Septimus Heap 01 - Magyk
interessiere, wer er sei, erhob sie die Stimme.
»Die Dinge«, rief sie jedem auf der Brücke in Erinnerung, »sind nicht immer so, wie sie scheinen. Denkt daran, dass der Mond uns immer die Wahrheit zeigt. Wie wir die Wahrheit sehen, hängt von uns ab, nicht vom Mond.«
Sie wandte sich an Junge 412, der neben ihr stand. »Sag mir: Was genau möchtest du sehen?«
Er war über seine Antwort selbst überrascht.
»Ich möchte meine Mutter sehen«, hauchte er.
»Bruder Mond, Bruder Mond«, sagte Tante Zelda leise, »zeige uns, wenn du magst, die Mutter von Junge 412 von der Jungarmee.«
Die weiße Scheibe des Mondes nahm den ganzen Mott ein. Wieder erschienen vage Schatten, bis sie ... in ihre eigenen Spiegelbilder blickten. Schon wieder! Ein allgemeines Murren erhob sich, verstummte aber sofort. Etwas anderes geschah. Ein Anwesender nach dem anderen verschwand aus dem Spiegelbild.
Zuerst verschwand Junge 412 selbst. Dann verschwanden Simon, Jenna, Nicko und Silas und schließlich Marcia und Tante Zelda.
Sarah Heap blickte in ihr Spiegelbild und wartete darauf, dass es wie alle anderen verblasste. Doch es verblasste nicht. Es wurde größer und deutlicher, bis sie ganz allein mitten in der weißen Mondscheibe stand. Jeder konnte sehen, dass es nicht mehr nur ein Spiegelbild war. Es war die Antwort.
Junge 412 starrte wie versteinert auf Sarahs Bild. Wie konnte Sarah Heap seine Mutter sein? Wie?
Sarah hob den Blick vom Wasser und sah Junge 412 an.
»Septimus?«, fragte sie, halb flüsternd.
Aber Tante Zelda wollte Sarah noch etwas zeigen.
»Bruder Mond, Bruder Mond«, sprach sie, »zeige uns, wenn du magst, den siebten Sohn von Sarah und Silas Heap. Zeige uns Septimus Heap.«
Langsam verblasste das Bild Sarah Heaps und wurde ersetzt durch ...
Junge 412.
Allen stockte der Atem, selbst Marcia, die seit ein paar Minuten ahnte, wer Junge 412 war. Nur ihr war aufgefallen, dass ihr Spiegelbild aus dem Bild der Familie Heap verschwunden war.
»Septimus?« Sarah kniete neben Junge 412 nieder und sah ihn forschend an. Er machte große Augen, und Sarah sagte: »Weißt du, ich habe das Gefühl, dass deine Augen langsam grün werden, wie die deines Vaters. Und meine. Und die deiner Brüder.«
»Wirklich?«, fragte Junge 412.
Sarah legte die Hand auf seinen roten Hut.
»Würde es dir etwas ausmachen, den abzunehmen?«, fragte sie.
Junge 412 schüttelte den Kopf. Dafür waren Mütter ja da. Dass sie einem am Hut rumfummeln.
Behutsam nahm sie ihm den Hut ab. Es war das erste Mal, seit ihm Marcia den Hut in Sally Mullins Schlafbaracke aufgesetzt hatte. Strohblonde Locken quollen darunter hervor, als Septimus den Kopf schüttelte, so wie ein nasser Hund, der das Wasser abschüttelt, oder wie ein Junge, der sein altes Leben, seine alten Ängste und seinen alten Namen abschüttelt.
Er wurde der, der er in Wirklichkeit war.
Septimus Heap.
Was Tante Zelda im Ententeich sah
Was Tante Zelda im Ententeich sah
Wir sind wieder in der Kinderkrippe der Jungarmee.
Im halbdunklen Zimmer legt die Oberhebamme den neugeborenen Septimus in ein Kinderbettchen und setzte sich müde hin. Immer wieder blickt sie nervös zur Tür, als erwarte sie jemanden. Es kommt niemand.
Nach ein oder zwei Minuten stemmt sie sich aus dem Stuhl, geht hinüber zu dem Bettchen, in dem ihr eigener Sohn schreit, und hebt ihn heraus. Im selben Augenblick fliegt die Tür auf, und die Oberhebamme fährt erschrocken herum, ganz weiß im Gesicht.
Eine große, schwarz gekleidete Frau steht in der Tür. Uber ihrem schwarten, tadellos gebügelten Kleid trägt sie den gestärkten weißen Kittel einer Krankenschwester, doch auf ihrem blutroten Gürtel prangen die drei schwarten Sterne DomDaniels.
Sie kommt, um Septimus Heap zu holen.
Die Krankenschwester hat sich verspätet. Auf dem Weg zur Krippe hat sie sich verirrt. Sie hat Angst. DomDaniel duldet keine Verspätung. Sie sieht die Oberhebamme mit dem Säugling, so wie man ihr gesagt hat. Sie weiß nicht, dass die Oberhebamme ihren eigenen Sohn im Arm hält und Septimus Heap in einem Bettchen schläft. Sie stürmt zu ihr und nimmt ihr das Kind weg. Die Hebamme protestiert. Verzweifelt versucht sie, der Schwester das Kind wieder zu entreißen, doch die Schwester will unbedingt vor Einsetzen der Flut wieder auf dem Boot sein.
Die größere und jüngere Schwester behält die Oberhand. Sie wickelt das Kind in ein langes rotes Tuch, das drei schwarte Sterne schmücken, und eilt hinaus, verfolgt von der
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