Sei mein Moerder
noch.« Caffé hob belehrend den Finger. »Es ist keine Schädigung meines Geistes, wenn ich morde, sondern eine Fähigkeit, selbst wenn ich nur eine Fiktion bin. Machen Sie sich das bitte bewusst.« Der Mörder blickte den Psychologen fast mitleidig an. »Aber euch geht es nur um Absolution. Ihr alle wartet auf Entschuldigungen.«
Mark lächelte. »Oh nein, da irren Sie sich.«
»Sie blicken auf die Uhr? Ja, unsere Zeit für heute ist um. Lassen Sie mich abschließend sagen, dass es Spaß macht, zu töten, was Sie sich erst vorstellen können, wenn Sie es das erste Mal getan haben. Nichts geht über einen Menschen, der die letzten aller Gedanken denkt und das Glück hat, vor Schmerz in die Klarheit, die Sie vielleicht Wahnsinn nennen würden, zu gleiten. Gibt es einen schöneren Tod als den der nackten Reinheit? Nein, es tut mir nicht leid, Doktor.«
»Wir werden uns jetzt eine Weile nicht sehen. Das Gerichtsverfahren beginnt, aber ich bleibe Ihnen erhalten.«
»Das ist schön. Die Gespräche mit Ihnen waren erbaulich.«
»Verspotten Sie mich?«
»Warum nicht, Doktor? Sollte man nicht über alles spotten, das eine Kehrseite hat? Aber keine Sorge. Ich verstehe Sie, und beim Verständnis endet der Spott. Und vergessen Sie nicht ...«
Uwe Caffé wurde abgeführt. Vor der Gittertür blieb er noch einmal stehen und blickte sich um. »Töten ist eine Fähigkeit.«
Mark saß noch eine Weile alleine im Besprechungsraum und starrte auf die Tischplatte. Ganz langsam rollte ein Schweißtropfen von seiner Stirn und klatschte auf das Holz.
6
Als Mark den Verband abnahm, staunte er, wie gut die Wunde verheilte. Offenbar hatte er Glück gehabt, denn die Rosenschere hatte einen Hautlappen über dem Knochenende des Gelenkes gelassen, der sich früher oder später mit der anderen Haut verbinden würde, was einen sauberen Stummel ergab. Auch der Schmerz war erträglich und wenn man überlegte, dass es Jet-Set-Ladies gab, die sich chirurgisch ihre Zehen verkürzen ließen, um besser in ihre High-Heels zu passen, war die Aktion vielleicht gar nicht so schlimm, oder?
Mit dieser Tat bin ich erpressbar geworden, dachte er. Mit diesem ersten Schritt spielte jeder Erpresser. Er wartete, ob sein Opfer auf seine Forderungen einging. War der erste Schritt gegangen, gab es für den Erpressten keinen Weg zurück. Es ähnelte einem psychischen Dammbruch, für den es keine Grenze gab. Sobald die Psyche des Opfers die Erpressung akzeptiert hatte, hatte der Verbrecher leichtes Spiel.
Wieder desinfizierte Mark die Wunde, was kurzzeitig abscheulich brannte, dann humpelte er nach draußen, stülpte einen schwarzen Müllbeutel von unten über das Tier und schnitt den Hundekadaver ab.
Der Plastikbeutel schlug zu seinen Füßen auf.
Er fand neben der Kiefer einen Platz, wo er mit einem Spaten eine Grube aushob. Das war mühsam, denn er musste den Spaten mittels Muskelkraft in den Boden stoßen, da er den rechten Fuß nicht auf das Blatt drücken konnte, was sein linker Fuß verbot. Dennoch gelang es ihm, eine Grube auszuheben, die tief genug war, um den Kadaver aufzunehmen.
»Friede deiner bellenden Seele«, sagte Mark bitter und rollte den Müllsack in das Loch, das er dann zuschaufelte. »Ich werde Rosen auf deinem Körper pflanzen. Rosen, die gut blühen werden. Rot wie Blut!«
Sein Handy vibrierte.
Er holte es aus der Hosentasche und sagte: »Hallo?«
Seine Mutter war am Telefon. Margot Rieger war eine resolute Frau, die vermutlich neunzig werden würde, da sie sich nicht nur ans Leben klammerte, sondern es auch liebte.
»Papa ...«, stotterte sie.
»Was ist mit ihm?« Vor Marks Augen begann sich der Garten zu drehen. Seine Eingeweide schienen sich zu verknoten und Magensäure stieg bitter in seine Kehle. In seinen Ohren rauschte es.
»Heute Mittag ist er zusammengebrochen. Ich habe sofort den Arzt gerufen.«
»Und?«
Seine Mutter fing an zu weinen.
»Er litt schreckliche Schmerzen, und bevor der Krankenwagen da war ... oh Mark, lieber Sohn ...«
Mark roch Dinge, die er zuvor noch nie wahrgenommen hatte, Schweiß lief ihm in die Augen.
»ER HATTE EINEN HERZANFALL!«, rief seine Mutter verzweifelt und schluchzte und jammerte. »Sein Herz hat ausgesetzt!«
»Wie geht es ihm?« Seine Stimme kam tonlos und klang wie aus weiter Entfernung. Eine lächerliche Frage voller Hilflosigkeit, denn ihre Tränen ließen keinen Zweifel, wie die Sache ausgegangen war.
»Ist er ...?«
»Er ist tot. Sitzt im Garten, liest den
Weitere Kostenlose Bücher