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Semmlers Deal

Semmlers Deal

Titel: Semmlers Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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still, die haben sie auch erneuert, die Originaltürblätter waren wie dicke Pappe, daran konnte er sich erinnern, wieso, du bist doch in den Siebzigern nie hier gewesen, nein, von anderen Bauten aus der Zeit, von dort, wo er selber gewohnthatte in Innsbruck ... die Gedanken verwirrten sich, alles Blödsinn, eine Finte des Gehirns; es zwingt einen an das Langweiligste zu denken, was sich denken lässt, irgendwelches Ökozeugs – um den Fokus des Bewusstseins vom Peinlichen weg zu lenken, dass man als erwachsener Mensch in der Nacht um halb zwei in einem fremden Treppenhaus steht, das Ohr an einer fremden Tür, um – was zu hören? Wie die eigene Frau von einem Nebenbuhler durchgevögelt wird? Er nahm den Kopf von der Tür. Es war in hohem Maße lächerlich, die Situation, alles. Was für Beweise brauchte er noch? Was würden die beiden da drin schon machen? Akten aufarbeiten? Den Deal hatte er vergessen.
    Im Gehen fiel sein Blick auf die andere Tür. Die Augen hatten sich ans spärliche Licht im Treppenhaus angepasst, er sah nun, dass diese Tür einen Spalt offen stand. Ein Stückchen Holz verhinderte das Zuschlagen. Er drückte die Tür auf.
    Ein leerer Flur, in der Mitte stand eine Klappleiter. Er trat ein, schob das Holzstück beiseite und zog die Tür ins Schloss. Er ging von Zimmer zu Zimmer, vermied es, irgendwo anzustoßen. Alles leer. Die Parkettböden mit Folie abgedeckt, Malerutensilien, Papiersäcke, deren Beschriftung er im Dunkeln nicht entziffern konnte, ein Stapel Fliesen vor dem Eingang zum Bad, dort ging er nicht hinein, die Tür fehlte, drin war es dunkel. In den anderen Räumen herrschte diffuse Helligkeit vom Licht der Stadt, das durch die Panoramafenster fiel. Es war kalt in der leeren Wohnung, zwei Fenster auf Kippstellung. Er trat auf die Terrasse. Daneben, durch eine dünne Betonwand abgetrennt, die der Wurtzschen Wohnung, die Wand reichte nicht bis ganz nach außen, denn dort ganz außen liefen die bepflanztenBetontröge rund ums Gebäude; diese Linie zu unterbrechen, hätte den Gesamteindruck des Gebäudes gestört, natürlich, dachte er, wegen dieses Architektenfurzes waren alle Wohnungen einer Etage bequem von außen zugänglich, von einem Einbrecher zum Beispiel, der nicht einmal schwindelfrei sein musste, er durfte nur nicht an dem Grünzeug in den halbmeterbreiten Trögen hängen bleiben.
    Er stieg auf den anderen Balkon.
    Aus dem Panoramafenster des Wohnzimmers drang schwaches Licht. Nur eine Lampe in der Küche. Er trat dicht ans Fenster. Der Raum leer. Wo waren die? Die Terrasse lief auf drei Seiten um die Wohnung, nirgendwo schmaler als dreieinhalb Meter, monströse Platzverschwendung, aber sehr geeignet für Sommerfeste, wie sie Hilde so gern gegeben hatte. Hilde Wurtz hatte nichts mehr zu sagen, war ersetzt worden durch Ursula Semmler, geschiedene Koslowski, die sich eben jetzt mit Christoph Wurtz im Bad – aber mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit im Schlafzimmer, aufhielt und eben vor diesen Räumen endete die Terrasse, die Fenster lagen an einer normalen, senkrechten Hausfront, hier, an der Nordseite, war die Form unterbrochen, ein schmaler Quader hochkant aus der Pyramide herausgeschnitten, hier stand der außen angebaute Liftschacht, und die Fenster links und rechts davon waren kleiner als auf den andern Seiten des Hauses. Die Tröge allerdings liefen auch hier durch, aber schmaler.
    Semmler stieg auf den Betontrog, zertrat ein kaum kniehohes schattenliebendes Gewächs, machte einen Schritt nach vorn auf den schmäleren Sims, richtig, Licht aus dem Schlafzimmerfenster, sie waren dort drin, alle beide. Nur einen Moment zögerte er, dann kam der zweite Fuß nach aufden Sims. Schmal? Was heißt schmal, dreißig Zentimeter mindestens, außerdem keine Fläche, sondern eine Höhlung, an dieser Seite fehlte die Erde im Trog, die Füße standen einen Schuh tief in einer rechteckigen Betonwanne, das gab zusätzliche Sicherheit, vor allem, wenn man, wie Semmler es tat, in die Knie ging, den Schwerpunkt absenkte, sich mit der rechten Hand außen am Rand der Rinne abstützte. Es war ganz einfach, zweieinhalb, drei Meter bis zum Fenster.
    Dort musste er sich zum Hineinsehen aufrichten. Licht einer Nachttischlampe.
    Ein breites Bett. Von Ursula sah er nur den Rücken – verkürzt, weil sie sich vorbeugte –, die Hinterbacken und die Fußsohlen. Die Beine nicht, denn Ursula kauerte, die Füße ruhten auf den Oberschenkeln der Unterlage. Sie war aufgespießt und bewegte sich. Auf

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