Sein erster Fall
war.
»Tag«, sagte ich. - Sie nickte.
»Ist... Was ist sie überhaupt, Frau oder Fräulein?«
»Frau.«
»Ist sie da?«
»Nein.«
»Und Sie, wie redet man Sie an, außer mit >Tag«
»Miss Brand.«
»Sehr angenehm, Miss Brand. Mein Name ist Donald Lam. Mrs. Cool hat mir die Stelle gegeben, die ausgeschrieben war.« Sie tippte weiter.
»Da ich von jetzt an hier arbeite«, fuhr ich fort, »werden wir uns vermutlich oft sehen. Sie mögen mich nicht, und ich glaube, ich werde mir aus Ihnen auch nicht viel machen. Von mir aus können Sie’s dabei belassen, wenn Sie wollen.«
Sie hörte auf zu tippen, um ihren Stenogrammblock umzuschlagen, blickte zu mir auf. »Geht in Ordnung«, sagte sie und schrieb weiter.
Ich ging zu ihr hinüber und setzte mich.
»Gibt’s für mich sonst was zu tun außer warten?« fragte ich nach ein paar Minuten.
Sie schüttelte den Kopf.
»Mrs. Cool hat gesagt, ich sollte um elf wieder dasein.«
»Sie sind ja da«, erwiderte sie und bearbeitete weiter ihre Schreibmaschine.
Ich zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche. Eine ganze Woche hatte ich keinen Zug geraucht, durchaus nicht etwa aus Überwindung, sondern weil mir keine andere Wahl geblieben war.
Die Tür des Vorzimmers öffnete sich. Mrs. Cool schwebte majestätisch herein. Eine elegante Person mit kastanienbraunem Haar folgte ihr auf den Fersen.
Ich überschlug noch einmal das Gewicht meiner neuen Chefin, während sie durch das Zimmer ging, und zählte zu meiner ersten Schätzung zwanzig Pfund hinzu. Offensichtlich legte sie keinen Wert darauf, sich mit Gewalt in enge Kleider zu zwängen. In ihrer lockeren Gewandung wackelte sie daher wie ein Pudding, aber weder keuchte noch watschelte sie. Sie ging mit leichtem, elegantem Rhythmus, machte keine zu großen Schritte, es war, als ob sie überhaupt keine Beine hätte, sie floß vorüber wie ein Strom.
Ich sah das Mädchen hinter ihr an, und unsere Blicke begegneten sich. Sie war schlank und hatte besonders feine Knöchel, ihr ganzes Wesen schien wie verängstigt auf Fußspitzen zu gehen. Ich hatte den Eindruck, wenn ich sie laut mit >Buuuh!< anbrüllen würde, wäre sie mit zwei Sätzen aus dem Büro. Sie hatte dunkelbraune Augen, eine sonnengebräunte Haut - vielleicht war’s auch nur Puder -, und ihre Kleider brachten ihre Figur ausgezeichnet zur Geltung.
Elsie Brand tippte unentwegt weiter.
Mrs. Cool hielt die Tür zu ihrem Privatbüro auf. »Treten Sie bitte ein, Miss Hunter«, sagte sie. Dann sah sie zu mir hin und fuhr mit unveränderter Stimme wie in ein und demselben Satz fort: »In fünf Minuten brauche ich Sie. Warten Sie!« Dann schloß sich die Tür.
Ich machte es mir so bequem wie möglich und wartete.
Nach kurzer Zeit summte das Telefon auf Elsie Brands Schreibtisch. Sie hörte auf zu tippen und nahm den Hörer ab: »Jawohl«, antwortete sie, legte den Hörer wieder auf und nickte mir zu. »Gehen Sie hinein«, sagte sie und hämmerte bereits wieder auf ihrer Maschine, ehe ich noch aufgestanden war.
Ich öffnete die Tür zum Privatbüro, Mrs. Cool quoll aus ihrem großen Sessel und beugte sich mit aufgestützten Ellenbogen über den Schreibtisch. Als ich eintrat, sagte sie gerade: »... nein, mein Kind, ich gebe einen Dreck darum, ob Sie mich anlügen. Früher oder später kriegen wir die Wahrheit doch heraus, und je länger das dauert, desto mehr kostet Sie das. Darf ich vorstellen: Donald Lam; Mr. Lam, dies ist Miss Hunter. Mr. Lam arbeitet noch nicht lange bei mir, aber er ist sehr kompetent. Er wird Ihren Fall bearbeiten, ich kontrolliere ihn aber.«
Ich verbeugte mich gegen das Mädchen; sie lächelte miçh befangen an, als ob sie mit irgendeiner wichtigen Entscheidung nicht fertig werde.
Mrs. Cool verblieb völlig gelassen in ihrer Stellung, mit dem allen Fettleibigen eigenen Beharrungsvermögen. Hagere Menschen zappeln dauernd hin und her, um ihre Nervosität abzureagieren. Mrs. Cool dagegen hatte nicht die Spur von Nervosität an sich. Wenn sie saß, dann saß sie. Sie hatte die Majestät eines Schneegebirges und die Selbstsicherheit einer Dampfwalze.
»Nehmen Sie Platz, Donald«, sagte sie.
Ich setzte mich hin und musterte mit sachlichem Interesse Miss Hunters Profil - sie hatte eine gerade Nase, ein feingeformtes Kinn; ihre faltenlose, delikat geschwungene Stirn war von schimmernden kastanienbraunen Locken eingerahmt. Das Mädchen schien tief in irgendwelchen Gedanken zu sein, die sie ihre Umgebung völlig vergessen ließen.
Mrs. Cool
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