Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
wohlauf.“
Hoffnung erhellte Willows Gesicht, doch dann folgte Misstrauen. „Aber sie sind nicht aufgewacht und haben ganz schrecklich gerochen.“
Bei einer solchen Gelegenheit konnte ein guter Geruchssinn zu einem Fluch werden. Vor allem für die Kleinen. „Man hat ihnen ein Medikament gegeben, das sie sehr schläfrig gemacht hat.“
Willow biss sich auf die Lippen.
„Reine Zeitverschwendung“, sagte Riley. „Lass uns losgehen, dann kann sie sich selbst davon überzeugen.“
Willow nickte wie ein kleiner Roboter.
„Dann komm“, sagte Mercy und fragte sich, ob dem Kind klar war, dass es sich soeben mit einem Wolf verbündet hatte. „Laufen wir.“ Sie führte, Willow lief in der Mitte, und Riley bildete die Nachhut.
Als die Kleine taumelte, nahm Riley sie einfach auf den Rücken und lief weiter. Willow hielt sich an ihm fest. Die Lepardin in Mercy knurrte anerkennend – auch wenn Riley so manchen Fehler hatte (nicht gerade wenige, wenn man den Gerüchten Glauben schenken wollte), schien er doch zu wissen, wie man sich hilfloser Wesen annahm.
5
Im Medialnet gab es ziemlichen Aufruhr wegen des … ja, weswegen eigentlich? Bombenanschlags? Unfalls?Was immer es gewesen war, die Nachricht verbreitete sich im ganzen Land. Die Leute wollten weitere Informationen haben, und diejenigen, die in der Nähe des Restaurants wohnten, schalteten die örtlichen Sender ein in der Hoffnung, dort etwas zu erfahren.
Es drang nur wenig an die Öffentlichkeit, denn Polizei und Rettungskräfte waren sehr schnell vor Ort gewesen und hatten alles abgeriegelt. Einem Studenten, einem Menschen, war es jedoch gelungen, mit seinem Handy Fotos zu machen. Offensichtlich hatte eine Mediale im Epizentrum der Explosion gestanden.
Es gab eine Flut von Spekulationen – damit hatte man rechnen müssen, vor allem nach Ashaya Aleines gewaltsamer Loslösung vom Netz –, doch allmählich beruhigten sich alle wieder. Ein einzelnes Vorkommnis, höchstwahrscheinlich hatten sich irgendwelche Chemikalien in der Aktentasche der Frau zufällig entzündet. Sie hatte als Wissenschaftlerin gearbeitet – wahrscheinlich hatte sie einen Fehler begangen und die falschen Substanzen zusammengemischt.
Es gab keinen Grund, etwas anderes zu vermuten.
6
Mercy führte Riley und Willow zu ihrem Wagen, der in der Nähe ihrer Hütte geparkt war. „Anschnallen!“, sagte sie und ließ den Motor an.
„Schon geschehen.“ Helle Augen im Rückspiegel. „Siehst du?“
Mercy nickte, und Riley drehte sich zu ihr um. „Braves Mädchen.“
Dieser kleine Dialog sorgte für eine entspannte Stimmung auf der Fahrt zu Tammy und Nate – doch als sie ausstiegen, zeigte sich Willow wieder ganz nachdenklich. „Ich kann Mama und Papa nicht riechen.“ Sie hielt sich an Mercys Hand fest.
„Sie hatten einen langen Weg vor sich“, sagte Riley knapp, Gestaltwandlerkinder mochten ehrliche Antworten. Die meisten von ihnen rochen Lügen schon von Weitem. „Wahrscheinlich trudeln sie in der nächsten halben Stunde ein. Geh rein und hol dir etwas zu essen.“ Die Frühstückszeit war schon eine ganze Weile vorbei.
„Ich habe keinen Hunger.“ Willow stieß mit der Fußspitze ins Gras.
Mercy zog an ihrer Hand, damit sie sie ansah. „Darfst du bei deiner Mutter die Mahlzeiten einfach ausfallen lassen?“
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
„Also?“
Die Kleine seufzte. „Ich gehe ja schon.“ Aber sie schleifte die Füße lustlos über den Boden, als sie zum Haus ging … zumindest so lang, bis Tammys Zwillinge herauskamen und vor Freude auf und ab hüpften, dass ein so großes Mädchen mit ihnen spielen würde. An ihren Fersen klebte das Kätzchen Ferocious, ihr neues Haustier, das sie auf Schritt und Tritt begleitete. Die Zwillinge nutzten es schamlos aus, dass Willow von diesem verspielten grauen Ding fasziniert war, und entführten ihre neue Freundin mit dem Versprechen, sie dürfe mit Ferocious spielen.
„Ein Kätzchen für zwei Leopardenjungen?“, murmelte Riley.
Mercy grinste. „Sie hält sich für den Nabel der Welt – Jules und Rome knurren jede Katze an, die ihr zu nahe kommt.“ Sein Gesichtsausdruck brachte sie zum Lachen, sie wies mit dem Kopf zum Haus. „Ich werde mich vergewissern, dass es Willow gut geht.“ In der Küche lag Ferocious schnurrend auf Willows Schoß, Julian und Roman standen an ihrer Seite und hatten die kleinen Hände auf die bloßen Arme des Luchsmädchens gelegt, während sie ihr von den „unglaublichen“ Taten
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