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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Pistole des Ermittlers zu greifen, wobei er so furchtbar mit dem Kopf gegen das Tischbein donnerte, dass der Tisch zwei Meter über den Boden rutschte.
    Das brachte die drei Gäste auf, die hochsprangen, wobei Getränke umkippten. In der Molle war die Hölle los. Der Wirt telefonierte hektisch, vermutlich rief er die Polizei. Glas klirrte. Rufe wurden laut. Da es bei einer Belohnung stets um sogenannte sachdienliche Hinweise ging, hätte Will den Kampf aufgeben können, falls jeden Moment ein Streifenwagen vorfuhr, aber seine Erfahrung sagte ihm, dass besonders diese Hinweise stets zu Streit mit der Staatsanwaltschaft führten. Eine Festsetzung des Täters hingegen war unzweifelhaft, war sauber, war endgültig!
    Und dann geschah etwas, das Will noch nie erlebt hatte.
    Ein Gast, ein junger Mann, bückte sich, hob die Pistole auf und warf sie Will zu, der sie sicher fing. Im selben Moment richtete er den runden langen Stahl direkt auf Lützers Stirn und der Mann sackte zusammen wie ein nasser Sack.
    Das Heulen des Streifenwagens näherte sich.
    »Keine Bewegung, oder du bist tot«, sagte Will theatralisch. Es wäre nicht nötig gewesen, denn der Mörder hockte auf dem Hintern, sein kahler Kopf fiel vornüber auf die Knie und er begann zu weinen.
    Will erhob sich, klopfte sich den Staub von der Jeans, die Waffe auf den Verhafteten gerichtet, zog seine Lederjacke in Form und stützte sich auf den Tresen.
    »Eine Cola«, sagte er. »Cola Light!«

8
     
    Mark Rieger war nach Brandenburg gefahren, um seine Mutter zu trösten und wichtige Dinge zu arrangieren, damit sein Vater würdevoll unter die Erde kam. Bei seiner Mutter war die Nacht lang geworden, die Tränen waren reichlich geflossen und das Haus hatte still und leer gewirkt. Die agile Frau konnte und wollte nicht begreifen, dass sie von nun an alleine leben würde, und Mark konnte ihr die Verzweiflung nicht verdenken. Sein Vater war ein manchmal lauter, aber auch sehr sanfter Mensch gewesen, der mit seiner Aufgeräumtheit Räume gefüllt hatte.
    Nun war Mark zurück in seinem Haus, das ihm auf den Kopf zu fallen schien, denn es fühlte sich ähnlich leer, still und vereinsamt an wie das seiner Mutter.
    Er selbst war kalt wie Eis und konzentriert.
    War Vater wirklich an einem Herzinfarkt verstorben? War alles nur ein Zufall? Hatte der Briefschreiber nichts damit zu tun? Wäre es sinnvoll, Vater obduzieren zu lassen?
    Als es klingelte, schrie er auf, als habe man ihm ein Messer in den Leib gerammt.
    Er hasste die Türklingel!
    Er hasste sie so sehr, dass er sie am liebsten mit einem Hammer von der Wand geschlagen hätte.
    Er taumelte, ohne auf seine Fußschmerzen zu achten, die er vor seiner Mutter mühsam verborgen hatte, in den Flur und sah sofort den Brief, der im offenen Kasten lag.
    Er riss die Tür auf.
    Niemand war da.
    »Ich kriege dich, du Schwein!«, brüllte er in den Tag. »Ich bringe dich um, du Drecksau!« Er knallte die Tür zu, lehnte sich mit der Stirn dagegen und hatte das Gefühl, den Halt zu verlieren.
    Er öffnete den Umschlag und las mit verschleiertem Blick. Die Kälte hatte ihn verlassen. Sie war nur eine spröde Hülle gewesen.
    Zuerst fiel sein Blick auf ein Foto. Er ächzte, als er seinen Schwager, Guido Vollmer, erkannte.
    Und begriff sofort, was das bedeutete.
     
    Verehrter Herr Rieger,
    zuerst meinen herzlichen Dank für Ihren Zeh. Ich erkenne daran, dass Sie gewillt sind, meine Aufträge auszuführen. Allerdings sprachen wir über zwei Zehen, nicht über einen einzelnen. Ich verstehe, dass die Prozedur für sie sehr schmerzhaft gewesen sein muss. Trotzdem kann unsere Freundschaft nur gedeihen, wenn Sie sich absolut an meine Anweisungen halten. Halb töten geht nicht. Entweder – oder!
    Ich vermute, dass Ihr erster Mord noch schmerzhafter für Sie sein wird, als das läppische Abschneiden eines Zehs. Wie also soll ich Ihnen vertrauen? Es sind die Inkonsequenzen des Lebens, die die größten Konsequenzen nach sich ziehen. Das wissen Sie, denn sie sind ein gebildeter Mann.
    Entsprechend nun die Konsequenz:
    Gestern starb Ihr Vater. Es hätte auch Ihre Tochter treffen können, aber ich wählte das Foto Ihres Vaters mit geschlossenen Augen, was ich sehr spannend finde. Er hatte einen Herzinfarkt. Zumindest ist das die offizielle Version.
    Nun wissen Sie, dass ich nicht spaße. Vergessen sie nie: Ihr Vater geht auf Ihr Konto! Er starb, weil sein Sohn ein Feigling war.
    Ich bin sicher, Sie werden nie wieder feige sein.
     
    Mark blickte auf.

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