1586 - Leichenräuber
Peter Bloom, den Suko auf dem Gelände treffen wollte, hatte ihm versprochen, das kleine Seitentor offen zu lassen. Darauf ging Suko nun zu.
Er wusste nicht, wann Bloom ihm entgegenkommen würde. Er hatte nur allgemein den Friedhof als Treffpunkt genannt. Suko rechnete allerdings damit, dass Bloom in der Nähe des Ausgangs warten würde.
Die Tür aus einem grün gestrichenen Gitter sah zwar abgeschlossen aus, sie war es aber nicht. Bereits auf einen geringen Druck hin gab sie nach, und Suko betrat das Gelände.
Friedlich und still lag es vor ihm. Es war ein Areal, auf dem viele Bäume wuchsen, als sollte deren Laub die Gräber beschützen, sei es vor Regen oder zu großer Hitze.
Suko gelangte auf einen Weg und blieb nach knapp fünf Schritten stehen.
Von Bloom sah er nichts. Er kannte ihn auch nicht. Der Mann hatte beim Yard angerufen und etwas über Leichenräuber berichtet, die sich auf diesem Friedhof herumtreiben sollten. Auf entsprechende Nachfragen hatte er nichts gesagt und nur um das Treffen gebeten.
Suko hätte normalerweise seinen Freund und Kollegen John Sinclair mitgenommen, doch der war im Moment nicht greifbar und hatte einen Fall an der deutschen Grenze zu Polen zu lösen.
Der Inspektor war eigentlich kein Mensch, der auf bloße Gefühle reagierte oder sie schon im Voraus spürte. In diesem Fall war er jedoch sofort sensibilisiert gewesen.
Er sah zwar nichts, was nach einer gefährlichen Überraschung aussah, aber Bloom hätte eigentlich erscheinen müssen. Er hatte es ja sehr dringend gemacht. Noch jetzt klang seine Stimme in Sukos Ohren nach. Nun war er nicht zu sehen.
Das war schon ungewöhnlich, und so keimte das Misstrauen bei Suko immer höher.
Rechts des Weges lagen die Gräber. Mal frei, dann wieder durch Geäst geschützt.
An der linken Seite sah Suko den Umriss eines Hauses. Es war eine der beiden Leichenhallen auf dem Gelände. Suko ging davon aus, dass Peter Bloom dort zu finden war.
Er sah den Mann nicht. Dafür entdeckte er einen schmalen Weg, der auf die Tür dieser kleinen Leichenhalle zuführte. Das Backsteingebäude duckte sich unter dem Geäst einer Kastanie. Die Tür war mit grüner Farbe gestrichen, die teilweise abgeblättert war. Suko sah Scheiben, die ihn an Schatten erinnerten, und er sah auch zwei Ruhebänke neben dem Eingang. Auf ihnen lagen einige Blätter.
Die Stille war geblieben. Es gab keine Spur von Peter Bloom. Trotzdem glaubte Suko nicht daran, dass der Mann mit ihm einen Scherz getrieben hatte. Dafür hatte seine Stimme am Telefon einfach zu aufrichtig geklungen.
Suko hatte nur kurz mit ihm gesprochen. Leichenraub war sein Thema gewesen. Viel mehr hatte er nicht verraten, aber Suko hatte sofort darüber nachgedacht, wer mit Leichen etwas anfangen konnte.
Da gab es gewisse Gruppen, die einen Draht zur Hölle finden wollten und die Toten für irgendwelche Rituale missbrauchten. Es gab auch andere Perverse, die mit Toten etwas anstellten, über das Suko lieber nicht nachdenken wollte.
Aber es gab noch eine dritte Kategorie. Das waren die Ghouls, die sich von Toten ernährten. Diese schleimigen Wesen waren die widerlichsten aller Dämonen. Man konnte sie nur als ekelhaft, schleimig und abstoßend bezeichnen.
Damit musste Suko auch rechnen. Leider hatte Peter Bloom darüber nichts gesagt. Er hatte sich überhaupt nicht im Detail ausgelassen, und darüber ärgerte sich Suko noch mehr.
Er wollte auf Nummer sicher gehen und umrundete die kleine Leichenhalle. Dabei suchte er nach Spuren, die auf Bloom hinwiesen.
Er sah nichts und hörte nur das Knirschen und Rascheln des frühen Laubs, das von seinen Schuhen hoch gewirbelt wurde.
Erneut blieb er vor der Tür stehen. Zwar hatte der Anrufer nichts von einem Treffen innerhalb der kleinen Leichenhalle gesagt, doch Suko wollte auch dort nachschauen. Zumindest, um sein Gewissen zu beruhigen.
Wenn Bloom dort auch nicht zu finden war, hatte er Pech gehabt. Danach erst wollte Suko die Umgebung absuchen.
Die Tür war nicht besonders breit, aber sie sah recht stabil aus. Suko drückte die Klinke nach unten und war nicht mal überrascht, dass die Tür nicht abgeschlossen war.
Von der Vorderseite her betrat er die Leichenhalle, durch deren Fenster nur wenig Licht schien.
Sukos Blick fiel auf die Stühle, die in Reih und Glied standen. Er sah auch noch mehr, und das wunderte ihn zu diesem Zeitpunkt schon. Vor den Stühlen und etwas erhöht stand ein hellbrauner Sarg. Schlicht, einfach nur so. Keine Kerzen oder
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