Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
ein Tier gewesen und kein Gestaltwandler. Denn dann hätte es für das Mädchen keinen Weg zurück in die Gemeinschaft gegeben.
Riley kniete sich neben Mercy. „Sie hat nichts davon gegessen. Das war reine Aggression.“
„Armes Kind.“ Mercys Herz zog sich zusammen – was hatte das Mädchen bloß dazu getrieben? „Sie muss ganz in der Nähe sein. Die Witterung ist sehr deutlich.“ Mercy überlegte und zog die Stiefel aus. „Es ist bestimmt einfacher, wenn ich mich verwandle.“
Riley nickte. „Ich sehe zu, dass ich im Windschatten bleibe.“
„Gute Idee.“ Bei ihrem jetzigen Zustand würde ein Wolf das Mädchen nur ängstigen oder noch aggressiver machen. „Dreh dich um.“ Gestaltwandler waren nicht prüde, aber Riley hatte sie in einer sehr intimen Situation nackt gesehen … dadurch hatte sich etwas verändert. Und das irritierte Mercy. „Du sollst dich umdrehen, habe ich gesagt.“
Riley verschränkte seine Arme über der Brust und lehnte sich gegen einen Baum. Die dunklen Schokoladenaugen sahen sie unverwandt an.
O ja, Riley wusste wirklich, welche Knöpfe er drücken musste. „Na schön.“ Sie zuckte die Achseln und zog sich mit gestaltwandlerischer Geschwindigkeit aus, ballte Kleidung und Schuhe zu einem Knäuel, um sie irgendwo zu verstecken.
„Überlass das mir.“ Er war hinter ihr, legte die Hand auf ihre Schulter.
Es prickelte.
Elektrische Ströme pulsierten durch ihren Körper, selbst als sie die Hand längst abgeschüttelt hatte. „Fass mich nicht an.“ Die Raubkatze in ihr fuhr die Krallen aus, wollte mehr, aber Mercy biss die Zähne zusammen. Wenn sie jetzt nicht ein paar grundsätzliche Regeln aufstellte, würde Riley keine Ruhe geben, bis etwas in ihr einrastete. Der Mann kannte sich mit Besessenheit besser aus als manche Leoparden.
„Gib mir die Sachen.“ Seine Verärgerung war nicht laut, ein Sturm, der sich unter der gleichmütigen Oberfläche zusammenbraute, die er der Welt zeigte.
Es hatte ihn wohl unangenehm überrascht, dass sie ihm ihre körperliche Nähe verweigerte. Sie drückte ihm das Kleiderbündel in die Hand. „Mach damit, was du willst.“ Dann verwandelte sie sich. Schmerz und Ekstase, reiner Genuss und unglaubliche Qual. Einen Augenblick später war alles vorbei.
Riley kniete sich hin und strich über ihren Hals. „Dein ganzer Rücken ist zerschrammt, verdammt noch mal. Warum zum Teufel hast du nicht gesagt, dass es wehtut?“
Weil es das nicht getan hatte, Schlaumeier. Sie schnappte nach ihm, entzog sich seinem Griff und rannte in Richtung Luchs. Riley blieb zurück, um sich um ihre Kleidung zu kümmern. Schließlich nahm sie seine Witterung nicht mehr wahr. Dabei fiel ihr etwas ein. Dem Mädchen würde es sicher nicht gefallen, einen Wolf an ihrem Fell zu riechen. Sie legte sich auf den Boden und wälzte sich in einem Laubhaufen, um Rileys Geruch mit dem Aroma des Waldes zu überdecken.
Dann lief sie äußerst vorsichtig zu der kleinen Lichtung, von der der Luchsgeruch kam.
Die wilden Luchse nahmen sie zuerst wahr. Sie begrüßten sie mit leisem Knurren und beachteten sie nicht weiter, als sie keine Anstalten machte, sie zu verscheuchen. Willow saß zwischen ein paar Luchsjungen. Sie war größer und hatte ganz andere, einzigartige Augen. Ihre Körperhaltung und ihr Geruch verrieten die Gestaltwandlerin. Mercy ging zu ihr und drängte die anderen Jungen beiseite, ohne ihnen wehzutun.
Sie trollten sich, ein paar Vorwitzige versuchten noch, an ihren Beinen zu knabbern. Aber Mercy knurrte, und da verschwanden sie. Willow rührte sich nicht vom Fleck. Schon das zeigte, dass sie anders war. Mercy wollte das Junge nicht bedrängen und legte sich neben sie unter einen Baum. Der kleine Körper war kalt, und das Herz schlug viel zu langsam.
Die arme Kleine stand unter Schock.
Mercy lag einfach da, Willow sollte spüren, dass sie in Sicherheit war, dass jemand Stärkeres sie beschützte und nicht bedrohte. Es dauerte einige Zeit, aber schließlich entspannte sich der kleine Körper ein wenig. Dann noch ein wenig mehr. Das Mädchen kuschelte sich an sie, und sie seufzte vor Erleichterung – wenn Willow Trost bei ihr suchte, dann war sie noch nicht verloren.
Eine halbe Stunde später entschloss sich Mercy, den nächsten Schritt zu tun. Sie stand auf, drehte sich um und knabberte an Willows Ohr. Das Luchsjunge gab einen überraschten Laut von sich und kam mit weit aufgerissenen Augen auf die Beine. Mercy hielt ihren Blick fest und nahm menschliche
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