Sein letztes Tabu
riesige schwarze Harley Davidson geklettert, hatte ihr einen Helm gegeben, den Motor angelassen und ihr befohlen, sich dicht hinter ihn zu setzen und sich festzuhalten.
Die Geschwindigkeit machte Cat Angst, aber sie sollte sich lieber an den beißenden Fahrtwind gewöhnen, der ihre Augen tränen ließ, denn Luke liebte sein Motorrad.
Sein Haus lag eine Stunde südlich von San Francisco, an einer der engen und kurvigen Küstenstraßen. Cat schloss die Augen und drückte ihre eiskalte Nase gegen seine Lederjacke. Sie musste an das erste Mal denken, als er sie mitgenommen hatte. Sie war damals zehn gewesen und er siebzehn.
Luke hatte sie damals nur mitgenommen, weil sein Vater darauf bestanden hatte. Sie sollte die Erste sein, die mit ihm auf dem neuen Motorrad fuhr, und ihr war ganz elend gewesen vor Angst. Luke war darüber so wütend geworden, dass er die ganze Zeit geflucht hatte. Ihre Augen hatten wie verrückt getränt, und Luke und sein Vater hatten sich hinterher fürchterlich gestritten.
“Lass mal ein bisschen los, Cat, ich kriege ja keine Luft.”
Aber Cat achtete nicht darauf. Nur wenn sie sich ganz fest an ihn klammerte, konnte sie die Fahrt einigermaßen ertragen. “Sind wir nicht bald da?”
“Noch lange nicht.” Er lachte, und sie fühlte, wie sein Oberkörper dabei vibrierte.
“Bitte, halt mal eine Sekunde an”, bat Cat, als Luke von der Asphaltstraße auf einen ungepflasterten Weg einbog, der schon zu seinem Grundstück gehörte. Der Küstennebel hatte sich verzogen, sodass man im Sonnenschein die Wellen des Pazifiks glitzern sah. Cat sog tief die frische Luft ein, während sie sich von dem Beifahrersitz schwang.
Sie nahm den Helm ab, beschattete die Augen mit der Hand und blickte auf das weite Meer. Immer noch schlug ihr Herz schnell, kein Wunder, nachdem sie sich eine Stunde fest an Luke gepresst hatte. Aber sie wollte nicht darüber nachdenken, wie sie auf ihn reagierte, sondern wandte sich jetzt dem Haus zu. “O Luke, das ist fantastisch!”
Das Haus war ganz aus Holz gebaut und passte vollkommen in die Umgebung. Es war einstöckig und wirkte bereits jetzt so, als hätte es schon seit Ewigkeiten da gestanden. Große Zypressen umrahmten den Vordereingang, von dem aus man einen Blick auf das Meer hatte.
Plötzlich fühlte Cat, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Solange sie denken konnte, war dieses Haus ein Wunschtraum von Luke gewesen. Als er sich entschieden hatte, Architekt zu werden, hatte er geschworen, ein Haus für sich mit seinen eigenen Händen zu bauen. Eigentlich erstaunlich für einen Mann, der in manch anderer Beziehung von Beständigkeit nicht so viel hielt. Ob ihm wohl bewusst war, wie schlecht sich ein eigenes Haus mit seiner Vorstellung von ständiger Abwechslung vertrug?
Obwohl Luke für die Erker und Simse der viktorianischen Häuser sehr viel übrig hatte, hatte er Cat mal erklärt, dass für ihn nur ein schlichtes Haus mit klaren Linien im modernen Stil infrage käme.
Sie blickte auf das große Panoramafenster, das auf das Meer hinausging. Das war ihre Idee gewesen, damals, vor vielen Jahren, als sie sich an einem regnerischen Winterabend über die ersten Skizzen gebeugt hatten. Vielleicht war es Luke nicht klar, aber ein Teil von Cats Träumen war hier in seinem Haus verwirklicht.
Schritte knirschten hinter ihr auf dem Kies, und sie fühlte plötzlich Lukes Hand auf ihrer Schulter. Schweigend standen sie da und betrachteten die Auffahrt zu dem Haus. Cat war sich nur zu sehr seiner Nähe bewusst. Sie spürte jeden einzelnen seiner Finger, seinen warmen Körper, der sie vor dem rauen Seewind schützte. Es roch nach Meer und frischem Holz.
Lukes Nähe hatte sie immer schon erregt. Und jetzt, nach dieser langen Fahrt, eng an ihn gepresst, musste sie dringend Abstand von ihm halten. Sie trat einen Schritt vor und lächelte ihn über die Schulter an. “Lass uns doch den Rest des Weges zu Fuß gehen, sodass wir ein Gefühl für die Umgebung bekommen.”
Luke zog eine Grimasse, und Cat musste lachen. Sie wusste, er fuhr lieber, als zu laufen, saß lieber, als zu stehen, und er telefonierte lieber, als dass er schrieb.
“Ein bisschen körperliche Bewegung ist gut für dich. Es ist doch höchstens eine halbe Meile.”
“Aber das sind Arbeitsstiefel”, sagte er und blickte auf seine Füße, “und keine Wanderstiefel. Außerdem muss ich mit meiner Energie sparsam umgehen, wenn ich nachher Nick und dich herumscheuchen will.”
Sie zuckte mit den
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