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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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immer ruhiger. Sein Körper meldete sich ab, er war in einem Zustand des Halbschlafs.
    Er imaginierte eine Zirkusmanege.
    Er fragte sich, welchen Gast er zu sich holen sollte, denn die Ränge waren gut gefüllt. Wer war wichtig für ihn?
    Dort saßen so viele Menschen, die meisten hatten kein Gesicht.
    Ein Mann mit Narben fiel ihm auf.
    ‚Komm bitte zu mir’, bat Mark. ‚Komm näher.’
    Der Mann tat es. Er stand ihm gegenüber.
    Willst du mit ihm sprechen, Mark?
    Ja, ich will es.
    Seine innere Stimme wies ihn an: Frage ihn. Du musst das nicht tun, es bleibt dir überlassen, denn du bist der Herr über deinen Geist und deinen Körper. Niemand kann dich zu etwas zwingen. Lausche in dich hinein und warte, was du hörst. Fühle dich wohl, entspanne dich. Darf ich fragen, ob du so weit bist? Kannst du dir vorstellen, zu reden? Falls nicht, macht das nichts. Wir haben Zeit. Tu nur, was du willst, Mark.
    Ich will, dass er mir sagt, was er denkt.
    Dann frage ihn. Blicke ihn an, und wenn du es so möchtest, frage ihn.
    ‚Was denkst du, blatternarbiger Mann? Ich weiß nicht, warum ausgerechnet du in der Manege bist, aber ich werde dich in den Zauberkasten stecken, der hinter mir steht. Ich werde ihn verschließen. Vielleicht kehre ich irgendwann zurück, aber solange du dort gefangen bist, werde ich nicht wieder an dich denken. Das wird mich befreien, wird mir helfen.’
    Er spürte, wie sein Körper reagierte. Sein Atem ging schwerer, ein undefinierbarer Druck äußerte sich auf seiner Brust. Tränen bildeten sich unter seinen geschlossenen Lidern. Er sah den narbigen Mann an, der sein Aussehen veränderte wie mit einem Special-Effect. Er wurde zu einem kleinen Mädchen, welches ihn voller Kummer und Hilflosigkeit ansah. Es öffnete den Mund und suchte nach Worten.
    Angst!
    Das Mädchen hatte Angst, vermutlich schon immer gehabt.
    ‚Ich heiße Gabi!’, sagte das Mädchen und Mark wunderte sich nicht. Er hatte es erwartet, zumindest sagte ihm das sein Körper. Eine dunkle Schwere wanderte in seine Leibesmitte.
    Und nun fürchtete sie sich davor, in den Kasten gesteckt zu werden, den Mark verschließen und den sie nie wieder verlassen konnte, wollte er es nicht.
    ‚Ich habe dich geliebt!’, sagte er unvermittelt.
    Sie lächelte, noch immer klein und sanft wie ein Kätzchen, während sie vor ihm stand und die Zuschauer auf den Rängen schwiegen.
    ‚Ich liebe dich noch immer!’, wiederholte er.
    Seine innere Stimme war vorsichtig: Tu es nur, wenn es richtig ist für dich.
    In diesen wenigen zeitlosen Minuten begriff er, dass er sie nicht einsperren, nicht aus seinem Leben verdammen konnte. Er hatte es sich gewünscht, es sich eingeredet, es über alle Maßen gewollt, doch nun würde er sich wie ein Monster vorkommen.
    Das Gabi-Kind drehte sich um und während sie zu ihrem Platz ging, wuchs sie zur Erwachsenen-Gabi, nur eine kleine Weile, denn sie veränderte sich erneut.
    ‚Geh nicht’, sagte er.
    Der Kopf wandte sich zu ihm, doch nun war sie nicht mehr Gabi, war wieder der Narbenmann, und in dessen Blick lag tiefe Traurigkeit.
    ‚Du bist nie gegangen’, sagte Mark überzeugt und sein Atem ging leichter, während tief in seinem Magen ein Gefühl wuchs, wie ein Feuer, wie ein Licht, als öffne sich sein Körper für etwas Neues.
    ‚Ich habe dich nie begriffen’, sagte er.
    Der Mann lächelte, dann ging er davon, und er ging davon, weil Mark es so wollte. Er hätte nichts tun können, was Mark nicht gewollt hätte, das war das Geheimnis.
     
     
    Mark setzte sich in seinen alten Ford und fuhr zu seiner Frau. Er hoffte, Marlies sei auch daheim.
    Er klingelte.
    Wortlos trat Gabi zur Seite und Mark betrat das kleine Haus. Das erstaunte ihn. Keine Tiraden, keine Vorwürfe, keine Abwehr, sondern ein schmalschulteriges: »Geh durch.«
    Er blieb zwischen Küche und Wohnzimmer stehen.
    »Geh in den Garten. Seit einer Stunde scheint die Sonne. Lass sie uns genießen. Der Herbst kommt.« Ihre Stimme klang mechanisch und Mark erkannte, dass Gabi depressiv war. So etwas identifizierte er als Fachmann sofort.
    Es polterte und Marlies kam die Stufen runter. Sie rannte zu ihm und warf sich in seine Arme.
    Danke Gabi, dass du mir unser Kind nicht entfremdet hast, wie es so viele Frauen tun, die sich von ihrem Mann trennen.
    Er drückte das Mädchen und streichelte ihre Haare. Fast hätte er gesagt, wie groß sie geworden sei, aber er verkniff es sich, denn er erinnerte sich, wie sehr er das in ihrem Alter gehasst hatte.
    »Mama,

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