SEK – ein Insiderbericht
Vergangenheit bereits polizeilich aufgefallen?« Ich will vor allem wissen, ob es schon einmal einen polizeilichen Einsatz gegen Herrn S. gegeben hat, bei dem er gewalttätig geworden ist oder mit Selbstmordabsichten gedroht hat.
»Alles negativ«, antwortet mir die Kollegin von der VG, »Herr S. ist bisher überhaupt nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Wir sind noch dabei, seine Frau genauer zu befragen.« Sie weist mit ihrem Daumen auf einen von innen beleuchteten VW-Transporter, in dem ein Kollege eine augenscheinlich mitgenommene, ältere Frau befragt.
»Ok«, sage ich zunächst an den DGL gerichtet, »wir werden jetzt zuallererst deine Kräfte durch meine auswechseln. Ich werde mir zuerst die Lage des Wohnwagens anschauen und dann meine Leute verteilen. Wenn sie in Position sind, dann kannst du deine Kollegen zurückziehen.«
»Alles klar«, antwortet er, »soll ich dir den Wohnwagen zeigen? Wir haben eine Stelle, von der man alles recht gut einsehen kann.«
In den nächsten Minuten mache ich mir ein Bild von der Lage und bringe, wie angekündigt, meine Kollegen in Position. Da der Campingplatz in einem Waldgebiet liegt, bieten uns auf dem Platz befindliche Bäume guten Schutz bei der Annäherung an den Wohnwagen, und ich bin mir sicher, dass Herr S. unsere Aktivitäten auch dann, wenn er aus dem Fenster spähen sollte, nicht sehen kann. Die Platzbeleuchtung, die bereits die ganze Zeit über aktiviert war, garantiert uns andererseits eine, wenn auch diffuse Sicht auf unser Zielobjekt.
Wir nähern uns mit aller Vorsicht dem Wohnwagen so weit an, dass wir alle seine vier Seiten einsehen, allerdings nicht, und das ist der entscheidende Nachteil, in das Innere hineinschauen können. Ich habe für alle Fälle ein Zugriffsteam, bestehend aus drei meiner Kollegen, gebildet, die, falls erforderlich, gewaltsam in den Wohnwagen eindringen würden. Allerdings sind diese Kollegen wegen der latenten Explosionsgefahr so weit entfernt postiert, dass es eine Weile dauern würde, bis sie das Gefährt gestürmt hätten.
Nachdem diese kontrollierte Situation hergestellt ist – ein für mich ganz wichtiger Zwischenschritt! –, kann ich mir nun langsam Gedanken machen, wie es denn jetzt weitergehen könnte.
Inzwischen ist auch Freddy, unser Hundeführer, eingetroffen. Wir begrüßen uns kurz, und ich zeige ihm aus unserer verdeckten Beobachtungsstellung den Wohnwagen, während ich ihm die Lage schildere. Skeat, seinen Belgischen Schäferhund, hat er noch in seiner Box im Dienstwagen gelassen. In den letzten Minuten ist in mir ein, wenn auch noch vager Plan gereift, und ich möchte ihn jetzt mit Freddy besprechen.
»Wenn wir es schaffen könnten, die Tür des Wohnwagens leise aufzumachen, glaubst du, dass deine Töle den Typ da drin so schnell zu packen kriegt, dass er nicht mehr zum Feuerzeug greifen kann?«
Da ich weiß, dass Freddy, wie jeder Hundeführer, große Stücke auf seinen Diensthund hält, habe ich den bewusst als »Töle« tituliert, um ihn ein bisschen zu ärgern. Es mag vielleicht völlig unwahrscheinlich klingen, aber selbst in solchen Situationen verlieren die meisten SEK-Beamten ihre scheinbar angeborene Neigung, alles und jeden durch den Kakao zu ziehen, keineswegs. Ich bilde da keine Ausnahme, was Freddy mir überhaupt nicht krummnimmt. Er grinst sogar, bevor er dann aber ernst antwortet.
»Wenn wir die Tür leise aufbekommen, und der S. befindet sich an einer Stelle in dem Wohnwagen, wo der Hund direkt an ihn herankommt, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass er ihn schnell genug zu packen kriegt, bevor der S. noch irgendwas ergreifen kann. Auch ein Feuerzeug nicht. Kommt der Hund allerdings nicht direkt an ihn heran, dann …« Er beendet den Satz nicht und muss es auch gar nicht, denn wir wissen beide, was das im Zweifelsfall bedeuten kann.
»Der letzte Kontakt mit S. ist bereits mehr als zwei Stunden her, seitdem hat es keine Bewegung gegeben, und seine Ehefrau hat gesagt, dass S. einiges getrunken hat«, ergänze ich unser kleines Brainstorming.
»Du meinst«, sagt Freddy daraufhin, »dass der S. vielleicht besoffen in einer Ecke liegt und seinen Rausch ausschläft?«
»Es spricht einiges dafür«, stimme ich ihm zu, »aber sicher sein können wir natürlich nicht. Meinst du, du könntest mit Skeat in dem Wohnwagen so leise sein, dass er dich vielleicht gar nicht bemerkt, wenn er schlafen sollte?«
Freddy schaut ein wenig skeptisch drein und wägt ab: »Dann muss ich ihn an der
Weitere Kostenlose Bücher