Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
verschwindend schwache Signal zu verlieren. Doch es bleibt. Es vergeht nicht.
Innere Unruhe macht sich nach und nach breit.
Der Wunsch, dem Signal nachzuspüren, verstärkt sich mit jedem Tag. Jedoch macht mir der Winter bis auf weiteres einen Strich durch die Rechnung. Gleichwohl ist es bereits beschlossene Sache: beim ersten Anzeichen des Frühlings werde ich aufbrechen, mich auf die nächste Reise machen. Noch einmal wird sie beginnen, die Suche nach anderen Menschen! Ach Krister, ich weiß, wie sehr es dich gefreut hätte! Vielleicht gelingt mir, was dir nicht vergönnt gewesen war und woran du so lange kranktest.
Der Eispanzer, in welchen der lange Winter das Land gezwungen hat, weicht äußerst zaghaft. Junges frisches Grün sprießt hier und da unter den zurückweichenden Schneeflächen hervor. Die Macht der kalten und finsteren Jahreszeit bricht. Die schon hochstehende Mittagssonne schickt erste heiße Strahlen auf den noch geforenen Boden.
Geduldig warte ich auf die ersten warmen Tage, auf den Frühling.
Wie einst vor nicht mehr nachvollziehbar langer Zeit breche ich in den frühen Morgenstunden des ersten lauen Morgens auf, wie damals trage ich nur einen mit dem Nötigsten gefüllten Rucksack bei mir. Lange Zeit stehe ich noch vor der zugezogenen Tür der im Halbdunkel ruhenden Hütte. Ich spüre mit klarer Deutlichkeit, diesmal wird es keine Rückkehr mehr geben. Was auch immer vor mir liegt, Stoney Creek, die alte Heimat, der Ort meiner Geburt, ist von nun an Vergangenheit.
Ein letzter Besuch am Grab der alten Freunde bevor ich endgültig aufbreche. Die aufgehende Sonne beleuchtet ihre letzte Ruhestätte auf geradezu mystische Weise, rotglühender Dunst liegt über der nahen See. Schicken mir Krister und Luke ein Zeichen? Heißen sie mein Lebewohl gut? Ich gehe in die Knie und streichle behutsam die kühle und feuchte Erde. Wohin mich der Weg jetzt auch führt, meine alten Gefährten werden mit jedem Schritt bei mir sein. Ein tröstender Gedanke, fürwahr. Ich muss sie nicht zurücklassen, nein, ich nehme sie mit. Sie bleiben auf immer ein Teil von mir. Mit einem wehmütigen Lächeln winke ich der alten Hütte zu, wissend, sie nie mehr wiederzusehen. Dann marschiere ich der leisen inneren Stimme folgend los. Auf Wiedersehen, Stoney Creek. Mögen die Launen der Natur über dein weiteres Geschick entscheiden.
Die alte Straße in Richtung Cape Travis, ein mächtig überwucherter Schatten ihrer selbst, wird für die nächsten Tage zu meinem neuen Zuhause. Mein neues Zuhause wird von nun an überall sein.
Die Reise führt mich zunächst über Cape Travis (oder vielmehr die Stelle, an der sich die Stadt einst befand) an den Hängen des Monteskuro vorbei hinunter an die raue Küste der Otago Bay. Anfangs verspüre ich noch so etwas wie Aufregung, ja Reisefieber, und finde verwirrend bezaubernden Zugang zu den Tagen unbeschwerter Jugend. Dieser Zustand erweist sich als so realistisch, ich spüre sogar Kristers und Lukes Nähe wie in alten Zeiten. Jener Rausch legt sich jedoch rasch. Besonders in den Nächten unter freiem Himmel fühle ich mich erschreckend einsam und verlassen. Umso mehr klammere ich mich an die leise Stimme, die zuverlässig den Weg weist.
In den Ruinen von Cape Travis schlage ich den Weg Richtung Van Dien ein. Das Signal schwächt sich mit jedem Schritt ab. Ich kehre also zurück und mache mich auf die Suche nach der südlichen Route, den Weg nach Forest Hills, eine der ersten Siedlungen, in der die Menschen vor mehreren Jahrhunderten lernten, was Scheitern bedeutet. Es dauert den ganzen Nachmittag, bis ich den Pfad endlich ausfindig mache. Und tatsächlich: hier legt der Klang des Stimmchens wieder an Intensität zu. Neue Hoffnung erfüllt mein von Zweifeln geplagtes Herz. Der Kurs scheint wieder der richtige zu sein.
Am Abend des zwölften Tages nach Verlassen Stoney Creeks erreiche ich den Nordrand des Staten Forest. Der nur noch ansatzweise erkennbare Weg führt direkt in die Wälder hinein, immer am Fluss Algon entlang bis hin an den Willersee und das Zentralmassiv.
Irgendwann am Vortag muss ich Forest Hills passiert haben, doch nichts, nicht der geringste Hinweis auf die Existenz des ehemaligen Dorfes hatte sich gezeigt. Ich messe dem wenig Bedeutung bei, die Siedlung war vor annähernd fünf Jahrhunderten aufgegeben worden, was erwarte ich vorzufinden? Viel mehr beschäftigt mich die Abneigung, in den Wald einzutauchen. Leitet mich die Stimme in der Tat nach Willer, hin zu
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