Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
heute war es bestimmt noch schlimmer. „Die Spur hat sich verloren?“
Eli nickte. „Ich habe den anderen noch nichts gesagt, um sie nicht zu beeinflussen, falls irgendjemand etwas wittert, das mir entgangen ist.“ Die gefasste Aussage eines Soldaten, der genau wusste, dass er nur Teil eines Teams war. „Diese Raubkatze – Kit – ist richtig gut. Vielleicht gelingt es ihm, die Spur wieder aufzunehmen.“
Doch als Mercy Riley eine halbe Stunde später anrief, konnte sie ihm nur berichten, dass Kit zwei Piers weiter ebenfalls die Spur verloren hatte. „Kit meint, sie könnten auf Wasserfahrzeuge umgestiegen sein. Aber zumindest kennen wir jetzt ihre Witterung“, sagte sie in rein geschäftsmäßigem Ton. „Ich werde alle Leute in die Stadt schicken, die den Geruch kennen, sie sollen die Straßen durchkämmen.“
„Das werde ich auch tun.“
„Teijan wird vorbeikommen, um die Witterung aufzunehmen. Erschießt ihn nicht.“
Teijan war das Alphatier der Ratten. „In Ordnung.“
Er wollte noch etwas sagen, einfach weiter mit ihr sprechen, aber sie hatte die Verbindung schon unterbrochen. Riley knirschte mit den Zähnen, schob das Handy in die Hosentasche und schloss sich den Patrouillen an, nachdem Teijan wieder abgezogen war. Wenn die Bombenleger schlau genug gewesen waren unterzutauchen, würden sie keine frische Spur finden, dennoch mussten sie alle nur denkbaren Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
Sascha wartete bis kurz vor ihrem Aufbruch, ehe sie die Lunte an das Pulverfass legte. Sie hatte bereits gegen die ungeschriebenen Regeln verstoßen und mit Siennas Onkeln gesprochen – Walker und Judd waren ebenfalls der Meinung gewesen, dass etwas getan werden musste. Die Sorge um die Tochter ihrer Schwester bedrückte sie, obwohl keiner von beiden es gezeigt hatte.
„Sienna braucht Abstand zur Höhle“, teilte Sascha Hawke ohne lange Umschweife mit. „Ich habe ihr ein Zimmer in unserem Baumhaus angeboten.“ Glücklicherweise verfügten sie inzwischen über ein zusätzliches Zimmer, Lucas hatte angebaut, da Julian und Roman inzwischen regelmäßig bei ihnen schliefen. „Du musst sie von ihren Verpflichtungen entbinden.“
„Zum Teufel, nein!“ Hawke schlug mit der Hand auf den Tisch. „Das wäre unverantwortlich. Wenn der Rat auch nur den kleinsten Hinweis erhält, dass sie noch am Leben ist, werden sie die ganze Familie jagen.“
„Es wäre ja nur für ein oder zwei Wochen“, sagte Sascha, „Und wir würden dafür sorgen, dass niemand sie erkennt. Sie hat sich bereit erklärt, ihr Haar abzuschneiden und Kontaktlinsen zu tragen. Nach fast zwei Jahren in der Höhle bewegt sie sich nicht einmal mehr wie eine Mediale. Sie wird nicht weiter auffallen.“
„Sie will ihr Haar abschneiden?“, fragte Hawke.
Sascha verstand, dass er schockiert war. Siennas Haar war unglaublich schön, leuchtete wie lodernde Flammen. Im letzten Jahr hatte es eine dunklere Färbung angenommen als das normale Rot. Schimmerte nun wie Portwein oder Rubine. Die Farbe war so einzigartig, dass sie das Haar bestimmt bleichen mussten, bevor sie es anders färbten, was natürlich bei kurzem Haar einfacher wäre. Aber Sascha wollte das Mädchen dazu überreden, bei der jetzigen Länge zu bleiben – als psychologische Stütze. So etwas war notwendig, wenn alles um einen herum sich auflöste. „Du musst sie gehen lassen“, erklärte sie dem Leitwolf. „Sie braucht Ruhe, um ihre Schilde wieder aufzubauen.“
Hawkes blassblaue Augen glitzerten gefährlich. „Und warum muss sie sich dazu an einen anderen Ort begeben?“
Lucas neben ihr wurde unruhig, griff aber nicht ein. „Weil du dann nicht dort sein wirst“, sagte Sascha.
Es wurde ganz still. Dann stieß Hawke einen Fluch aus. „Verdammt noch mal, Sascha. Ich habe sie nicht angerührt. Sie ist doch noch ein Kind.“
„Ich glaube, das ist sie schon lange nicht mehr.“ Sie sah ihm in die Augen. „Und sie wird von Tag zu Tag erwachsener.“
Wieder trat eine unheilgeschwängerte Pause ein. Schließlich fuhr sich Hawke mit der Hand durchs Haar und atmete seufzend aus. Seine Augen verrieten kein Gefühl, als er Sascha wieder ansah. „Du hast recht. Nimm sie mit und hilf ihr. Vielleicht kuriert sie das von ihrer Verliebtheit.“
Sascha wusste selbst nicht, warum sie die nächste Frage stellte. „Und wenn nicht?“
Hawke kniff die Lippen zusammen. „Dann musst du ihr sagen, dass ich ihr nicht geben kann, was sie braucht.“ Was er nicht sagte, war: Weil ich es bereits
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