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Seidig wie der Tod

Seidig wie der Tod

Titel: Seidig wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Ross
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jedoch, bei denen sie ihn meist angeschrien hatte, blieb ihre Stimme heute kühl. „Verbrecher halten eben leider keine Büroschlusszeiten ein.“
    Sie schaute an ihm vorbei auf die dunkelhaarige junge Frau am Boden. Nein, berichtigte Desiree sich, keine Frau, sondern ein junges Mädchen an der Schwelle zum Erwachsensein. Jemand hatte es in eine Decke gewickelt; sein Gesicht war leichenblass, seine braunen Augen stark gerötet.
    Ein Erschaudern durchzuckte Desiree. Ihr war, als hätte sie einen Blick in eins der Gräber getan, die sie umgaben. Dies hier war kein prickelnder Sex, wie sie ihn sich so oft in ihren Träumen ausmalte – dies war eine grobe, brutale Vergewaltigung.
    Sie holte tief Luft. „Konnte sie euch eine Beschreibung des Angreifers geben?“
    „Sie hat noch kein Wort gesagt.“ O’Malley fluchte. „Der Sanitäter sagt, sie stünde unter Schock.“
    „Was nicht überraschend ist in ihrer Lage.“
    „Nein“, stimmte er mürrisch zu. Im Gegensatz zu Desiree hatte er die Prellungen und Bisswunden des Opfers gesehen. „Das Mädchen kann froh sein, dass es noch lebt. Aber es wird uns keine große Hilfe sein. Einer meiner Männer hat versucht, mit der Kleinen zu reden, aber es war, als spräche er mit einer Wand.“
    Desiree beobachtete, wie die Sanitäter das Mädchen zum Krankenwagen trugen. „Weißt du, was sie mitten in der Nacht hier auf dem Friedhof machte?“
    „Sie ist eine Prostituierte. Einer der Streifenpolizisten sagte mir, dass sie bei den letzten drei Razzien erwischt wurde. Wahrscheinlich hat sie irgendeinen Kunden hergebracht, um ungestört zu sein.“ Er schaute sich zwischen den weißen Marmorgräbern um. „Ist ja schließlich nicht so, als ob sich die Bewohner hier durch den Lärm belästigt fühlen würden.“
    Obwohl Desiree bei seinem gefühllosen Ton zusammenzuckte, wusste sie, dass sein Galgenhumor nichts als ein Versuch war, mit den grausamen und tödlichen Seiten des Lebens fertig zu werden. „Das werde ich veröffentlichen.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Tu, was du nicht lassen kannst. Das machst du ja sonst auch immer.“
    Es war nicht der Moment, alte Streitfragen hervorzukramen. „War es derselbe Mann?“
    Ein weiteres Schulterzucken. „Kann ich noch nicht sagen.“
    Desiree sah die vertraute Barriere zwischen ihnen wachsen. „Aber der Modus operandi ist der gleiche?“
    „Ich erinnere mich nicht, etwas über die Art seines Vorgehens gesagt zu haben.“
    Mehr als fünf Worte gleichzeitig aus Michael Patrick O’Malley herauszulocken, war keine leichte Aufgabe. „Das Einzige, was du mir sagst, ist also, dass du mir nichts verraten wirst.“
    „Du weißt bisher schon mehr als der Rest der Presse.“ Er schaute sich um und fluchte. Auch andere Reporter waren inzwischen eingetroffen. „Wenn man vom Teufel spricht …“
    Er wandte sich an einen Streifenpolizisten in der Nähe. „Kolbe begleiten Sie Miss Dupree und ihren Kameramann hinter die Absperrung zurück. Das Interview ist beendet.“
    „Komm, Michael“, lockte Desiree, „gib mir ein paar Fakten, und ich gehe freiwillig.“
    „
Wie
du gehst, ist nicht mein Problem. Nur
dass
du gehst.“
    Da war er wieder, dieser flüchtige Ausdruck, der Desiree zu Bewusstsein brachte, dass sie nicht die Einzige war, die manchmal an vergangene Zeiten zurückdachte.
    „Lass mich in Ruhe, Desiree“, sagte er ruhig. „Wenn ich dich bleiben lasse, muss ich auch diese Schakale dort hereinlassen. Und dann wird bald jede Spur, die ich mich zu bewahren mühe, zertrampelt sein.“
    Darin, das musste sie zugeben, hatte er recht. „Können wir später reden?“
    „Oh Gott, ich hatte schon vergessen, wie stur du sein kannst, wenn du dich in eine Story verbissen hast.“
    „Ich will nur sichergehen, dass ich die richtigen Fakten habe. Wenn ein gewohnheitsmäßiger Vergewaltiger das Viertel unsicher macht, müssen die Leute es erfahren. Und wenn nicht, willst du doch sicher nicht, dass die Bürger von New Orleans in unnötige Panik versetzt werden.“
    O’Malley wusste, wann er sich geschlagen geben musste. „Wenn ich es schaffe, treffe ich dich morgen früh um acht im Coffee Pot“, entgegnete er resigniert.
    „Fantastisch! Ich lade dich gern zum Frühstück ein.“
    „Kommt nicht infrage! Unsere Steuerzahler sollen nicht glauben, ihre Polizisten ließen sich mit Cajunsteaks und Pommes frites bestechen.“
    „Doch nicht bei dir“, entgegnete Desiree. „Du gehörst zu den Unbestechlichen.“
    „Vergiss das

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