Sensation in der Manege
Nico. „Warte einen Augenblick, ich versorge Sylvester schnell, dann helfe ich dir. Bettina ist auch schon im Anrollen, sie schleppt zwei Körbe voller Kannen, ich bin eben an ihr vorbeigeritten. Geh schon mal raus und hilf ihr.“
„Nicht nötig, bin schon da!“ Bettina kam die Stallgasse herauf. „Wo hat Tom die Kartons mit dem Geschirr hingestellt? Wir müssen die Tische decken.“
„Was wird das eigentlich?“ erkundigte sich Mini. „Eine Party?“
„Richtig! Der Kandidat kriegt hundert Punkte. Eine Party für den neuen Stallpfleger.“
„He, Spitze! Warte, ich hole die Kartons, ich weiß, wo sie sind.“
Eine Viertelstunde später hatten die Mädchen die Tische im Unterrichtsraum zusammengeschoben und eine Tafel gedeckt. Die Kannen mit Tee und Kakao standen, zum Warmhalten in Handtücher gewickelt, in den Körben. Die ersten Gäste waren erschienen. Simon und Bille betraten den Raum, Edmund der Weise und Florian. Das Ehepaar Körber kam; ein paar Schüler, die neugierig hereinschauten, sicherten die Plätze am Tisch. Ignaz der Schreckliche schloß sich der Gesellschaft an, der von allen geliebte und ebenso gefürchtete Lehrer, der eigentlich Ignaz Albert hieß. Und schließlich kam die Hauptperson: Johnny, der Indianer. Bille stellte ihn den anderen vor.
„Kinder, setzt euch, der Tee wird kalt!“ rief Bettina. „Wenn ich bloß wüßte, wo Tom bleibt. Ich fürchte, auf seine raffinierten Schnittchen müßt ihr noch zwei Stunden warten. Na, macht nichts, halten wir uns so lange an den Kuchen. Wo habt ihr ihn hingestellt?“
„Was?“
„Das Blech mit dem Kuchen. Mit der Apfeltorte und den Krapfen!“
Mini bekam runde Augen.
„Ich habe nichts gesehn . Bist du sicher, daß es nicht noch drüben in der Küche steht?“
„Ganz sicher. Tom hat mir gesagt, er habe alles zusammen draußen abgestellt.“
„Verdammt!“ Bille biß sich auf die Lippen. „Zottel läuft frei herum!“
„Nein“, widersprach Mini kleinlaut. „Diesmal ist er sicher unschuldig. Luzifer ist im Laufgatter. Und die Kartons standen dicht daneben. Also, ehrlich gesagt habe ich mich gewundert, wozu ihr das leere Kuchenblech braucht Florian prustete heraus.
„Luzifer! Zottel hat Konkurrenz bekommen! Na ja, in der Not frißt der Teufel Kuchen. Hoffentlich wird er nicht krank davon.“
„Für solche Fälle habe ich meine Spezialtropfen“, sagte der Indianer lachend. „Die bekommt er gleich eingeflößt.“
„Ein Glück, daß Tom noch etwas anderes für uns zu essen hat“, sagte Bettina. „Er muß Hellseher sein.“
In diesem Augenblick gab es in der Stallgasse ein ohrenbetäubendes Klirren. Gleich darauf wurde die Tür aufgerissen, und Tom schaute mit hochrotem Kopf in die Runde.
„Kann mal einer von euch rauskommen, Kinder? Ein kleines Mißgeschick ... Ein Glück, daß wir noch den Kuchen haben! Meine Schnittchen liegen in der Stallgasse
Wenn das man gutgeht!
„Ich glaube fest daran, daß er mit Pferden sprechen kann“, sagte Bille, als sie abends zu Hause neben ihrer Mutter auf dem Sofa saß und Erdnüsse knabberte, um sich für die entgangenen Genüsse des Nachmittags zu entschädigen. „Natürlich nicht laut, sondern in Gedanken. Es muß so eine Art Telepathie sein.“
Onkel Paul trennte sich seufzend vom Sport am Sonntag und drehte den Ton ab.
„Meinst du wirklich? Na ja, so was gibt’s, ich habe schon öfter darüber gelesen. Hoffentlich macht er euch nicht nur etwas vor. Zirkuszauber und so. Nachher gibt’s dann die große Enttäuschung.“
„Mit Johnny sicher nicht. Wie der mit den Pferden umgeht! Du spürst einfach, wie ernst er sie nimmt. Er ist so... so gründlich in allem und so zartfühlend. Du hättest sehen sollen, wie der Luzifer diese scheußlichen Tropfen eingegeben hat! Richtig reingemogelt... Ich wünschte, ich könnte das so.“
„Na, daß er sich nicht von den drei alten Pferden trennt, das spricht jedenfalls für ihn“, stellte Mutsch fest und ging zum Wohnzimmerschrank, um eine neue Tüte Nüsse zu holen. „Der ist bei einem Chef wie Tiedjen genau richtig, dem das Wohl seiner Pferde immer wichtiger war als seine Turniersiege.“
„Was sagt denn dein Zottel zu den Kollegen vom Zirkus?“ Onkel Paul nutzte den Augenblick, um sich hinter Mutschs Rücken ein drittes Glas Wein einzuschenken.
„Zu Johnny fühlte er sich sofort hingezogen! Ich bin fast ein bißchen eifersüchtig geworden“, berichtete Bille lebhaft. „Die Sorge, daß Zottel sich langweilen könnte, wenn
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