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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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stehen bleiben soll. Immer wieder wundere ich mich darüber, wie gut der Hund sich an Einsatzsituationen anpassen kann. Als ob er wüsste, dass es hier darauf ankommt, keinerlei Geräusche zu machen, verhält er sich, obwohl er mit Sicherheit aufgeregt ist, völlig ruhig und sitzt neben Freddy wie eine Statue.
    Über Funk flüstere ich meinen draußen beobachtenden Kollegen zu: »Hier Peter. Wir sind im Vorzelt, keine Spur von unserem Mann, ich horche jetzt mal an der Tür. Bevor wir öffnen, melde ich mich noch mal.« Im Gegensatz zu vielen anderen Einheiten haben wir es uns angewöhnt, uns im Funkverkehr mit unseren Vornamen anzusprechen. Da wir einen festen Funkkanal benutzen, der nur uns zugewiesen ist, hat sich dies als sinnvoll herausgestellt: Bei einer Durchsage weiß jeder Kollege sofort, wer dort spricht und wer gemeint ist. Die Kollegen auf Beobachtungsposten drücken, statt einer mündlichen Bestätigung, zweimal auf die Sprechtaste ihres Funkgerätes. Das Knacken zeigt mir an, dass sie verstanden haben. Bei der Verständigung über Funk ist die wichtigste Grundregel, so wenig wie möglich und so kurz wie möglich zu sprechen. Weil immer jeweils nur eine Person sprechen kann und damit alle anderen vom Funkverkehr ausschließt, müssen wir immer darauf bedacht sein, den Kanal so schnell wie möglich wieder frei zu geben. Bei längeren Funkdurchsagen machen wir daher zwischen den einzelnen Sätzen kurze Pausen, damit andere Kollegen, falls es nottut, mit wichtigen Erkenntnissen oder eiligen Meldungen unterbrechen können. Das zweimalige Betätigen der Sprechtaste zur Bestätigung von Durchsagen erspart damit komplett die Belegung des Funkkanals.
    Bevor wir die Tür zum Wohnwagen öffnen, will ich noch einmal daran horchen, um vielleicht doch noch verräterische Geräusche aus dem Inneren wahrnehmen zu können. Das ist aber wegen meiner Ausrüstung nicht so einfach, wie es klingt. Ich trage auf dem Kopf eine Sturmhaube, die zum einen meine Identität vor unseren Zielpersonen, aber auch der häufig vor Ort befindlichen Presse schützen soll. Bei der Klientel, mit der wir bei unseren Einsätzen in aller Regel konfrontiert sind, eine mehr als notwendige Maßnahme, um etwaigen Repressalien gegen uns oder, noch schlimmer, gegen unsere Familienangehörigen vorzubeugen. Zum anderen handelt es sich bei der Sturmhaube um ein feuerfestes Modell, welches mich, ähnlich wie bei Formel-1-Rennfahrern, vor Flammen schützen soll. Allerdings bin ich nicht besonders erpicht darauf, die Wirksamkeit dieses Stückes Stoff tatsächlich in der Praxis zu erproben …
    Über der Sturmhaube trage ich einen TIG-Helm aus Titan, der Schüssen aus einer Faustfeuerwaffe und sogar einer Maschinenpistole widerstehen kann. Komplettiert wird meine Ausstattung und die meiner SEK-Kollegen durch eine Schutzweste, welche ebenfalls einem Beschuss durch Faustfeuerwaffen standhalten soll. Insgesamt kann so eine Ausrüstung mitsamt der Bewaffnung schnell die 25-Kilogramm-Grenze überschreiten.
    Allerdings sind wir uns in unserem SEK alle darüber einig, dass der beste Schutz gegen Angriffe nicht die Schutzausstattung, sondern eine ausgeklügelte Einsatztaktik ist, die nach Möglichkeit unser Gegenüber so überrascht, dass er zu keiner großen Gegenwehr mehr fähig ist. Besonders jetzt, wo wir nicht durch einen möglichen Schusswaffengebrauch von Herrn S., sondern potenziell durch eine gänzlich unkalkulierbare Gasexplosion bedroht sind, hoffe ich inbrünstig, dass unsere Einsatztaktik ausgeklügelt genug ist. Ich werde ein mulmiges Gefühl nicht los, aber das darf ich auf keinen Fall zeigen, da meine Kollegen von mir erwarten (und erwarten können!), dass die von mir favorisierte Lagelösung Erfolg haben wird. Nichts wäre in einer solch heiklen Situation fataler als ein nervöser oder vom Ausgang der Mission nicht überzeugter Einheitsführer.
    Ich öffne den Verschluss meines Helmes, nehme ihn ab und lege ihn kurz auf den Boden des Vorzeltes. Anschließend presse ich mein Ohr gegen die Eingangstür des Wohnwagens und lausche hinein. Meine Kollegen schauen mich erwartungsvoll an, doch ich kann keine Geräusche ausmachen, so sehr ich mich auch konzentriere. Ich schüttle leicht meinen Kopf, um anzudeuten, dass ich nichts gehört habe, setze meinen Helm wieder auf und schließe den Verschluss, während ich von der Eingangstür zurücktrete. Ich nicke Gerd zu, der den Schlüssel des Wohnwagens von der Ehefrau übernommen hat. Er geht neben der Tür

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