Sein mit Leib und Seele - Band 01
ausgerechnet auf diesen Typen treffen? Ist er wirklich so dumm oder will er einfach nur, dass ich mich schlecht fühle?
Vielleicht hat er …“
Er ist tot, Fräulein. Er wurde vor zehn Jahren auf dem Père Lachaise begraben.“
Ich schäme mich. Und ich hasse ihn. Aber ich weiß nicht, welches Gefühl überwiegt. Er scheint allerdings sichtlich Spaß zu haben. Sein Blick ruht nach wie vor auf mir, als ob er sich immer noch an meiner Verlegenheit ergötzen würde. Ich bin mit Sicherheit ganz rot im Gesicht. Bestimmt platze ich gleich. Wie kann man nur so grausam sein? Ich werde gehen, das ist einfach zu viel für mich. Wütend mache ich auf dem Absatz kehrt, als er plötzlich seine Hand auf meine Schulter legt.
Entschuldigen Sie, ich konnte einfach nicht widerstehen. Sie sind so entzückend in ihrer Rolle der Vorzeigestudentin … Ich habe mich nicht einmal vorgestellt. Charles Delmonte.“
Er streckt mir selbstsicher seine Hand entgegen, die ich stumpfsinnig festhalte. Entsetzt sehe ich ihn an. Er ist also der Eigentümer. Der Multimilliardär, von dem alle mit großer Ehrfurcht sprechen. Er bittet mich, auf einem mit rotem Velours überzogenen Diwan Platz zu nehmen. Ich stottere:
Ich bin Emma, die Cousine von Lexie, ich bin Studentin …“
Ich weiß, Fräulein Maugham. Ich habe mich schon gefragt, wann Sie sich wohl dazu entscheiden werden, mich zu besuchen. Möchten Sie etwas trinken?"
Ja …“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin noch immer peinlich berührt und seltsamerweise verwirrt. Das liegt bestimmt an diesem Rot … und an diesem Mann. Und an seinem altertümlichen Benehmen und seiner Art, mich so zu behandeln, als wäre er zwanzig Jahre älter als ich. Er hält mir ein scheinbar mit Weißwein gefülltes Glas hin und setzt sich neben mich. Ich bin beinahe erleichtert. Wenigstens muss ich jetzt seinem Blick nicht mehr standhalten. Aber er sitzt so nahe bei mir, dass sich unsere Körper fast berühren und ich seine Wärme spüren kann. Ich kann mich nicht konzentrieren und mir ist heiß. Und ich habe Durst. Ich leere das Glas in einem Zug. Zu süß, um meinen Durst zu löschen, aber nicht schlecht.
Großer Gott, ich glaube, er hat sich verschluckt! Mit aller Kraft klopfe ich ihm auf den Rücken. Er hustet, er bekommt keine Luft mehr … Es ist schrecklich! Ich bin gerade dabei, meinen steinreichen Vermieter umzubringen!
Haben Sie Erbarmen und hören Sie damit auf, Emma! Schlagen Sie mich bitte nicht, ich bin nicht der Typ Mann, der auf so etwas steht!“
Also habe ich mich geirrt. Er bekommt zwar keine Luft mehr, aber nur vor lauter Lachen. Ich lasse ihn wieder zu Atem kommen.
Entschuldigen Sie. Ich wusste nicht, dass ich es mit einer Liebhaberin des Château d'Yquem zu tun habe.“
Notiz für später: nach dem berühmten Château auf Google suchen. Bis dahin entscheide ich mich, freundlich zu lächeln. Konzentrieren wir uns nun wieder auf das eigentliche Ziel: einen guten Eindruck beim Vermieter zu hinterlassen, ungeachtet seines Alters und seiner Verführungskunst.
Sie sind also Studentin? Was studieren Sie?“
Soziologie. Ich bereite eine Diplomarbeit zum Thema Feminismus vor. Also zum Thema Feminismen. Vor allem will ich dabei die unterschiedlichen Auffassungen in den USA und in Frankreich untersuchen.“
Sehr interessant“, antwortet er ohne einen Funken Ironie.
Träume ich? Er findet das wirklich interessant! Oder ist er einfach nur so sehr vom mondänen Leben geprägt, dass er einfach so tut, als würde ihn alles interessieren? Ich entscheide mich für die erste Möglichkeit, damit meine Anspannung ein wenig von mir abfällt. Ich genieße die Tatsache, in Gesellschaft eines unglaublich schönen und reichen Mannes zu sein, der Interesse an meiner Forschung zeigt. Schließlich gibt es nichts Schöneres.
Und Sie, Emma? Würden Sie sich als Feministin bezeichnen?“
Er fragt weiter! Nein wirklich, wenn es ihm egal wäre, hätte er nach „sehr interessant“ nicht weiter gefragt, aber er will scheinbar mehr wissen. Vielleicht ist er doch nicht einfach nur Papas unkultivierter Liebling, für den ich ihn anfangs gehalten habe. Ich drehe mich ein wenig in seine Richtung. Unsere Knie streifen einander. Es stört mich ein wenig, aber ich habe keine andere Wahl, wenn ich mit ihm reden und ihm dabei in die Augen sehen möchte. Meiner Meinung nach ist das durchaus angebracht.
Das mag Ihnen ein wenig altmodisch erscheinen, aber ja, ich bin Feministin. Ich glaube, ich bin eine
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