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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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das ich trank? In welcher Traumwelt vegetierte ich dahin?
    Unendlich lange Zeit nahm es in Anspruch, bis die beißende Einsamkeit zur Gewohnheit, zu einem zuverlässigen Begleiter wurde. Anfangs verging kein Tag, an dem ich nicht wie in Trance die Gräber der alten Gefährten aufsuchte und mit ihnen sprach. Manchmal erntete ich das tröstende Gefühl, Antwort zu bekommen, auch wenn es sich nur um das Raunen des Windes in den Bäumen handelte. In diesen Augenblicken spürte ich so etwas wie inneren Frieden. Irgendwann bemerkte ich, schon lange nicht mehr bei ihnen gewesen zu sein. Die Momente der Selbstwahrnehmung wurden kürzer.
    Monate vergingen, ohne von mir selbst Kenntnis zu nehmen. Einer fast verschütteten Gewohnheit gemäß schlug ich hin und wieder den Weg zu den Gräbern am Waldrand ein. Ja, da waren sie. Wo sollten sie auch sonst sein? Ich selbst hatte sie doch angelegt. Wieso diese Überraschung, sie hier vorzufinden? Aus Angst vor dem Klang der eigenen Stimme zog ich es vor, nur noch in Gedanken zu den verlorenen Freunden zu sprechen. Doch vernahm ich kein Echo mehr. Krister und Luke gerieten schrittweise in Vergessenheit. Die Besuche wurden zunehmend seltener und fanden schließlich gar nicht mehr statt. Mein Menschsein ging verloren, ich führte nur noch die Existenz eines Tieres. Wenig erinnert mich an diese dunkelste aller Epochen eines unnatürlich langen Lebens, das nicht enden wollte.
     
    Irgendwann begann der Flammenschein einer winzigen Kerze den tiefdunklen Kosmos meiner dahindämmernden Existenz zu erhellen. Ich erwachte wie aus einem Jahrhunderte langen Traum. Längst verlorengeglaubte Mechanismen setzten sich abermals in Gang, das eingerostete Räderwerk des eigenen Ichs kam wieder in Bewegung. Zum ersten Mal seit nicht nachvollziehbarer Zeit nahm ich mich als denkendes und handelndes Wesen wahr. Langsam und bedächtig richtete ich mich auf. Es dauerte, bis die Erinnerung einsetzte. Aus ihren unergründlichen Tiefen tauchte meine Vergangenheit auf. Ich erinnerte mich wieder meines Namens, wusste wieder, wer ich war.
    Der Zustand der Hütte befremdete mich. Das Dach im hinteren Bereich war halb eingestürzt. Ich lag auf dem nackten Boden, eingewickelt in Tierfelle von denen ich keine Ahnung hatte, woher sie kamen. Unbeschreiblicher Schmutz überall. Alles stank sprichwörtlich zum Himmel. Augenblicklich stellte sich Ekel ein. Ich ekelte mich vor mir selbst.
    Angewidert stolperte ich auf unsicheren Beinen nach draußen. Angenehme Wärme empfing, ein heißer Sommertag. Der salzige Wind roch frisch und belebend. Wie sehr ich den Anblick des Meeres willkommen hieß! Am Wasser angekommen riss ich die Fetzen verrotteter Kleidung vom Körper und tauchte ein. Wohltuend reinigende Kühle belebte die noch schlummernden Sinne. Wie neugeboren entstieg ich den Fluten und blickte nackt wie am Tag meiner ewig zurückliegenden Geburt um mich. Überrascht musste ich feststellen, wie ein wandelndes Skelett auszusehen. Beine und Arme waren bis auf die Knochen abgemagert. Ich stutzte beim Anblick der eigenen riesenhaft wirkenden Füße, den spindeldürren, gespenstisch langen Fingern der schneeweißen Hände. Dichter Bartwuchs umwucherte das gesamte Gesicht. Mein Körper befand sich in erbärmlichem Zustand. Der Bauch eingefallen, jede einzelne Rippe zeichnete sich erschreckend deutlich ab.
    Einer Eingebung folgend stolperte ich zurück in die Hütte, warf mich auf den Boden und wühlte in unbeschreiblichem Dreck nach den Trümmern des Spiegels. Endlich fand sich eine Scherbe, doch zeigte sie kein Spiegelbild. Erst nach notdürftiger Reinigung mit feuchtem Sand enthüllte sie, was ich so begierig sehen wollte: das eigene Gesicht. Wenig ließ sich erahnen, zu dicht wucherte der dunkle Bart. Weitere Bruchstücke der Erinnerung durchstießen die Oberfläche erwachenden Bewusstseins. Mit der rostigen aber überraschend funktionellen Bügelschere rückte ich dem Bart zu Leibe und wagte anschließend einen erneuten Blick in die reflektierende Scherbe. Ein zitternder Fremder blickte mich an, der erst nach einiger Zeit hier und da Ähnlichkeiten mit meiner Person aufwies. Ich ließ den Spiegel sinken. Ja, ich war gealtert. Deutlich gealtert. Die Augen waren dieselben geblieben, doch saßen sie jetzt tiefer in ihren Höhlen. Eingefallene Wangen, ein erstaunlich kantiges Kinn, eine viel zu groß geratene Nase... all das kam mir so fremd vor, nicht zu mir gehörend. Wie viel Zeit mochte vergangen sein, seit ich mich zum

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