Sehnsucht nach dem Maerchenprinzen
unsensible Person ihre Kenntnisse? Hatte sie sich im Ort umgehört oder Nicole, Martyns jüngere Schwester, ausgefragt? Ihre Schwägerin hatte sie schon immer gehasst. Falls sie Dianes Informantin war, hatte sie bestimmt ihr Gift verspritzt.
âDarauf können Sie sich selbst die Antwort gebenâ, erklärte sie nach einer Pause. âUnd jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich habe zu tun. Das Essen muss vorbereitet werden.â
âFür Ihren Vater und Ihren Sohn, nicht wahr?â
Warum verhielt sich Diane so aggressiv? Sie zeigte keine Spur von Mitleid, und das machte Charlotte wütend. âAlso dannâ, sagte sie und legte die Gartenschere in den weiÃen Bastkorb, der neben ihr stand. âBitte denken Sie in Zukunft daran, dass Fremde hier nicht erwünscht sind.â
Diane gab sich amüsiert, aber sie konnte ihren Unwillen nicht ganz verbergen. Wer war diese Charlotte Prescott, um sie so von oben herab zu behandeln? Wie es hieÃ, war sie längst von ihrem Postament gestürzt.
âWie Sie wünschenâ, sagte sie kurz angebunden und machte auf dem Absatz kehrt. Zu schnell, wie sich herausstellte, denn sie verlor das Gleichgewicht und musste mit den Armen rudern, um nicht hinzufallen.
2. KAPITEL
Die eingeladenen Damen hatten sich mächtig herausgeputzt. Duftige pastellfarbene Kleider und breite Hüte beherrschten das Bild. Man hatte gelernt, sich vor der glühenden Sonne Australiens zu schützen. Charlotte erinnerte sich noch gut, wie sorgfältig ihre Mutter bei sich und ihrer Tochter darauf geachtet hatte. Das war lange her. Heute hörte Charlotte kaum noch von ihr. Sie meldete sich selten und sprach nie über alte Zeiten.
Charlottes Eltern hatten sich zwei Jahre nach der Tragödie scheiden lassen. Wenig später hatte Barbara Marsdon einen Mann namens Kurt Reiner geheiratet und lebte seitdem in Toorak, einem Nobelvorort von Melbourne. Die Hoffnung, dass sie in ihrem hübschen Enkel Trost finden würde, hatte sich zu Charlottes bitterer Enttäuschung nicht erfüllt. Für ihre Mutter hatte es nur einen Jungen gegeben: ihren Sohn Matthew, Stolz und Freude ihres Lebens.
âDarf ich mit Peter spielen, Mummy?â Auch diesmal wurde Charlotte durch Christopher von ihren trüben Gedanken abgelenkt. Peter Stafford war seit der Vorschule sein bester Freund. Er stand auch jetzt neben ihm und grinste übers ganze Gesicht.
âIch wüsste nicht, was dagegen spricht.â Charlotte lächelte ebenfalls. âGuten Tag, Peter. Du siehst sehr chic aus.â Sie deutete auf sein bunt kariertes Hemd.
âWirklich?â Peter wurde knallrot vor Freude. Christopher hatte ihm verraten, dass er eine lange Hose tragen würde, und deshalb hatte Peter nicht geruht, bis seine Mutter ihm auch eine gekauft hatte. Er kam sich sehr erwachsen darin vor.
Christopher stieà ihn mit dem Ellbogen in die Seite. âDu weiÃt, dass Mum nur nett sein will, nicht wahr?â
âIm Gegenteilâ, beteuerte Charlotte, âich meine es ehrlich.â Sie sah sich flüchtig um. âSind deine Eltern auch hier?â
Peter nickte. âZusammen mit Angie.â Angela war seine ältere Schwester. âWir mussten Stunden warten, bis sie fertig angezogen war. Sie hat ständig die Kleider gewechselt, aber das erste gefiel mir am besten. Dann ging es mit dem Haar los ⦠Mum war zum Schluss richtig wütend.â
âInzwischen hat sie sich bestimmt wieder beruhigt.â Charlotte kannte Angela Stafford. Sie war so schwierig, wie Peter umgänglich war. âWir sind hier, um uns zu amüsieren, und es ist so schönes Wetter.â Sie strich Christopher über den Kopf. âDu meldest dich doch ab und zu bei mir?â
âNatürlich.â Christopher sah sie forschend an, fast wie ein Erwachsener. âWenn du willst, können Pete und ich auch bei dir bleiben.â
âSei nicht albernâ, protestierte Charlotte. Wie ritterlich ihr kleiner Sohn sich verhielt! âVerschwindet endlich, ihr beiden.â
Die Jungen machten sich auf den Weg. Nach wenigen Schritten drehte sich Peter um und sagte: âEs tut mir sehr leid, dass Riverbend nicht mehr der Familie gehört, Mrs Prescott ⦠für Sie und Mr Marsdon. Sonst hätte Chris es geerbt.â
Peters bekümmerte Miene rührte Charlotte fast zu Tränen. âDu weiÃt doch, wie es im Leben geht, Peteâ, tröstete sie
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