Sei mein Moerder
ein Mann, der ihn töten würde, um einen Mitwisser zu beseitigen?
Marks Rücken zog sich zusammen und kalter Schweiß sammelte sich auf seiner Haut. Fuhr er in sein Verderben?
Je mehr er darüber nachdachte, desto sicherer wurde er, dass der Termin in zwanzig Minuten seinen Tod bedeutete. Was würde er an Kussmunds Stelle tun? Er würde den Mann, der im Auftrag gehandelt hatte, beseitigen.
Aber warum?
Nicht Kussmund war der Mörder aller Opfer.
Kussmund hatte Briefe geschrieben, was nicht kriminell war, sondern lediglich ein dunkler Scherz sein mochte.
Seit dem Gespräch mit Gabi hatte sich in seinem Kopf ein Schalter umgelegt. Er hatte wieder eine Perspektive. Ein Mensch mit einer Perspektive konnte alles erreichen, ein Mensch ohne sie war nur ein nasser Lappen, ein Sack voller Knochen.
Und wieder war es, als öffne sich eine Schleuse, aus der Feuer und Wasser gleichzeitig strömten.
Hass wallte in ihm auf.
Tiefer, dunkler Hass!
Sein Herz schlug schnell und er stellte sich Kussmund in seinen Klauen vor, er war das Monster, das Kussmund fressen würde, er würde sich rächen und seine Lust haben, und schließlich, um die Wonne zu erfüllen, wünschte er sich, Kussmund sei eine Frau.
Er würde sie ficken, würde sie immer und immer wieder ficken und schließlich zerschneiden, denn es war keine Schädigung des Geistes, sondern eine Fähigkeit. Caffé sagte die Wahrheit. Ein Mörder war wie Gott, und er würde seinen göttlichen Schwanz in Kussmund schieben, zwischen ihre Kussmundlippen, und sie stundenlang, wenn es ein musste tagelang quälen, bis sie schreiend, kreischend, bis sie sabbernd und röhrend wie ein Vieh starb.
Ach, sei eine Frau!
Bitte sei eine Frau!
Mark hörte sich jammern, hörte sich keuchen.
Er hielt genau neben dem Glascontainer.
33
Kaum hatte Janine das Hotelzimmer verlassen, sprang Will in seine Kleidung und hetzte hinterher. Er war lange genug Polizist gewesen, um zu wissen, wie man jemanden professionell beschattete.
Er erwischte sie, als sie den Fahrstuhl verließ.
Keuchend, denn er hatte die Treppe genommen, drückte er sich an die Mauer. Er kam zu Atem und folgte ihr mit Blicken.
Als sie das Hotel verließ war, huschte er zu seinem Auto. Nun galt es schnell zu sein, denn das war der Moment, in dem er sie verlieren konnte. Sie ging in eine andere Richtung.
Was er in der letzten Stunde erlebt hatte, erschütterte sein Gleichgewicht, auch wenn er gestehen musste, dass davon sowieso nicht allzu viel übrig war. Was er anstellen musste, um sie zu halten, was er tun konnte, damit sie nicht nach Süddeutschland zog, wusste er nicht, aber ihm würde etwas einfallen.
Er schwang sich hinter das Lenkrad, und als er dachte, sie verloren zu haben, sah er sie und folgte ihr vorsichtig. Hoffentlich nahm sie nicht die U-Bahn. Dort unten konnte er sie zu schnell aus den Augen verlieren.
Janine betrat ein Schreibwarengeschäft. Hinter ihm hupten Taxis und andere Autos, was Will nicht interessierte. Er wartete in der zweiten Reihe. Wer in Berlin fuhr, kannte das.
Sie kam zurück, mit einer Plastiktüte. Dann kehrte sie in eine Bratwurstbude ein. Es dauerte eine Weile. Sie schritt weiter voran, noch immer schlich er knapp hinter ihr her. Er reckte den Kopf vor. Es war dunkel geworden und sie wurde zu einem Schemen, dem er nun schwer folgen konnte. Gott sei Dank hielt sie sich im Licht der Auslagen und Schaufenster. Sie bog ab, ging in eine Seitenstraße und schließlich öffnete sie eine Tür und verschwand.
Will suchte sich einen Parkplatz und fand ihn knapp gegenüber.
Ein Stadthaus mit fünf Stockwerken. Also 10 Parteien, falls es keinen Hinterhof gab, aber die waren hier eher selten.
Er lehnte sich zurück und wünschte sich einmal mehr eine Zigarette. Sein Kater kehrte zurück, er fror, war müde und aufgekratzt gleichermaßen.
Nach einer gefühlten Unendlichkeit trat Janine aus der Tür und ging die Straße hinunter. Bei einem Briefkasten verhielt sie und warf etwas ein, dann ging sie weiter. In einem der zahllosen Berliner Supermärkte kaufte sie ein. Sie hatte nun eine Stofftasche dabei. Sie ging zurück, blieb stehen und betrachtete ein Schaufenster für Kunsthandwerk. Ihr Gesicht schimmerte in der Scheibe und vermischte sich mit dem Spiegelbild des Graffitis der gegenüberliegenden Straßenseite.
Dann verschwand sie wieder in der Tür des Stadthauses.
Die Zeit verrann wie Sirup.
Eine Stunde später kam Janine aus dem Haus. Sie blickte nach links und nach rechts, als
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