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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Warum redete er? Auf
Fragen erfuhr man endlich, daß der Präsident soeben einen
Gesetzentwurf vorgenommen hatte, der das Departement der
Ostpyrenäen zu einer Anleihe von 250 000 Franken ermächtigte,
um in Perpignan einen Justizpalast zu bauen. Der Redner, ein
Generalrat des Departements, sprach dagegen. Das erschien
interessant, man horchte daher.
    Der Abgeordnete mit dem sorgfältig geschnittenen Backenbart ging
mit außerordentlicher Vorsicht zu Werke. Er
hatte Wendungen voller Vorbehalte, während deren er vor allen
erdenklichen Behörden, den Hut zog. Aber die Lasten des
Departements seien drückend, und er stellte die finanzielle Lage,
der Ostpyrenäen in erschöpfender Weise dar. Ferner erschien ihm die
Notwendigkeit eines neuen Gerichtsgebäudes noch keineswegs
erwiesen. So redete er fast eine Viertelstunde und war sehr erregt,
als er sich wieder setzte. Rougon, der die Augenlider gehoben
hatte, senkte sie langsam wieder.
    Darauf kam der Berichterstatter ans Wort, ein kleiner, sehr
lebhafter Alter. Er sprach mit klarer Stimme und wie ein Mann, der
sich auf diesem Gebiete heimisch wußte. Zuerst hatte er ein Wort
der Höflichkeit für seinen geehrten Kollegen, mit dem nicht
übereinzustimmen er gleichfalls bedauerte. Nur sei das Departement
durchaus nicht so übermäßig belastet, wie man glauben machen wolle;
er führte ganz andere Zahlen an und bot gleichfalls ein
vollständiges Bild der finanziellen, Lage des Departements.
Übrigens könne die Notwendigkeit eines neuen Gebäudes nicht
geleugnet werden, wofür er Gründe anführte. Das alte Gebäude liege
in einem so belebten Viertel, daß der Straßenlärm die Richter
hindere, die Anwälte zu verstehen. Außerdem sei es zu klein; wenn
die Zeugen bei Schwurgerichtsprozessen zahlreich seien, müßten sie
auf dem Treppenflur stehen, wodurch sie allerlei Anfechtungen
ausgesetzt seien. Zum Schluß brachte er als unwiderleglichen Beweis
die Tatsache vor, daß der Siegelbewahrer selbst die Einreichung des
Gesetzentwurfes veranlaßt habe.
    Rougon saß regungslos, die Hände im Schoß, den Kopf gegen die
Banklehne von Mahagoniholz gelehnt. Seit Beginn der Verhandlung
über diesen Gegenstand war seine Haltung noch schwerfälliger
geworden. Als der erste Redner sich zu einer Entgegnung anschickte,
erhob er aber seinen mächtigen Körper, ohne
jedoch ganz aufzustehen, und sagte nur diese Worte:
    »Der Herr Berichterstatter hat vergessen hinzuzufügen, daß die
Minister des Innern und der Finanzen den Gesetzentwurf gebilligt
haben.«
    Er ließ sich wieder in die Haltung des schlummernden Stieres
zurücksinken; unter den, Abgeordneten war eine leichte Erregung
bemerklich geworden. Der Redner setzte sich mit leichter
Verbeugung, und das Gesetz wurde angenommen. Die wenigen Mitglieder
des Hauses, die der Verhandlung neugierig folgten, nahmen wieder
eine gleichgültige Miene an.
    Rougon hatte, gesprochen. Oberst Jobelin blinzelte von seiner
Tribüne den Charbonnels zu, und Frau Correur machte sich zum Gehen
bereit, wie man das Theater vor dem Fallen des Vorhangs verläßt,
nachdem der Held sein letztes Wort gesprochen hat. Herr
d'Escorailles und Frau Bouchard waren schon gegangen. Clorinde, an
die Samtbrüstung gelehnt und den Saal mit ihrer herrlichen Gestalt
überragend, wickelte sich langsam in einen Spitzenschal und ließ
ihren Blick durch den Halbkreis schweifen. Der Regen schlug nicht
mehr auf das Glasdach, aber der Himmel war noch dunkel bewölkt. In
der trüben Beleuchtung erschien das Mahagoniholz der Pulte schwarz,
ein dunkler Schatten breitete sich die Stufensitze entlang aus, so
daß nur die Glatzen der Abgeordneten weiß hervorschimmerten und von
dem Marmor der Präsidententribüne, unterhalb der bildlichen
Gestalten hoben sich der Präsident, die Sekretäre und die in Reih
und Glied aufgestellten Hausbeamten wie chinesische Schattenbilder
ab. Mit dem plötzlich sinkenden Tageslichte lag auch die Sitzung in
den letzten Zügen.
    »Gerechter Gott! man erstickt ja da drinnen«, sagte Clorinde,
ihre Mutter aus der Tribüne hinausdrängend, und erschreckte die auf dem Flur eingeschlafenen
Hausbeamten durch die Art, wie sie. den Schal um ihre Lenden
geschlungen hatte.
    Unten im Flur trafen die Damen mit Oberst Jobelin und Frau
Correur zusammen.
    »Wir warten auf ihn,« sagte der Oberst, »vielleicht kommt er
hier heraus… Jedenfalls habe ich Kahn und Béjuin einen Wink
gegeben, daß sie mir mitteilen, was sie in Erfahrung gebracht
haben.«
    Frau Correur trat

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