Selbst ist der Mensch
Systemen. Jedes System besteht aus der raffinierten Verknüpfung kleiner, aber makroskopisch sichtbarer Rindenfelder und subkortikaler Neuronenkerne, und diese bestehen ihrerseits aus mikroskopisch kleinen lokalen Schaltkreisen, die sich aus Neuronen zusammensetzen; verknüpft wird alles durch Synapsen.
Was Neuronen tun, hängt von der lokalen Anordnung ab, zu der sie gehören; was die Systeme am Ende tun, hängt davon ab, wie lokale Anordnungen in einer vielfältig verknüpften Architektur andere Anordnungen beeinflussen, und was jede Anordnung schließlich zur Funktion des Systems beiträgt, zu dem sie gehört, hängt von ihrer Stellung in diesem System ab.
Zur Hypothese über die Äquivalenz von Geist und Gehirn
Die in diesem Buch dargelegte Sichtweise beinhaltet eine Hypothese, die nicht überall beliebt und erst recht nicht anerkannt ist: die Idee, dass Geisteszustände und Gehirnzustände einander im Wesentlichen entsprechen. Die Gründe, warum eine solche Hypothese auf so viel Widerwillen stößt, haben es verdient, zur Kenntnis genommen zu werden.
In der physikalischen Welt, deren Teil das Gehirn zweifellos ist, sind Äquivalenz und Identität durch physikalische Eigenschaften wie Masse, Maße, Geschwindigkeit, elektrische Ladung und Ähnliches definiert. Wer die Identität physikalischer und geistiger Zustände leugnet, geht davon aus, dass man über eine Gehirnkarte, die einem bestimmten physikalischen Objekt entspricht, zwar in physikalischen Begriffen sprechen kann, dass es aber absurd wäre, das zugehörige geistige Muster in physikalische Begriffe zu fassen. Als Grund dafür wird genannt, dass die Wissenschaft bisher nicht in der Lage war, die physikalischen Eigenschaften geistiger Muster zu erfassen, und wenn dies der Wissenschaft nicht gelingt, so wird gesagt, könne man das Geistige nicht mit dem Physikalischen gleichsetzen. Ich fürchte allerdings, dass eine solche Überlegung nicht stichhaltig ist. Die Gründe möchte ich erklären.
Zunächst einmal müssen wir daran denken, wie wir feststellen, dass nichtgeistige Zustände physikalischer Natur sind. Wenn es sich um Objekte in unserer Umwelt handelt, nehmen wir sie mit unseren peripheren sensorischen Mitteln wahr und bedienen uns verschiedener Instrumente, um Messungen vorzunehmen. Wenn es sich um geistige Ereignisse handelt, können wir so etwas nicht tun. Das liegt nicht daran, dass geistige Ereignisse nicht neuronalen Zuständen entsprechen würden, aber angesichts des Ortes, an dem sie sich abspielen – das Innere des Gehirns –, sind geistige Zustände der Messung einfach nicht zugänglich. Man kann sie nur durch jenen Prozess wahrnehmen, zu dem sie auch gehören: mit dem Geist. Das ist eine unglückliche Situation, es sagt aber nichts darüber aus, ob der Geist physikalischer Natur ist oder nicht. Die Situation erlegt der Intuition, die daraus erwachsen könnte, jedoch wichtige Beschränkungen auf, und deshalb sollte man klugerweise an der traditionellen Ansicht zweifeln, wonach geistige Zustände physikalischen Zuständen überhaupt nicht äquivalent sein können . Eine solche Ansicht ausschließlich auf Grundlage introspektiver Beobachtungen zu vertreten, ist unvernünftig. Die persönliche Sichtweise sollte man aufgrund dessen, was sie uns unmittelbar gibt, nutzen und genießen: wegen der Erfahrungen, die bewusst gemacht werden können und uns dann eine Hilfe für unser Leben bieten – vorausgesetzt, offline ausgeführte, umfassende reflektierende Analysen (zu denen auch die wissenschaftliche Überprüfung gehört) lassen ihren Rat als begründet erscheinen.
Ein wichtiges Hindernis ist die Tatsache, dass sich neuronale Karten und die zugehörigen Bilder im Inneren des Gehirns befinden und nur für dessen Besitzer zugänglich sind. Aber wo sollte man die Karten respektive Bilder angesichts der Tatsache, dass sie überhaupt erst im Gehirn entstehen, sonst finden außer in einem privaten, abgeschirmten Abschnitt des Gehirns? Es wäre überraschend, wenn man sie außerhalb des Gehirns entdecken könnte, denn das Gehirn ist anatomisch nicht so konstruiert, dass es sie nach außen tragen könnte. Vorerst sollte man die Äquivalenz von geistigen Zuständen und Gehirnzuständen nicht als sichere Tatsache betrachten, sondern als nützliche Hypothese. Wir werden weiterhin Indizien sammeln müssen, die dafür sprechen, und dazu brauchen wir eine zusätzliche Sichtweise, die durch Erkenntnisse aus der evolutionären Neurobiologie in
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