Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
ein Delfin in warmen Gewässern. Dabei ertappte ich mich, wie ich an die Zeit zurückdachte, in der wir uns kennenlernten: Sein Gesicht über mir am Strand, kurz nach dem Untergang der Freydis. Damals hatte ich ihn für einen Todesboten gehalten. Das türkisfarbene Leuchten in seinen Augen, als er den Stich des Skorpions auf sich genommen hatte.Der Ernst in seinem Gesicht, als er mir seine Geschichte erzählte. Seine Bewegungen, als er mich als Adeptin Malkuths ausbildete. Seine Furcht um mich, als ich zur Prüfung der sieben Wunden antrat. Und die Liebe in seinen Augen, als wir zum ersten Mal das Lager miteinander teilten, kurz nachdem Jerusalem gefallen war und wir unseren Bund in seinem Haus besiegelt hatten. Besonders dieses Bild fühlte sich wie eine Nadel in meinem Herzen an …
»Es heißt bei uns, dass ein Haus alles, was es verschluckt, irgendwann auch wieder herausgibt. Ich schätze, dasselbe gilt für das Meer, denn es ist ebenfalls eine Behausung.«
Ich wandte mich um. Keine zwei Armlängen neben mir stand Jared. Blassgrün im Gesicht, mit dunklen Schatten unter den Augen, doch die Furcht vor dem Schaukeln des Schiffs schien ihn verlassen zu haben. Abwesend drehte er einen seiner steinernen Skarabäen in der Hand. »Einen ähnlichen habe ich Giselle mit in den Sarg gelegt.«
»Weil du hoffst, dass sie eine leichte Reise ins Jenseits hat?«
Jared schüttelte den Kopf und schloss kurz die Augen, als wollte er sich Giselles Bild ins Gedächtnis rufen. »Ich glaube kaum, dass ihr Gott auf so etwas Wert legt. Ich habe ihn ihr gegeben, weil ich möchte, dass sie sich an mich erinnert.«
Tränen verschleierten meinen Blick. »Das wird sie bestimmt.«
»Meinst du? Kennen Engel so etwas wie Erinnerung?« Er sah mich eindringlich an. Seine silbernen Augen glänzten feucht. »Immerhin müsste sie zu einem geworden sein, denn sie konnte heilen wie der Prophet Isa.«
Ich senkte beklommen den Kopf. Was wusste ich schon über Christen und Katharer? Ich hatte zwar viel darüber niedergeschrieben, doch ich bezweifelte, dass ich alles verstand. »Gabriel hätte es dir sagen können.«
»Ich werde ihn fragen, wenn ich ihn wiedersehe«, entgegnete Jared, während er mir tröstend die Hand auf die Schulter legte. »Er wird schon nicht ertrunken sein. Wahrscheinlich schwimmt er jetzt in Richtung Küste.«
Warum fühlte ich mich dann, als hätte ich ihn für immer verloren?
Auf einmal kam ich mir furchtbar töricht vor. Ich hatte alles darangesetzt, mich nicht von Gabriel trennen zu müssen. Und nun hatte uns das Schicksal gewaltsam getrennt. War das eine Strafe meiner Götter? Wollten sie mir zeigen, dass nichts auf der Welt ewig währte?
»Jared hat recht, es ist nicht ausgeschlossen, dass er noch am Leben ist«, sagte Sayd, während er neben uns trat. »Wie du weißt, kann uns Wasser nichts anhaben. Es zeigt uns nur, wer wir in Wirklichkeit sind.«
»Bist du sicher?«, fragte ich, während mir auffiel, dass er es vermied, ins Wasser zu sehen. »Bist du schon mal auf dem Grund des Meeres entlanggelaufen?«
»Nein. Aber ich vertraue auf Ashala. Sie hatte recht damit, dass es einem Mann schadet, die Gabe zu teilen.«
»Aber sie wusste nicht, dass Feuer mir nichts anhaben kann.«
»Trotz der tausend Jahre, in denen sie existiert hat, hatte Ashala doch nicht all ihre Möglichkeiten kennengelernt. Aber was ihre Kinder anging, war sie sich recht sicher. Und deshalb glaube ich ihr, dass Wasser uns nicht schaden kann.«
Ich nickte, doch Trost brachten mir diese Worte nicht. Selbst wenn Gabriel den Sturm überlebt hatte und nicht ertrunken war, konnte er immer noch weit hinaus auf den Ozean getragen worden sein. Vielleicht in das sagenhafte Land, in das einige unserer Vorfahren gereist waren? Das Land der roten Menschen?
Was nützte es, wenn er da war und ich hier?
Das, was er mir am Abend unserer Ankunft auf der Ordensburg gesagt hatte, kam mir wieder in den Sinn. Glaubst du denn, dass meine Liebe zu dir weniger werden würde, wenn wir uns einige Zeit nicht sehen? Doch der Tod konnte sie auslöschen. Diese Erkenntnis schnürte mir erneut die Kehle zu und heiß rannen die Tränen über mein Gesicht.
Britannien, wie es einst von den Römern genannt wurde, empfing uns mit schroffen Felsen und dunkelgrünen Wäldern. Möwen schwirrten kreischend über dem Schiff. Wie betäubt sah ich den Menschen nach, die von Bord gingen. Was erwartete sie in diesem Land, das rau und nebelverhangen wirkte? Auf jeden Fall schienen
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