Sehnsuchtsland
mit Britta reden.«
*
Er hatte nicht erwartet, dass Britta sich vor Begeisterung überschlagen würde, doch mit dieser offenen Ablehnung hatte er nicht gerechnet. Sie stellte ihr Wasserglas mit einem Knall auf dem Tisch ab und starrte ihn an. »Marielund?« Ihre Stimme klang gedehnt und ließ keinen Zweifel an ihrer Skepsis. »Noch nie davon gehört. Gibt es da einen Flugplatz?«
Magnus fuhr sich durchs Haar und suchte nach Worten, mit denen er sie von der Bedeutung seines Vorhabens überzeugen konnte. Doch ihm wollte nichts Rechtes einfallen, also versuchte er es mit der Wahrheit.
»Hör zu, Britta, ich muss da einfach hin. Ich kenne das Objekt.« Seine Stimme bekam einen sehnsüchtigen Unterton. »Ich war als Kind mal dort. Es ist... Es ist ein Traum.« Bittend schaute er seine Frau an. »Wieso willst du nicht mitfahren? Du und Emma! Ihr könntet ein bisschen schwimmen, gut essen, relaxen. Und am Abend kommen wir beide vielleicht endlich mal wieder zum Reden.« Als er ihren unversöhnlichen Gesichtsausdruck bemerkte, fühlte er, wie Streitlust in ihm aufkeimte.
Er riss sich zusammen und zwang sich, sein freundliches Lächeln beizubehalten und ihr nicht ins Wort zu fallen, während sie ihm mitteilte, was sie von seiner Idee hielt.
»Ich habe keine Zeit zum Relaxen«, erklärte sie gelassen. »Hast du vergessen, dass wir nach Göteborg wollten? In zwei Stunden geht der Flieger, Magnus!«
Natürlich hatte er es nicht vergessen. Gestern noch war ihm die Aussicht auf einen Abstecher nach Göteborg als willkommene Abwechslung erschienen, eine Gelegenheit, wieder einmal einen Tag mit seiner Frau zu verbringen. In den letzten Monaten hatte es nicht mehr viele solcher gemeinsam verlebter Tage gegeben.
»Hast du mir eigentlich zugehört?«, fragte er eindringlich. »Ich will mit dir und Emma zu diesem Haus! Glaub mir, es ist was ganz Besonderes!«
»Aber ich muss zu meinem Vorstellungstermin nach Göteborg.« Britta fixierte einen Punkt über seiner Schulter. »So eine Chance kriege ich so schnell nicht wieder.« Sie schwieg ein paar Sekunden, dann lächelte sie mit leichter Bitterkeit. »Es ist wohl wie bei den Königskindern. Wir kommen nicht zusammen, selbst dann nicht, wenn wir es wollen.«
Magnus konnte fast körperlich spüren, dass sie sich von ihm entfernte. Es war ein Gefühl, über das er nicht näher nachdenken wollte. Doch es war da und tat auf unbestimmte Art weh.
»Was willst du damit sagen?«, wollte er beinahe aggressiv wissen. »Wir versuchen es doch, oder nicht? Immer wieder! «
Als sie mit den Schultern zuckte, fuhr er beharrlich fort: »Es kann doch nicht sein, dass wir nur wegen unserer Jobs...«
Britta schnitt ihm das Wort ab. »Vielleicht ist es ja nicht nur wegen unserer Jobs.« Sie stand auf und nahm dabei ihre Handtasche und ihre Jacke an sich. »Okay, tu, was du tun musst. Ich gehe davon aus, dass Emma mit dir fährt. Ich kann mich in Göteborg wirklich nicht um sie kümmern.«
»Kein Problem«, sagte Magnus tonlos. Er stand ebenfalls auf und ließ es zu, dass sie ihn flüchtig umarmte und dabei mindestens eine Handbreit Körperabstand einhielt. Ihr Parfüm stieg ihm in die Nase, eine blumige Mischung, die er nicht kannte. Wann hatte sie angefangen, ein neues Parfüm zu benutzen? Er dachte kurz nach, aber er konnte sich nicht erinnern. Früher waren ihm derlei Kleinigkeiten nicht entgangen.
»Melde dich mal«, sagte er, obwohl sie mit ihren Gedanken ganz offensichtlich schon längst woanders war. »Vielleicht kannst du ja doch noch nach Marielund kommen...«
»Ich muss wirklich los«, sagte Britta schnell, aber nicht unfreundlich. »Wiedersehen, Magnus.« Sie lächelte ihm kurz zu, fast so, als wollte sie sich für etwas entschuldigen. »Und viel Spaß auf dem Land!«
Ihre hohen Absätze klapperten auf dem steinernen Boden der Stockholmer Altstadt, als sie mit raschen Schritten davoneilte. Magnus blieb am Tisch stehen und schaute ihr nach. Er wartete noch einige Augenblicke, in der lächerlichen Hoffnung, sie vielleicht noch einmal auftauchen und winken zu sehen. Natürlich geschah nichts dergleichen. Sie verschwand irgendwo zwischen den hohen alten Häusern, ohne sich noch einmal umzudrehen.
*
Emma war von der Idee, Ferien auf dem Bauernhof zu machen, uneingeschränkt begeistert. Sie war in Freudenschreie ausgebrochen, als Magnus ihr erzählt hatte, dass es dort Reitpferde gab, und während der Fahrt hörte sie nicht auf, in dem Prospekt zu blättern, den ihr Vater noch kurz
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