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September. Fata Morgana

Titel: September. Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lehr
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dem Wissen dass der Himmel auf dich wartet die Engel schon deinen Namen rufen und ihre schönsten Kleider für dich angezogen haben was für ein Himmel in dem sich Engel bekleiden müssen aber das hatten wir doch auch in unseren Kinderbibeln) denn
    du gehst den ewigen Weg und der ist hundertprozentiger Gehorsam denn
    die Zeit ist reif
    um
    das Richtige zu tun heißt es unbestreitbar zutreffend für einen jeden von uns aber plötzlich trifft mich dann doch noch ein Satz mit einer erschütternd pauschalen Begründung
    denn wir haben unser Leben verschwendet und nun ist die Gelegenheit gekommen uns Gott hinzugeben und ihm zu gehorchen
    wenn
    ich jetzt nicht begreife dann
    verschwende ich mein Leben an meinen Schmerz und so
    lese ich
    Stunden um Stunden häufe Bücher auf dem Fußboden des Apartments an über die ich nachts stolpere ohne mich zu ärgern das Stolpern oft nur zum Vorwand nehmend um das Licht anzuschalten und weiterzulesen
    studiere
    die Auseinandersetzung der arabischen oder vielmehr islamischen Länder mit dem Abendland sagen wir im gerade verstrichenen Jahrtausend (eine leichte Übung für den Mann der sich jederzeit über 3000Jahre Rechenschaft ablegt aber nicht für mich der ich von der Nacht in die Nacht lebe wobei ich mich frage was welche Massen an kaum zu bewältigender Lektüre ich eigentlich meinen älteren Studenten abverlange) fangen wir beim
    Trauma der Kreuzzüge
    an das für die andere Seite wohl oft noch so nah erscheint wie eine alltäglich (sich alltäglich wiederholende) militärische Bedrohung für uns aber schon tief abgesunken ist in die Ära der Technicolor-Hollywoodfilme in denen es auf beiden Seiten Gute und Böse gegeben hat (das demokratisch verteilte Gleichmaß zwischen Aggressoren und Verteidigern sollte uns doch stören) und in ein hier und da luftblasenähnlich aufsteigendes Bewusstsein davon dass der hundertjährige Fanatismus mit dem sich die Päpste konsolidieren und die Kaiser und Ritter ihrer Sünden entledigen wollten indem sie Massenmorde in fremden Ländern begingen nichts anderes als eine sinnlose und verbrecherische Unternehmung war
    die Kreuzzüge begannen wie Kriege fast immer beginnen mit
    Märchen also
    mit frei erfundenen Gräuelgeschichten über die Untaten der anderen Religionsgemeinschaften und Kulturen (angebliche Schändung der christlichen Grabstätten in Jerusalem vorgeblich üble Behandlung von christlichen Wallfahrern durch die Türken sowie frei erfundene jüdische Machenschaften)
    sie wurden eingefädelt von denjenigen die es fast immer einfädeln nämlich Machthabern denen gerade die Fäden zu entgleiten drohen in diesem Fall von den Päpsten Gregor VII. und Urban II. in ihrer Auseinandersetzung mit dem kaiserlichen Imperium
    sie wurden ausgeführt von berechnenden Klerikern erlösungssüchtigen Adeligen wirrgeistigen Rittern und dem zum Dienst gepressten oder fanatisierten Pöbel der am meisten von Epidemien und Hungersnöten heimgesuchten Landstriche Deutschlands und Frankreichs
    sie endeten mit Blutbädern mit dem Verlust der Grabstätten mit der Dschihad-Aufpeitschung der Muslime mit der ausbrechenden Animosität zwischen lateinischen und nichtrömischen Christen mit der Entzweiung von Byzanz und der Eroberung des christlichen Konstantinopels durch die christlichen Kreuzfahrer mit dem Hass der Ritter und Soldaten auf den Klerus und die Mächtigen
    der Dialog der Kulturen die Auseinandersetzung mit der anderen Welt das Vermitteln der griechisch-arabischen Wissenschaft nahm andere Wege über Sizilien nämlich und über die italienischen Kaufleute in Venedig und Genua über
    Andalusien
    Luisa wo wir vor zwei Jahren doch erst noch all die routiniert freudigen De-la-frontera -Ortsschilder und weitere Reconquista-Markierungen aufmerksam aber leidenschaftslos besichtigten vielleicht nur weil die Grenze schon so lange nicht mehr zur Disposition steht heute denke ich manchmal ich würde die spanische Küste mit der Waffe in der Hand verteidigen und der auf das Gebiet der Alhambra gesetzte wuchtige
    Dom für Karl den V. mit seinem kreisrunden doppelten Säulengang
    ein blankes Stück Überwältigungsarchitektur frühes 16. Jahrhundert nie gänzlich fertiggestellt wegen des Aufstands der in Spanien nach der Reconquista verbliebenen Mauren denen man nach der Kapitulation Granadas Religionsfreiheit versprochen hatte um sie bald darauf per Zwangsbekehrung zu unterwerfen zu deportieren oder von der Inquisition verfolgen zu lassen
    der Dom also der mir bei der

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