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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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ganze Familie Platz hatte, vor dem Standesamt vorfuhren, hatte ich das Gefühl, mindestens einen Marathon, wenn nicht gar Triathlon hinter mir zu haben. Ich war froh, die restliche halbe Stunde bis zur Hochzeit im Kreise meiner Familie verbringen zu dürfen, die nicht so traditionsbewusst war. Hier reichten ein paar halbgare Umarmungen, im Gegensatz zu den Kuss-und-Knuddel-Orgien, denen ich bei Tinas neuer türkischer Verwandtschaft ausgesetzt war. Meine Mutter grinste mich frech an und dachte vermutlich das Gleiche wie alle anderen aus meiner Familie, die heute hier waren: dass sie das noch erleben durfte. Mein Vater war wie immer in ein Gespräch mit Chris vertieft, und ich bewunderte meine Mutter für ihre Gelassenheit. Ich hätte an ihrer Stelle längst befürchtet, mein Ex wolle mir meinen Neuen ausspannen. Ich sah mich um. Hannes’ und mein Teil der Hochzeitsgesellschaft war recht übersichtlich. Die etwas gebrechlich wirkende Dame hinter der großen Sonnenbrille war Hannes’ Mutter, vermutete ich, und der Mann an ihrem Arm sein Bruder. Ich wollte aber warten, bis Hannes da war und die Vorstellungsrunde übernehmen konnte. Dann sah ich, dass Ecki und seine Nati meiner Einladung tatsächlich gefolgt waren und etwas abseits standen. Ich ging zu ihnen. Renate umarmte mich sofort herzlich. »Isch han et dir ja direk jesaat, Eckhart, irjendwann triff et jeden.« Ecki sah in seinen Sonntagsklamotten ungewohnt aus und fühlte sich darin wohl auch so. Er brummte, dass er nur Nati zuliebe hier sei. Er könnte schließlich nicht ständig zum Standesamt laufen, nur weil mal wieder einer seiner Kunden heiratete.
    »Ich habe Sie ja auch nur eingeladen, damit Sie mit eigenen Augen sehen können, dass ich durchaus in der Lage bin zu heiraten«, konterte ich.
    »Na, da bin ich aber gespannt. Welchen der jungen Männer trifft es denn?«
    Wie auf Befehl sprang Hannes aus dem Taxi und sah sich suchend um. Ich winkte ihn zu uns, und nachdem ich ihm Ecki vorgestellt und unsere tiefe Hassliebe erläutert hatte, nahm Hannes das gegrummelte »Viel Glück« meines Kioskverkäufers recht gelassen. Er entschuldigte uns bei Ecki und Nati und zog mich mit sich zu seiner Mutter, die mich unbedingt noch kennenlernen sollte, bevor wir uns das Ja-Wort gaben. Es war wie erwartet die etwas versnobt anmutende Berliner Dame, die mich auch lediglich mit einem unterkühlten »So so, Sie haben es also geschafft, meinen Sohn zur Vernunft zu bringen« begrüßte. Ich wollte schon erwidern, dass es vielmehr umgekehrt gewesen war, aber Hannes drückte unauffällig meinen Arm, und ich setzte stattdessen ein ungenaues Lächeln auf. Hannes’ jüngerer Bruder dagegen begrüßte ihn herzlich, wie es sich für eine Familie gehörte. »Na Alter, haste endlich eine gefunden, die dich nimmt.« Dann wandte er sich mir zu: »Hallo, ich bin übrigens Felix und die bessere Partie.«
    »Zu spät«, grinste Hannes. »Du hast es schon zweimal vermasselt. Hier hast du die Ringe. Und denk gar nicht erst daran, sie zum Pfandleiher zu bringen.«
    Okay, wenigstens musste ich mich wegen meiner Familie in diesem Kreis nicht schämen. Ich hatte das Gefühl, dass die Schneiders und die Josts sich gut verstehen würden, und erledigte mit Hannes auch gleich die erforderliche Familienzusammenführung. Hannes drückte mich an sich, als wir einen kurzen Moment für uns hatten. »Mach dir keine Sorgen wegen meiner Mutter.«
    »Du meinst, sie wird mich schon noch in ihr Herz schließen?«
    »Auf gar keinen Fall«, grinste Hannes, »aber sie verlässt ihre Heimatstadt nur in äußersten Notfällen. Du wirst sie also kaum zu Gesicht bekommen.«
    Ich lachte und gab ihm einen flüchtigen Kuss. Dann sah ich mich etwas nervös nach Tim um, den ich noch nicht entdeckt hatte. Die Hochzeitsgesellschaft bewegte sich bereits Richtung Standesamt.
    »Alles klar?«, fragte Hannes aufgeregt.
    Ich nickte, aber allmählich fragte ich mich doch, wo Tim, Sarah und Kai blieben. Ich wollte nicht ohne meinen Sohn heiraten.
    »Gut, ich führe dann meine Mutter mal zu ihrem Platz. Wir sehen uns drinnen.«
    »Ja, gut.«
    Tina kam zu mir und hielt ebenfalls nach Tim Ausschau, wobei sie sich mehr um ihre Ringe als um Kai Sorgen machte. »Wo bleiben die denn?«, fragte sie ausgerechnet mich, dabei hatte ich doch quasi von ihr eine Kontaktsperre zu Tim auferlegt bekommen. Selbst Aygüns Familie war inzwischen vollständig im Standesamt verschwunden und von Tim immer noch keine Spur. Tina zückte ihr Handy, da

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