Chaison nickte. Antaea war immer noch unten bei Ergez.
    Â»Das Wetter wird nicht ewig so bleiben«, begann Chaison. »Wir müssen es ausnützen, solange es anhält.«
    Â»Ich hatte noch auf einen weiteren Tag gehofft«, seufzte Richard. »Die Jungs haben versprochen, mich mit …« Aber Chaison schüttelte den Kopf.
    Er berichtete von seinem Streit mit Kestrel und der anschließenden Verfolgungsjagd. »Es wird nicht lange dauern, bis sie uns hier finden. Sie brauchen nur dem Rest der Riggertruppe auf den Zahn zu fühlen …«
    Darius lachte bellend. »Wer es jetzt wagt, diese Rigger zu schikanieren, der fliegt vom Rad! Die Rigger halten das ganze Habitat zusammen.«
    Â»Und wenn alles vorüber ist, sind sie die Helden«, fügte Richard hinzu.
    Â»Trotzdem wird Kestrel uns finden. Und schon bald, wie ich ihn kenne.«
    Darius grinste. »Also ziehen wir ab? Heute Nacht?«
    Chaison nickte. Dann wandte er sich an Richard. »Haben Sie in Erfahrung bringen können, wer uns anstelle von Antaea behilflich sein könnte?«
    Der Botschafter warf sich in die Brust. »Es ist nicht leicht, sich das Vertrauen der einheimischen Bevölkerung
zu erwerben. Ich musste aufrichtig sein!« Er schüttelte verbittert den Kopf. »Deshalb ist nun auch außerhalb von Hugos Villa einigen Leuten bekannt, dass wir Flüchtlinge sind. Für zwei davon genügte das bereits – diese Leute hassen ihre Regierung mit einer Leidenschaft, wie ich sie noch nicht erlebt habe. Nur um die Bullen zu ärgern, gaben sie mir Beschreibungen und Geheimkodes für Schlupfwinkel in drei Städten. Wenn sich herausstellt, dass wir Slipstreams Grenze nicht sofort ansteuern können, haben wir damit wenigstens ein paar Zufluchtsorte.«
    Â»Ausgezeichnet! Darius, hast du ein Beförderungsmittel organisiert?«
    Der Junge nickte. »Ein hiesiger Händler hat sein Bike hochgetrimmt. Er wird keine Anzeige erstatten, wenn es gestohlen wird. Was noch besser ist – es steht in einem eigenen Schuppen, und der hat eine Falltür. Wir brauchen nur reinzugehen, aufzusteigen und uns aus dem Habitat fallen zu lassen.«
    Â»Gut. Dann macht euch bereit. Wir brechen auf, sobald es dunkel wird.«
    Ein Schatten des Zweifels glitt über Richard Reiss’ Gesicht. »Bei diesem Sturm begeben wir uns aber in große Gefahr …«
    Â»Das tun wir auch, wenn wir hierbleiben.«
    Â 
    Es würde nicht so einfach sein, sich aus dem Haus zu schleichen. Ergez’ Männer rannten hin und her wie aufgescheuchte Hühner, machten fest, was noch nicht angenagelt war, und führten endlose Diskussionen über alles andere. Bei jedem Riss in der Wand rangen sie die Hände, bei jedem Geräusch fuhren sie zusammen.
Sämtliche Räume der Villa waren hell erleuchtet. Chaison saß mit verschränkten Armen in seinem Kämmerchen und starrte mit finsterer Miene die Wand an.
    Die hektischen Schritte auf den Gängen konnten ihn nicht ewig beschäftigen. Diese Krise war mit nichts vergleichbar, was er je erlebt hatte. So wanderten seine Gedanken unausweichlich zu Kestrel und seinem Verrat. Er wusste, dass sein Freund trotz allem, was im Lauf der Jahre geschehen war, treu zum Piloten stand. In Kestrel brannte tief und unauslöschlich eine ganz bestimmte Angst – das Entsetzen vor dem hirnlosen Pöbel, der in seinen Augen die einzige Alternative zu einer autoritären Herrschaft war.
    Die Falkenformation glaubte wahrscheinlich, dass Slipstream hinter Chaisons Ausbruch aus dem Gefängnis steckte. Vielleicht hatte sie energisch protestiert, und daraufhin hatte der Pilot Kestrel – und eventuell noch weitere Vertreter – entsandt, um bei der Suche behilflich zu sein. Nur um seinen guten Willen zu zeigen, wäre er damit sehr weit gegangen, das sah dem Piloten ganz und gar nicht ähnlich. Und warum sollte Chaisons Ausbruch überhaupt für so viel

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