Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
tiefste Schwärze. Kein Stern zeigte sich.
Schläfrig sank ich alsbald wieder auf das weiche Lager zurück und schloss die Augen. Ich hatte wieder von Rob geträumt. Er war auf einem Schiff, umgeben von tosenden Wellen, die es nach Belieben hin und her warfen. Ich näherte mich ihm unter vollem Segel mit dem größtmöglichen Risiko in meines Vaters Boot, froh und glücklich, ihn endlich gefunden zu haben. Doch noch ehe ich ihn erreichte, löste es sich unter den Füßen auf und verschwand. Der gleiche Traum wie immer, nur in etwas abgewandelter Form. Stets verlor ich Rob aus den Augen, sobald er zum Greifen nahe war. Wie ein flatternder Vogel im Sturm trieb ich durch die Lüfte von ihm fort. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich widerstandslos den Elementen hinzugeben. Wie sehr ich diesen deprimierenden Traum verabscheute, in dem ich immerfort den Kürzeren zog! Die Variante mit dem verschwindenden Boot stellte nur eine weitere Spielform einer Aneinanderkettung von Niederlagen dar. Rob blieb unerreichbar, was ich auch anstellte, wie nah ich ihm auch immer kam. Kurz bevor ich wieder einschlief, schalt ich mich einen Narren, die Sorge um unser Boot so dominierend werden zu lassen, dass sie mich sogar in meine Träume verfolgte. Wie berechtigt diese Sorge war, sollte ich erst am anderen Morgen so richtig erfassen.
Der neue Tag begann mit dem herbsten Rückschlag seit Beginn der Reise. Ein Alptraum wurde wahr. Wie die begossenen Pudel standen wir an genau der Stelle, an der ich gestern Abend das Boot festgemacht hatte. Mit der Ausnahme, dass es sich dort nicht mehr befand.
Es war fort.
Ungläubig schaute ich mir die Augen aus dem Kopf. Mein erster Gedanke galt dem Naheliegendsten: Die Taue hatten sich aus irgendeinem Grund gelöst, und die Gezeiten das ungesicherte Boot aus dem Kanal hinaus in die Bucht gezogen. Es konnte also nicht weit sein, musste irgendwo in der Nähe angetrieben liegen. So dachte ich. Wie gehetzt jagte ich das Kliff hinunter an die Küste, halb erwartend, mein Boot irgendwo in der Nähe auf den Wellen hüpfen oder zumindest angespült zu sehen. Aber es war nicht da. So sehr ich auch suchte, es blieb verschwunden.
Krister hatte sich inzwischen auf eine Klippe geschwungen, die einen guten Blick über die gesamte Bucht ermöglichte. Flehentlich sah ich zu ihm empor, auf ein positives Signal wartend, einen ausgestreckten Arm, der auf die See zeigte, einen Schrei, irgendetwas. Doch er stand schon viel zu lange reglos suchend da. Mein verzweifelter Blick fiel auf Luke, der wie ein Häufchen Elend auf den Kanal starrte, als befände sich unser Gefährt versunken auf seinem Grund. Mein Magen begann zu realisieren, was geschehen war. Er brannte wie Feuer. Warum sprach niemand ein Wort? Wieso holte mich niemand aus diesem furchtbaren Traum?
„Wo ist es?“ rief ich endlich laut aus. „Wo ist das Boot?“
Ich drückte mich an einem immer noch in den Kanal gaffenden Luke vorbei und untersuchte die Felsen, an denen es vertäut war. Keine Spur von den Tauen. Nirgendwo. Ich lachte irr.
„Das gibt es nicht! Ich würde ja einsehen, wenn sich ein Tau warum auch immer gelöst hätte. Das kommt vor. Aber beide? Unmöglich!“ Mir fielen die Geräusche der letzten Nacht ein. War ich nicht wach geworden, weil ich glaubte, Schritte gehört zu haben?
„Jemand muss das Boot gestohlen haben, als wir schliefen!“ rief ich Krister zu, der niedergedrückt angetrottet kam.
„Nein, das glaube ich nicht“, meinte er nach kurzer Überlegung. „Hier ist außer uns niemand.“
„Aber ich habe Schritte gehört heute Nacht!“ beharrte ich. Luke sah mich von der Seite an, bevor er den Blick wieder abwandte. „Hast du auch Schritte gehört, Luke?“
Er schüttelte den Kopf, ohne mich wieder anzusehen. „Das schöne Boot“, sagte er stattdessen tonlos. Ich verachtete ihn dafür, schon resigniert zu haben. Oh nein, so schnell nicht. Nicht mit mir!
Ich rannte los, die Bucht hinunter. Krister rief mir etwas hinterher, was ich nicht verstand. Vielleicht wollte ich auch nur nicht verstehen. Fest entschlossen, jeden Winkel in der näheren Umgebung abzusuchen, machte ich mich ans Werk. Aufgeben kam nicht in Frage!
Wir suchten bis in den Nachmittag hinein. Vergeblich. Irgendwann sank ich erschöpft nieder, bereit, das Unvermeidliche zu akzeptieren. Es war fort, verschwunden, verloren. Das Boot war nicht mehr.
Tiefe Resignation machte sich breit und erfüllte mein Inneres bis in den letzten Winkel. Bittere
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