SEK – ein Insiderbericht
in Position und schiebt den Schlüssel geräuschlos in das Schloss der Wohnwagentür. Ich winke Freddy mit Skeat heran, denn ich möchte, dass beide als Erste in den Wohnwagen eindringen. Freddy postiert sich auf der anderen Seite der Tür und hebt den Daumen in die Höhe, um zu signalisieren, dass er bereit ist.
Gerds Augenpaar, das aus seiner Sturmhaube hervorlugt, schaut mich erwartungsvoll an, denn letztlich bin ich derjenige, der das finale Signal zum Zugriff geben muss.
Ich betätige die Sprechtaste meines Funkgerätes und flüstere in das am Helm angebrachte Mikrophon: »Achtung Jungs, wir öffnen jetzt die Tür.«
Ein wiederum zweimaliges Klacken in dem ebenfalls im Helm integrierten Lautsprecher macht mir deutlich, dass alle SEK-Kräfte bereit sind.
»Hier Fritz«, meldet sich einer meiner Kollegen, der draußen auf Position liegt, »bisher alles ruhig, keine Beobachtungen.«
Ich bestätige seine Durchsage durch einen Doppelklick und nicke Gerd zu, die Tür zu öffnen.
Die enge Eingangstür öffnet sich problemlos und ohne Geräusche. Freddy und sein Hund drängen sich ins dunkle Innere hinein. Damit die beiden in der Enge des Wohnwagens handlungsfähig sein können, bleiben wir alle am Eingang stehen und lassen den beiden den nötigen Raum für etwaige Aktionen.
Da nur Gerd und Andi als nächstes Zugriffsteam unmittelbar an der Tür postiert sind, kann ich nicht in den Wohnwagen hineinsehen. Ich höre das Trippeln von Skeats Pfoten auf dem Boden des Wohnwagens.
Plötzlich beginnt er laut zu knurren – und dann passieren alle Dinge gleichzeitig.
Ich höre Freddy zuerst laut fluchen, dann nur ein sehr lautes: »Weg hier!«
Bevor ich mir darüber Gedanken machen kann, was das wohl bedeutet, kommt zuerst Skeat in vollem Lauf aus dem Wohnwagen geschossen und direkt dahinter Freddy, den Hund noch immer an der Leine. »Der sitzt im Bett und hat die Gaspulle und das Feuerzeug in der Hand«, schreit Freddy so, dass wir alle mitbekommen, was los ist.
Leider ist Skeat jetzt total auf eine etwaige Beute aus, die er ja offensichtlich nicht bekommen hat, schnappt beim Herausspringen aus dem Wohnwagen kurz zu und erwischt dummerweise Gerds Hand.
Als Filmsequenz wäre diese Situation sicher nicht frei von einiger Komik. Allerdings ist das kein Film, sondern Realität. Vor dem Wohnwagen hatte ich bereits bei der Annäherung einen Haufen von schweren Pflastersteinen bemerkt, deren Zweck ich mir nicht erklären konnte. Für den von mir nun erhofften Zweck sind sie aber ideal. Ich rufe meinen Kollegen zu: »Die Steine, werft die Scheiben ein!« Meine Idee ist, durch die zerstörten Scheiben frische Luft in das Innere des Wohnwagens dringen zu lassen, um ein eventuell vorhandenes Gas-Luft-Gemisch so weit zu verdünnen, dass es nicht mehr für eine Explosion reichen würde. Natürlich weiß ich nicht, ob das eine gute, praktikable Idee ist, aber da ich keine Zeit habe, langwierige Untersuchungen anzustellen, ist es derzeit meine einzige Option.
Meine Kollegen finden das offensichtlich überzeugend, denn sie beginnen sofort, meine Anweisung umzusetzen, greifen sich die Pflastersteine und werfen sie im hohen Bogen durch die Plastikfenster des Wohnwagens. Im Handumdrehen sind die Fenster völlig zerstört – ein dicker Pluspunkt, wie ich finde. Allerdings hat unsere Aktion noch einen anderen Effekt. Unsere Zielperson im Inneren des Wohnwagens empfindet den Steinhagel, der ihm urplötzlich um die Ohren fliegt, wohl als so bedrohlich, dass er quasi umgehend laut aufschreit: »Hört auf, hört auf, ich komm raus!« Über Funk rufe ich den Kollegen jedoch zu, dass sie unbedingt weitermachen sollen. Was ich jetzt am wenigsten möchte, ist, dass Herr S. es sich noch einmal anders überlegt …
Während also weiter dicke Steine in das Innere des Wohnwagens fliegen, brülle ich: »Komm sofort raus und lass die Flasche drin!«
Aus dem Inneren des Wohnwagens kommt ein ersticktes: »Hört doch auf, ich komme …«, und während er das noch sagt, taucht er auch schon in geduckter Haltung an der Tür auf, die Hände zum Schutz vor den Steinen über dem Kopf. Bert, der Gerds Position an der Tür übernommen hat, springt ihn von hinten an und reißt ihn zu Boden. Ich bin sofort auch dabei und unterstütze Bert bei der Fesselung.
Herr S. ist nur mit einer Unterhose bekleidet und hat auch die Gasflasche im Inneren des Wohnwagens zurückgelassen. Ich rieche die Alkoholfahne, obwohl er auf dem Bauch liegt.
Über Funk informiere
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