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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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1
    Zwei kleine Niemande
    Morgen würden Eliot Post und seine Schwester Fiona fünfzehn werden, und bisher war ihnen noch nie etwas Interessantes passiert. Sie lebten bei ihrer Großmutter und ihrer Urgroßmutter, die sie ebenso sanft wie eisern vor allen Aufregungen des Lebens abschirmten.
    Eliot schob einen Milchkasten aus Plastik vor seine Kommode und stieg darauf, um besser in den Spiegel sehen zu können. Er runzelte die Stirn, als er seinen zerzausten, schwarzen Haarschopf sah; der Topfschnitt war zottelig geworden. Wenigstens bedeckte er so seine abstehenden Ohren. Tatsache war, er sah wie ein Trottel aus.
    Er fuhr sich mit den Fingern durch das Haarchaos, und es glättete sich – für einen Moment, bis die einzelnen Wirbel wieder hochstanden.
    Wenn er doch nur etwas Haargel gehabt hätte! Doch natürlich gab es auch eine Regel, die Markenshampoo, Seife und andere »Luxusgüter« verbot. Stattdessen mischte seine Urgroßmutter hausgemachte Varianten zusammen. Sie säuberten zwar (und rieben dabei manchmal die oberste Hautschicht gleich mit ab), waren aber in modischer Hinsicht durchaus verbesserungswürdig.
    Eliot warf einen Blick auf die Zettel, die an die Rückseite seiner Schlafzimmertür geklebt waren – Großmutters 106 Regeln, die jeden Atemzug bestimmten, den er tat. Das Verbot von Haargel wurde durch Regel 89 abgedeckt:
    Regel 89
    Keine ausgefallenen Haushaltsartikel – dies umfasst (beschränkt sich aber nicht auf) im Laden gekaufte Seifen, Shampoos, Papierhandtücher und andere unnötige Wegwerfartikel.
    Zum Glück schloss die Regel Toilettenpapier nicht mit ein.
    Die Uhr auf seiner Kommode gab ein rostiges »Bing!« von sich. Zehn Uhr. In vierzig Minuten begann die Mittagsschicht in Ringo’s All American Pizza Palace . Eliot unterdrückte ein Schaudern – schon jetzt meinte er den Geruch nach süßem Teig und Peperoni-getränktem Fett wahrzunehmen, der ihm in die Haut dringen würde.
    Eliot schnappte sich seine Hausaufgaben vom Schreibtisch. Er lockerte das Handgelenk, das sich ganz steif anfühlte, nachdem er die ganze Nacht lang geschrieben hatte. Er war stolz auf seinen Bericht über den Krieg von 1812. Großmutter würde ihm ein A geben müssen.
    Seine Überlegungen zu dem Chesapeake-Feldzug und »The Star-Spangled Banner« verflogen, als draußen auf der Straße ein Auto vorbeifuhr. Obwohl es sich drei Stockwerke unter ihm befand, hämmerte und pulsierte sein Radio bis in Eliots Zimmer.
    Die Musik durchströmte ihn und spülte alle Gedanken an Hausaufgaben, Pizza und Regeln weg. Einen Moment lang war er jemand anders: Ein Held auf hoher See. Kanonendonner und heulender Wind, der sich in den Segeln verfing …
    Das Auto fuhr weiter, und die Musik verklang.
    Eliot hätte alles für ein eigenes Radio gegeben. »Musik lenkt nur ab«, sagte seine Großmutter immer wieder. Natürlich gab es auch darüber eine Regel:
    Regel 34
    Keine Musik, einschließlich des Spielens irgendwelcher Instrumente (ob nun echt oder improvisiert), kein Gesang, kein Summen, keine elektronische oder sonstige Erzeugung oder Wiedergabe irgendeiner rhythmischen Melodie.
    Das war beschissen. Wie alle von Großmutters Regeln. Er durfte nie das tun, was er wollte. Außer natürlich zu lesen.
    Drei Wände seines Zimmers waren eigentlich gar keine Wände, sondern vom Boden bis zur Decke reichende Bücherregale, die Urgroßmutter irgendwann im Präkambrium eingebaut haben musste.
    Zweitausendneunundfünfzig Bände säumten sein winziges Zimmer: rote Buchrücken, graue Leineneinbände, verblasste Papierumschläge und glänzende Goldlettern, von denen allen ein Geruch nach Schimmel und abgenutztem Leder ausging; zusammen bildeten sie eine kompakte Masse, bestehend aus Alter und Autorität. 1
    Eliot strich mit der Hand über die Buchrücken: Jane Austen … Platon … Walt Whitman. Er liebte seine Bücher. Wie oft war er, begleitet von schillernden Gestalten, in fremde Länder und längst vergangene Jahrhunderte geflüchtet?
    Er wünschte nur, sein Leben könnte genauso interessant sein.
    Eliot wollte gerade seine Zimmertür öffnen, hielt dann aber kurz vor Großmutters Regeln inne. Böse starrte er sie an; die wichtigste aller Regeln war, wie er wusste, nicht aufgeschrieben worden. Regel 0: Den Regeln entkommt man nicht.
    Er seufzte, drehte den Griff und stieß die Tür auf.
    Licht drang auf den dunklen Flur hinaus. Im selben Augenblick erschien ein zweites Rechteck aus Licht, als sich die Tür seiner Schwester öffnete. Fiona

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