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Sein mit Leib und Seele - Band 01

Sein mit Leib und Seele - Band 01

Titel: Sein mit Leib und Seele - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Dean
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widmet er den Großteil seiner Freizeit und es würde mich nicht wundern, wenn sie auch in seinen Träumen den größten Platz einnehmen würden. Mit meiner Mutter hat er mit Sicherheit die einzige erwachsene Person gefunden, die seine Leidenschaft teilte. Sie haben geheiratet und ein Kind erwartet … Nach dem Vorfall war mein Vater wieder der einzige Paläontologe an der Universität in Lansing, Michigan. Ich hatte eine glückliche Kindheit. Ich verbrachte viel Zeit an der Uni, in Papas Labor oder im Garten meiner Großeltern. Mein Vater ist ganz gut zurechtgekommen. Okay, wenn ich Fotos von mir in einem Blümchenkleid und Gummistiefeln sehe, wird mir klar, dass mein Vater meine ästhetische Erziehung wohl etwas vernachlässigt hat. Aber mir hat es an nichts gefehlt und ich war immer zufrieden.
Als ich zwölf war, hat mein Vater mich feierlich in die Küche zitiert. Dann hat er mir verkündet, dass es an der Zeit für mich sei, einen Teil der Aufgaben im Haushalt zu übernehmen. Von diesem Zeitpunkt an war ich jeden zweiten Tag für das Abendessen zuständig. Das Gleiche galt für die Wäsche. Im Bezug auf das Saubermachen, wozu wir beide gleichermaßen Lust hatten, hatten wir beschlossen, das Haus so sauber wie möglich zu halten und für jeden zweiten Samstag einen Notfallplan zu erstellen. Hinsichtlich all dieser Aufgaben gab es nur eine Grundregel, die unbedingt eingehalten werden musste. Derjenige, der die Aufgaben erledigte, hatte immer recht. Im Detail bedeutete das, dass es verboten war, sich über Fleisch, das zu lange gegart worden war, oder ein schlecht gebügeltes Hemd zu beschweren. Für mich war all das selbstverständlich und ich war naiv genug, zu glauben, dass diese Art der Aufgabenteilung in allen Familien gleich ist. Doch die Realität hat mich schnell eingeholt. Wenn ich bei meinen Freunden zu Abend gegessen habe, musste ich stets feststellen, dass die Aufgabenteilung zwischen den Generationen und selbst zwischen den Erwachsenen ein Mythos war. Okay, um ehrlich zu sein, wurden die Aufgaben zwischen den Generationen schon aufgeteilt, aber logischerweise nur dann, wenn das Kind ein Mädchen war. Ich war nach solchen Abenden immer etwas verärgert, was meinen Vater wiederum erstaunt hat. Ich könnte Stunden damit verbringen, die Gesellschaft, das Patriarchat, die BHs und alle die Dinge, die die Freiheit der Frauen zusätzlich einschränken, zu verfluchen. Mein Vater hat immer zu mir gesagt, ich solle meine „Suffragette“ im Zaum halten, wenn ich wieder einmal wütend war. Aber ich weiß, dass er tief in seinem Inneren auf meiner Seite war. Als ich ihm gesagt habe, dass ich mein Studium dem Feminismus widmen wolle, hat er mich unterstützt. Er hat mir sogar vorgeschlagen, zu verreisen, um mir die Situation in anderen Ländern anzusehen. Und so bin ich nach Paris gekommen.
Obwohl ich anfangs Angst vor dem Treffen mit Madame Granchamps hatte, kann ich jetzt nicht mehr aufhören, zu reden. Sie wiederum sieht mich mit Wohlwollen an – jedenfalls glaube ich das. Und sie macht sich Notizen. Nach einiger Zeit unterbricht sie mich:
    „Meine Studenten warten auf mich, Fräulein Maugham. Ich kann Ihre Motivation erkennen, denke aber auch, dass wir noch etwas Zeit benötigen werden, um Ihr Thema einzugrenzen. Sofern Sie damit einverstanden sind, habe ich hier einige Kurse notiert, die Sie besuchen sollten. So haben Sie die Gelegenheit, andere Studenten zu treffen und Ihr Forschungsprojekt auszuarbeiten.“
    „Soll das heißen, dass Sie damit einverstanden sind, mich bei meiner Arbeit zu unterstützen?“
    „Ja, natürlich“, erklärt sie, bevor sie zur Tür hinausgeht.
Ich bin erleichtert. Okay, ich habe noch kein Thema, aber dafür eine Professorin, die mich unterstützt, und ich werde sie auf keinen Fall enttäuschen. Ich werfe einen Blick auf den Zettel und nehme mir vor, die darauf notierten Kurse auf jeden Fall zu besuchen. Literatur, Philosophie, Soziologie … Das ist perfekt und der nächste Kurs beginnt … jetzt! Mein erster Kurs über französische Literatur beginnt in wenigen Augenblicken! Zum Glück ist der Hörsaal ganz in der Nähe und mir bleibt die Peinlichkeit erspart, ausgerechnet zu meinem ersten Kurs zu spät zu kommen. Kurz nachdem ich mich in den Saal gedrängt habe, geht die Tür zu. Ohne auch nur einen Moment nachzudenken, setze ich mich auf den ersten freien Stuhl und höre dem Professor aufmerksam zu. Er stellt sich kurz vor. Es geht um Literatur aus dem Mittelalter, ein mir

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